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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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einzukleiden, sodass es niemandem einfiel, Spekulationen über seine nächtlichen Aktivitäten anzustellen. Als er den Raum wieder verließ, ging er kerzengerade, obwohl die Wunde in seinem Bein pochte. Später würde er jemanden aufsuchen müssen, der sich darum kümmerte. Später. Erst musste er den Anschein von Normalität wiederherstellen, den er dummerweise durch seinen kopflosen Ritt zerstört hatte. Aber vielleicht machte er sich unnötig Sorgen. Die lusttrunkenen Teilnehmer des Mittsommernachtsfestes hatten vermutlich nur Augen für sich selbst gehabt.
    Fast hätte er es geschafft, sich davon zu überzeugen, dass alles beim Alten war. Dann traf er auf Grimhild, die nervös vor der Großen Halle auf- und ablief, und hielt so abrupt inne, als sei er gegen eine Mauer gelaufen. Er wich in den Schatten zurück, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Seine Knie zitterten. Schließlich gab er sich einen Ruck und ging auf sie zu. »Ich grüße dich, frouwa !«, sagte er leichthin.
    »Oh, Hagen! Gunter sucht dich. Er erwartet dich in der Großen Halle. Wo warst du? Niemand konnte dich finden.«
    »Ich   … habe einen Spazierritt unternommen.« Einen Herzschlag lang stand er vor ihr und wusste nicht, was er sagen sollte. »Nun   … ich sollte den König nicht warten lassen«, murmelte er schließlich und schlurfte davon.
     
    Die komplizierten Konventionen einer Brautwerbung lagen Sigfrid nicht. Er war von schlichter Natur; sein Anliegen in die richtigen Worte zu kleiden, kam dem Versuch gleich, einen Fluss mit den Händen umzuleiten. Als er seine eigene Stammelei nicht länger ertragen konnte, rief er denn auch aus: »Bei Donars Hammer, was ich sagen will   … ich   … ich bitte Euch um Eure Schwester!«
    »Das kommt sehr unerwartet«, erwiderte Gunter belustigt. Er hatte Sigfrid und Grimhild gestern beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass sie gut zueinander passten.
    Dem Sachsen entging das verräterische Zucken um die Mundwinkel des Königs, so setzte er hinzu: »Ich weiß, ich sollte einen Werber schicken, statt selbst mit Euch zu verhandeln, aber ich hoffe, Ihr glaubt mir, dass es nicht mangelnde Achtung vor Euch oder Eurer Schwester ist, die mich so kühn vorgehen lässt. Ich bin einfach in Sorge, jemand könnte mir zuvorkommen.« Er strich sich durch die Locken, unschlüssig, wie er fortfahren sollte.
    Gunter, dessen Entscheidung längst feststand, amüsierte sich über Sigfrids Unbeholfenheit. Er hätte ihm die Werbung leichter machen können, aber dies war etwas, dem sich ein Mann allein stellen musste, gleich, wie unangenehm es ihm war.
    »Ihr wisst«, sagte Sigfrid, »ich bin der Sohn König Sigmunds. Meine Braut wird einst an meiner Seite über Tarlungenland herrschen. Auch dürfte Euch bekannt sein, dass ich den Hort des Stillen Volkes besitze. Ich denke also, dass ich kein unwürdiger Bewerber bin.«
    Jetzt konnte Gunter nicht anders, er musste laut lachen. »Das seid Ihr ganz gewiss nicht, Sigfrid von Tarlungenland. Ich freue mich, dass Ihr mich um Grimhild bittet. Ich weiß, sie ist Euch gut.«
    In diesem Moment betrat Hagen die Halle. Seine Miene war unergründlich wie immer. Gunter runzelte die Stirn. Der Waffenmeister war die ganze Nacht über fort gewesen, niemand wusste, wohin. Wie es schien hatte er sich bei seinem Ausritt eine Verletzung zugezogen. Zwar tat er sein Möglichstes, es zu verbergen, aber der Niflungenkönig ließ sich nicht täuschen. Er hätte zu gern gewusst, wo sein Ratgeber gewesen war, aber man fragte Hagen nicht nach seinem Kommen und Gehen. »Gut, dass du da bist!«, begrüßte er ihn. » Frō Sigfrid bittet mich, ihm Grimhild zur Frau zu geben. Ich wüsste gern deine Meinung dazu.«
    Auf dem Weg hierher hatte Hagen erfolgreich jedes Gefühl in sich abgetötet und sein Herz gestählt. Er hatte gewusst, was ihn erwartete. Deshalb klang seine Stimme ganz normal   – vielleicht ein wenig belegt, aber nur, wenn man genau hinhörte   – als er antwortete: »Es ist deine Entscheidung.«
    »Das weiß ich selbst. Aber ich will deine Meinung hören.«
    Hagen versuchte, Sigfrid zu hassen. Es gelang ihm nicht. Auch wenn es ihn umbrachte: Der Sachse war ein würdiger Gemahl für Grimhild. »Jungherr Sigfrid ist ein starker Verbündeter«, entgegnete er ausweichend. Aus irgendeinem Grund drang Gunter nicht weiter in ihn, was Hagen überraschte, denn selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Erwiderung nichtssagend.
    »Hört also meinen Beschluss!« Gunter zögerte

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