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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Fingern seinen Nasenrücken entlang, eine Albengeste, die Überraschung ausdrückte. »Es birgt das stärkste megin , das ich je in einem Schwert gespürt habe. Ihr habt ásmegin , die Kraft der Asen, hineingewoben.« Er starrte Mime entgeistert an.
    Hastig wandte der Schmied die Augen ab, sicher war sicher, doch er fühlte sich geschmeichelt. Selten zeigten Schwarzalben ihre Gefühle so offen.
    »Wie ist sein Name?« Ein Schwert ohne Namen war ohne Leben, wie ein Kind, das vor der Wasserweihe nicht Teil der Sippe war und daher nicht existierte. Mächtige Zauberkraft lag in einem Namen.
    »Mimung.«
    »Wie habt Ihr die Seele des Eisens dazu gebracht, von einer Gestalt aus ásmegin zu träumen?«
    Mime grinste. Trotz ihrer unheimlichen Kräfte wussten die Schwarzalben eben doch nicht alles. »Das ist ein Schmiedegeheimnis, das Euch nichts angeht.«
    Dólgthrasir nickte, als hätte er nichts anderes erwartet.
    Der junge Albe wollte das Schwert in ein kostbares Tuch wickeln. Hart legte Mime die Hand darauf. »Habt Ihr den Lohn dabei?«
    »Wir sind nur gekommen, um uns davon zu überzeugen, dass die Arbeit vorangeht. Wir haben nicht erwartet, dass das Schwert schon fertig ist.«
    Ihr wolltet schnüffeln, dachte Mime. Seit Jahren schon versuchten die Schwarzalben, hinter die Besonderheiten seiner Kunst zu kommen. Aber das würde ihnen nie gelingen, gleichgültig, wie lautlos sie sich heranpirschten. Das Geheimnis dieses Schwertes würden sie ebenso wenig in Erfahrung bringen wie das, was Wodan einst dem toten Balder ins Ohr geflüstert hatte. Laut sagte er: »Mit anderen Worten, Ihr habt die Drachenaugen nicht dabei.«
    »Ihr werdet Euren Lohn bekommen. Sobald wir König Alberich das Schwert übergeben haben   –«
    »Ich gebe Mimung nicht aus der Hand, ehe ich nicht den Beutel mit den Edelsteinen erhalten habe.«
    Die Schwarzalben verständigten sich mit Blicken. »Hört«, erklärte Andvari hastig, »es ist ein Glücksfall, dass das Schwert schon fertig ist. Der Zauber, den wir hineinweben müssen, ist kompliziert und langwierig.«
    »Davon verstehe ich nichts. Gebt mir die Bezahlung, und das Schwert gehört Euch.«
    Es hatte etwas Groteskes, wie der nackte Mann drei zauberkundigen Schwarzalben die Stirn bot. Doch seine Besucher spürten die stumme Drohung hinter seiner Haltung und begriffen, dass der Schmied sein Meisterwerk mit allen Mitteln verteidigen würde. Unentschlossen sahen sie einander an.
    Mime deutete auf Andvaris Arm, den ein kostbar aussehender Ring zierte. »Wenn Ihr mir das da als Sicherheit gebt, will ich Euch mit dem Schwert ziehen lassen.«
    Erschrocken zogen die drei ihre Hände von Mimung zurück. Andvari berührte mit den Zeigefingern seine Nasenflügel, das Zeichen zur Abwehr des Bösen. »Ihr wisst nicht, was Ihr da sagt. Verlangt das nicht von uns, es wäre Euer eigener Schaden. Es liegt ein Fluch darauf.«
    Mime lachte in sich hinein. Alben versuchten doch immer, einen zu betrügen. »Soso, ein Fluch.«
    »Der Ring heißt Andvaranaut«, sagte Andvari, und es war ihm anzusehen, welche Überwindung ihn seine Worte kosteten. Dólgthrasir wollte ihn daran hindern weiterzureden, doch er wehrte ihn unwirsch ab. »Ich habe ihn selbst geschmiedet. Es ist erdmegin aus dem Herzen der Berge darin. Kein Mensch ist für diese Kraft geschaffen. Er würde dich zum Sklaven deiner Begierden machen.« Mime antwortete nicht, so war der Schwarzalbe zu seinem Verdruss gezwungen, sich näher zu erklären. »Der Ring verstärkt die vorherrschende Gefühlsregung seines Trägers. Wer trauert, wird mutlos dahinwelken. Wer hasst, wird von seinen Rachegelüsten aufgefressen. Nur ein Albe ist in der Lage, seine Gefühle und damit den Ring unter Kontrolle zu halten.«
    Mime schnaubte verächtlich. »Ich bin kein Narr, den Ihr mit Euren Schauermärchen beeindrucken könnt. Gebt mir den Ring oder lasst das Schwert da. Es liegt bei Euch.«
    Wieder sahen die Alben sich an. Dólgthrasir schüttelte energisch den Kopf, als Andvari das Schmuckstück von seinem Handgelenk zog, doch der achtete nicht darauf. »Ihr wisst nicht, worauf Ihr Euch einlasst«, versuchte er es noch einmal. »Der Ring wird Euch Unglück bringen.«
    Wortlos hielt der Schmied die Hand auf. Widerstrebend ließ der Albe den Ring hineinfallen. Mime betrachtete ihn mit Kennerblick. Eine kostbar ausgeführte Schmiedearbeit, ganz aus Gold. Er wirkte, als sei er für einen schlanken Arm gemacht, doch als der Schmied ihn sich überstreifte, saß er wie angegossen.

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