Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
Wut konnte er besser umgehen als mit Angst, also runzelte er die Stirn. »Ausgesprochen dämlich!«
»Hör mal, das hätte jedem passieren können.«
»Nicht, wenn man aufpasst.«
»Ich habe aufgepasst.«
Ray und Marla sahen sich bedeutungsvoll an, während der Streit und die Versorgung der Wunde weitergingen.
»Du bist natürlich noch nie gebissen worden. Deine Hände sind doch auch voller Narben!«
»Hier geht es aber um dich.« Die Vorstellung, dass diese sanften, schmalen Hände entstellt werden könnten, machte ihn rasend.
Tate schnaufte und bewegte ihre Finger. Der Verband war klein, ordentlich und fachmännisch angelegt, aber lieber hätte sie ihre Zunge verschluckt, als das zuzugeben. »Willst du die Wunde nicht küssen, damit sie besser heilt?«
»Klar.« Er zog sie auf die Füße, und zur Überraschung ihrer Eltern presste er seine Lippen in einem langen, harten, fordernden Kuss auf ihre.
Als er Tate wieder losließ, räusperte sie sich vorsichtig. »Daneben«, bemerkte sie und hielt ihre verbundene Hand hoch.
»Durchaus nicht. Dein Mund hatte eine Behandlung ebenfalls bitter nötig, Süße.«
»Tatsächlich?« Ihre Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. »Was macht dich denn zum Experten für meine Bedürfnisse?«
»Ich kenne deine Bedürfnisse ganz genau, Rotschopf. Wann immer du –« Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie nicht allein waren. Er riss sich zusammen und trat einen Schritt zurück. »Vielleicht solltest du gegen die Schmerzen ein paar Aspirin schlucken.«
Sie reckte ihm ihr Kinn entgegen. »Es tut überhaupt nicht weh.« Sie wandte sich ab und wuchtete sich ihre Sauerstoffflaschen wieder auf den Rücken.
»Was hast du vor?«
»Ich gehe wieder runter.«
»Von wegen!«
»Versuch doch, mich aufzuhalten.«
Als Ray den Mund öffnete, tätschelte Marla seinen Arm. »Lass sie das allein ausfechten, Liebling«, murmelte sie. »Sieht ganz danach aus, als ob es schon eine Weile überfällig wäre.«
»Ich soll versuchen, dich aufzuhalten? Okay.« Matthew ließ sich von seinem Temperament mitreißen, nahm ihr die Flaschen aus der Hand und warf sie über Bord. »Das dürfte reichen.«
Einen Augenblick lang starrte Tate ihn mit offenem Mund an. »Du Idiot. Du ignoranter Idiot! Du bewegst jetzt sofort deinen Arsch unter Wasser und holst meine Flaschen wieder hoch.«
»Hol sie dir doch selbst, wenn du unbedingt tauchen willst.«
Er beging den Fehler, ihr kurz den Rücken zuzukehren, und dafür musste er büßen. Sie stürzte sich auf ihn, und im selben Augenblick erkannt er ihre Absicht. Bei dem Versuch, sich zu retten, verlagerte er sein Gewicht, aber Tate wich aus. Der darauf folgende Zusammenprall ließ sie beide über Bord gehen.
»Sollten wir nicht etwas unternehmen, Marla?«, fragte Ray, der das Schauspiel von der Reling aus betrachtete.
»Ich denke, die beiden schaffen das schon. Sieh nur, der Schlag hätte fast gesessen, und das mit ihrer verletzten Hand!«
Matthew wich dem Hieb im letzten Moment aus, aber der Faust, die sich in seine Rippen bohrte, konnte er nicht entgehen. Obwohl der Stoß durch das Wasser gemildert war, entlockte er ihm ein Grunzen.
»Gib endlich auf«, warnte er Tate und packte die verletzte Hand am Gelenk. »Du wirst dir noch wehtun.«
»Wem hier etwas wehtut, werden wir ja noch sehen. Und jetzt hol meine Flaschen.«
»Du gehst nicht mehr runter, bis wir eine Reaktion auf den Biss ausschließen können.«
»Meine Reaktion werde ich dir zeigen«, drohte sie und traf ihn am Kinn.
»Okay, das reicht.« Matthew tauchte sie einmal unter, dann schob er sie mit einem Arm unter dem Kinn in eine nicht sonderlich bequeme Rettungsposition. Jedes Mal, wenn sie nach ihm schlug oder ihn verfluchte, tauchte er sie wieder unter. Als sie die Leiter erreicht hatten, schnappte sie nach Luft. »Genug?«
»Bastard!«
»Ich nehme an, wenn ich dich noch einmal untertauche –«
»Ahoi, Adventure!«
Matthew verlagerte seinen Griff. Buck hatte von der Mermaid gegrüßt. Sie kamen in zügigem Tempo aus Südosten, wo Buck und LaRue mit dem Sensor unterwegs gewesen waren.
»Ahoi!«, schrie Buck noch einmal von der Brücke. LaRue lehnte selbstzufrieden an der Reling. »Wir haben etwas gefunden.«
»Geh an Bord«, murmelte Matthew und schleppte Tate fast die Leiter hinauf.
Buck manövrierte die Mermaid neben die New Adventure und schaltete den Motor aus. »Die Sensoren sind da unten auf einen Haufen Metall gestoßen, der Tiefenmesser zeigt ebenfalls etwas an! Haben
Weitere Kostenlose Bücher