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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Er schien sich dem Arm seines Trägers anzupassen. Mime spürte ein warmes Pulsieren, als ob der Ring lebte.
    Jetzt erst nahm er die Hand vom Schwert. Andvari ergriff es achtlos und gab es an seine Gefährten weiter. Sein Blick weilte auf dem Armreif. »Überlegt es Euch noch einmal«, sagte er gepresst. »Ihr sollt zusätzlich einen zweiten Beutel Drachenaugen erhalten, wenn Ihr uns jetzt mit Schwert und Ring ziehen lasst.«
    »Je eher Ihr mit den Edelsteinen zurück seid, desto eher bekommt Ihr den Armreif wieder«, sagte Mime abwesend.
    »Die Seele des Ringes hält Euch schon gefangen.« Als der Schmied nicht antwortete, drehte Andvari sich wortlos um und verschwand mit seinen Gefährten.
    Mime sah ihnen nicht nach. Lass dich nicht betrügen, flüsterte der Ring, und der Schmied nickte. Niemand wird mich betrügen, dachte er.
9
    Alkoholdunst wehte Sigfrid entgegen, als er die Hütte betrat. Mime saß mit stierem Blick auf der Bank. Er musste das Ende seiner Arbeit gefeiert haben. Aufgeregt sah Sigfrid sich um. »Wo ist das Schwert?« Der Schmied schreckte aus seinem Dämmerzustand. »Das Schwert!«, wiederholte der Junge ungeduldig. »Wo ist es?«
    Ein verschlagenes Grinsen erschien auf Mimes Gesicht, als er hinter sich griff. »Es ist dein«, sagte er mit belegter Zunge. »Sein Name ist Balmung.«
    »Balmung!« Sigfrid flüsterte den Namen, als er über das Metall strich. Kühl und schwer lag die Klinge in seiner Hand. Mit einer Geste, die seine Übung im Gebrauch von Waffen verriet, schwang er das Schwert durch die Luft. Eine Unmutsfalte bildete sich auf seiner Stirn. Das Schwert war gut, aber   … etwas war anders als vor einigen Tagen am Fluss. Der Stahl sang nicht. Vorsichtig strich Sigfrid mit einem Finger über die Schneide. Die Haut blieb unversehrt. »Das ist das falsche Schwert«, sagte er. Und dann, hitzig: »Du willst mich reinlegen!«
    Überraschend schnell kam Mime auf die Beine. »Du nennst mich einen Betrüger?« Seine Kiefer mahlten. Er will sich vor der Bezahlung drücken, wisperte der Ring. Auch ein einfaches Schwert von Mime, dem Meisterschmied, war eine Kostbarkeit! Was bildete sich dieser aufgeblasene Bursche ein? Er behandelt deine Arbeit mit Geringschätzung! Der Milchbart sollte ein für allemal lernen, wer hier der Herr war! Diesmal würde er ihm mindestens ein paar Knochen brechen! Mime ergriff einen Eisenstab und wog ihn bedächtig in der Hand. Ein jäher Zornesstoß peitschte seine Gefühle empor. Zeig ihm, was du mit Leuten machst, die deine Ehre in den Schmutz treten! Mit einer plötzlichen Bewegung schlug er zu.
    Er hatte schlecht gezielt, den Jungen nur gestreift. Verdutzt starrte Sigfrid auf den roten Striemen über seiner Brust. Blanke Wut stieg in ihm auf. »Dafür wirst du zahlen!«
    »Du kleine Missgeburt! Wenn ich mit dir fertig bin, werden nicht einmal die Krähen dich noch wollen.« Sigfrid kehrte ihm den Rücken zu, um sein Schwert abzulegen. Jetzt! , raunte die Stimme. Brich ihm die Knochen! Töte ihn!
    Der Junge spürte die Gefahr und entging dem niedersausenden Eisenstab um Haaresbreite. Mit einem dumpfen Ton schlug das Metall auf dem Lehmboden auf. »Nur ein Neiding greift einen unbewaffneten Mann von hinten an!« Auch in Sigfrids Augen stand jetzt ein tückisches Funkeln. Langsam wich er zurück und tastete nach dem Schwert.
    Neiding! Die schlimmste Beleidigung, die man einem freien Mann antun konnte, ließ Mime erbleichen. Jetzt würde es keine Rücksicht mehr geben. Nur Blut kann eine beschmutzte Ehre reinwaschen, sang der Ring. Der Schmied umkreiste den Jungen. Seine Augen waren blutunterlaufen und hatten sich gelb verfärbt. »Du wolltest mich von Anfang an bestehlen. Du bist nichts als ein Dieb!«
    Mit einem Schrei drang er auf seinen Lehrling ein, doch der Alkohol verlangsamte seine Bewegungen. Mühelos wich Sigfrid dem Schlag aus und zog Balmung mit spielerischer Leichtigkeit über Mimes Hüfte. »Lektion Eins«, sagte er, und sein Herz klopfte ihm bis zum Hals vor Freude, »lass dich nie von deinem Hass leiten!«
    Verblüfft starrte der Schmied die Wunde an. Rache! Blut für Blut! Schaum stand vor seinem Mund, als er auf seinen Widersacher losdrosch. Behände sprang Sigfrid beiseite und wehrte die Schläge fast beiläufig ab. »Lektion Zwei: Fordere deinen Gegner nicht auf einem Gebiet heraus, auf dem er dir überlegen ist, alter Mann !« Seine Klinge beschrieb eine vollendete Kreisbewegung. Die Schwertspitze streifte die Stirn des Schmiedes und zog eine

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