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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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einen winzigen Moment, ehe er fortfuhr: »Ich will mich ebenfalls verheiraten.«
    Hagens Kopf ruckte herum. »Wen   …?«, entschlüpfte es ihm.
    Gunter lächelte. Es gab also Dinge, die selbst dem schlauen Hagen entgingen. »Königin Brünhild von Svawenland. Eure Beschreibung, Sigfrid, hat mich überzeugt.« Nun, nicht ganz. Er mochte ein schwacher König sein, vielleicht sogar ein unfähiger, aber kein dummer. Diskret hatte er Erkundigungen einziehen lassen, und seine Informanten bestätigten die Worte des Sachsen: Brünhild war schön, klug und seiner würdig. »Ihr seid Nachbarn, Sigfrid. Ich bitte Euch deshalb, mir zu helfen, um sie zu werben. Dies ist meine Bedingung: Ihr bekommt Grimhild zum Weibe, sobald Brünhild einwilligt, meine Frau zu werden. Dann wollen wir doppelten Brautlauf halten.«
    Die Bedingung erschien Sigfrid gerecht. »So soll es sein. Ich danke Euch, König Gunter!«
    Damit waren die Dinge geregelt, und Hagen bat, sich zurückziehen zu dürfen.
    Hagen, mein alter Freund, dachte Gunter traurig, während er dem steif davonstaksenden Waffenmeister nachsah, es tut mir leid für dich. Aber Grimhild würde nie deine Frau werden, mit oder ohne Sigfrid.

Brautwerbung
1
    Mit gemischten Gefühlen sah Brünhild aus dem Fenster, hinter dem ein trüber Morgen heraufdämmerte, während sie darauf wartete, dass ihre Dienerin Radegunde mit ihrem Haar fertig wurde. Es fiel ihr immer schwerer, einen neuen Tag zu beginnen. Jeder war wie der vorangegangene, eine endlose Abfolge von Sinnlosigkeiten. Die schiere Last ihres Daseins lag wie ein Stein auf ihrer Brust.
    Die Königin von Svawenland war eine bemerkenswerte Erscheinung, für eine Frau ungewöhnlich groß, dabei von ausgewogenen Proportionen. Sie besaß ein herbes Gesicht mit hohen Wangenknochen und war von Kopf bis Fuß eine Herrscherin. Aber im Augenblick fühlte sie sich überhaupt nicht danach. Ungeduldig zog sie einen Holzsplitter von der Bank. Wie lange brauchte Radegunde denn noch? Es war lästig, kostbare Zeit mit Herausputzen zu vergeuden, wenn zahllose Probleme darauf warteten, gelöst zu werden.
    Radegunde bemühte sich nach Kräften, die Haarflut ihrer Gefolgsherrin zu bändigen, kein leichtes Unterfangen, denn Geduld war nicht gerade Brünhilds Stärke. Ihr Verstand hielt niemals still, und leider folgte ihr Körper darin ihrem Geist. Doch sie würde die Königin nicht wie eine Unfreie herumlaufen lassen, was immer sie auch sagte. Radegunde war eine liberti , eine Freigelassene. Sie mochte wohl über fünfzig sein   – ihr genaues Alter wusste niemand   – und gab sich alle Mühe, Brünhilds verstorbene Eltern zu ersetzen. Sie kannte die Königin, seit diese ein kleines Kind gewesen war, deshalb bereitete es ihr auch keine Schwierigkeiten, den Ausdruck ihres Körpers zu deuten. »Vergiss ihn, frūa !«, sagte sie.
    Die Svawenkönigin zuckte zusammen. In all den Jahren hatte sie sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass ihre Dienerin in der Lage war, ihre Gedanken zu erraten. »Wie könnte ich? Mein Herz gehört ihm. Ich habe ihm meine Seele geschenkt.«
    »Und mehr.«
    »Ach, Radegunde, das verstehst du nicht.«
    »Du magst glauben, dass eine alte Frau wie ich niemals jung war, doch auch ich kenne die Liebe. Männer sind alle gleich.«
    »Sigfrid ist anders.« Brünhild berührte ihren Bauch in Höhe des Sonnengeflechts. Was sie fühlte, war so groß, dass sie es nicht in Worte fassen konnte. Sigfrid hatte etwas in ihr erweckt, eine Schärfung der Empfindung, die bewirkte, dass sie sich mit beinahe schmerzhafter Lust ihres Körpers bewusst war. Eines Tages würde er zurückkommen und um sie freien, wie er versprochen hatte. Bislang hatte sie sich erfolgreich aller Bewerber um ihre Gunst erwehren können, obwohl sie bereits zwanzig war. Und viele freiten um sie. Nicht nur, weil Svawenland ein kleiner, aber wertvoller Besitz war; allein ihre Schönheit genügte den meisten Königen als Lohn. Vielerorts nannte man sie wegen ihres abweisenden Verhaltens »die Walküre«, doch verbarg sie dahinter nur ihre Furcht, ihre Träume könnten sich in Luft auflösen.
    Hugbald kam hereingeplatzt. Er war Waffenmeister und Priester in einer Person und neben Radegunde der Mensch, dem Brünhild am meisten vertraute. Mit seinem kahlen Schädel, der niedrigen Stirn und dem gedrungenen Gesicht mochte er einem Fremden unbehauen erscheinen, aber er war alles andere als dumm. Stur, ja, und Misstrauen war seine zweite Natur, aber Brünhild schätzte ihn als

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