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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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und mit der Strömung davontrieb. Er hatte den Schnitt nicht einmal bemerkt!
    Mime nahm ihm das Schwert ab. »Es ist noch nicht fertig«, sagte er und stapfte in die Hütte.
    Sigfrid folgte ihm. »Aber   … aber   …«, stammelte er, »die Klinge ist perfekt!«
    »Wenn ich damit fertig bin, dann ist sie perfekt. Das hier ist nichts. Eine Vorstufe, nichts weiter.« Doch Mimes zufriedenes Grinsen sprach seinen Worten Hohn.
    »Ich möchte es haben!«, sagte Sigfrid atemlos. »Du hast mir ein Schwert versprochen!«
    Der Schmied lachte. »Du hast auch nicht annähernd eine Vorstellung, was es wert ist.«
    »Ich gebe dir alles, was ich besitze. Mein Pferd, mein altes Schwert. Ich werde für dich arbeiten, ich tue, was immer du verlangst. Ich besorge Holz fürs Feuer. Ich bediene den Blasebalg.«
    Mime schüttelte den Kopf. Andererseits, warum sollte er nicht ein kleines Nebengeschäft machen? Annehmen, was der Junge ihm aufdrängte, und ihm eine Kopie der Klinge ohne die aufwendige Spezialbearbeitung machen? Ein grüner Junge wie er würde den Unterschied kaum merken. »Also schön, du sollst es bekommen. Wenn du mir ein Jahr klaglos dienst. Außerdem verlange ich einen Beutel Bruchsilber, wenn du erst König bist.«
    Sigfrid beeilte sich zu nicken. »Ich rufe Wodan zum Zeugen, dass ich deine Bedingungen annehme.«
    »Gut.« Ohne sich die Mühe zu machen, seine nasse Kleidung auszuziehen, die am Schmiedefeuer ohnehin rasch trocknen würde, zerschlug Mime die Klinge über dem Amboss.
    Es traf Sigfrid wie ein körperlicher Schmerz. »Was tust du mit meinem Schwert?«
    Der Schmied funkelte ihn an, aber in seinen Augen stand mehr Belustigung als Ärger. »Noch ist es mein Schwert.«
    »Aber   … aber   … du hast versprochen   …« Die Verzweiflung, dass sein Meister das kostbarste Schwert, das er je gesehen hatte, einfach zerstörte, ließ den Jungen zu keinem klaren Gedanken kommen.
    »Ich weiß, was ich tue«, sagte Mime, immer noch amüsiert. »Und dir wird nichts anderes übrig bleiben, als mir zu vertrauen.«
8
    Es war fertig: ein zweischneidiges Schwert mit einer Klinge von gut zwei Ellen Länge, perfekt ausbalanciert und von unübertroffener Schönheit. »Mimung«, sagte Mime zärtlich. Er konnte den Stahl atmen spüren. In dem Metall glühte ein Feuer, das danach dürstete, Brünnen, Helme und Knochen zu fressen. Wenngleich die Schwarzalben sich vorbehalten hatten, den Zauber in das Schwert hineinzuweben, der es zu einer magischen Waffe machen und seinen blutrünstigen Willen zähmen würde, ließ Mime es sich nicht nehmen, wenigstens die Siegrunen hineinzuritzen und Tiwaz, den einhändigen Kriegsgott, damit um Sieg zu bitten. Dreimal die T-Rune, drei nach oben gereckte Pfeile, Symbole der Speerspitze. Ja, dieses Schwert trug Heil in sich und würde seinem Träger Ehre bringen!
    Mime reinigte seinen Arbeitsplatz, anschließend entkleidete er sich und wusch sich mit dem Wasser, das er zur Abkühlung des Schwertes benutzt hatte und das nun angenehm heiß war. Mit einer Bürste aus Schweinsborsten und seiffa , einer louga aus übergossener Holzasche, entfernte er Schweiß und Dreck. Die Rituale der Säuberung gaben ihm das befriedigende Gefühl, eine gute Arbeit abgeschlossen zu haben.
    Wie immer hörte er sie nicht kommen, aber er spürte ihre Anwesenheit. » År ok friðr , Andvari!«, sagte Mime, ohne sich beim Waschen stören zu lassen. Erst, als er fertig war, drehte er sich um.
    Sie waren zu dritt. Den dritten Schwarzalben kannte er nicht. Es war ein bartloser Kerl mit einer Nase von ungewöhnlicher Größe, auch sie faltig und hornig wie sein ganzes Gesicht. Während die anderen beiden zum Gruß ihre Arme kreuzten, legte er seine Finger zu einem Dach zusammen, vermutlich ein Beschwichtigungszauber. Das Dach bedeutete wohl so etwas wie Heim, Willkommen im Frieden der Sippe.
    Die Zeichen wurden allesamt nachlässig ausgeführt, denn die Aufmerksamkeit der Besucher wurde voll und ganz von dem Schwert in Anspruch genommen. Stumm betrachtete der dritte Albe es in allen Einzelheiten und reichte es dann weiter. Die Waffe wanderte von Hand zu Hand, das Raunen und Murmeln nahm zu. Der zartgliedrige Albe, der, wenn der Schmied sich richtig erinnerte, Dólgthrasir gerufen wurde, nahm Mimung als Letzter in die Hand, legte die Stirn gegen den Stahl und schloss die Augen. Die anderen beiden beobachteten ihn gespannt und schienen auf sein Urteil zu warten. Schon nach kurzer Zeit öffnete er die Lider und fuhr mit zwei

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