Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
funktioniert es eben nicht so. Also hat sie einen Fluch oder was auch immer auf die Halskette gelegt. Aber wenn ich mich recht erinnere, hat sie die verflucht, die sie verurteilt haben, die ihr aus Gier das letzte Verbindungsglied zu ihrem Ehemann nahmen. Nun, Matthew hat Angelique nicht verurteilt, Buck, und er hat ihre Kette nicht gestohlen. Er wird sie vielleicht wiederfinden, mehr nicht.«
»Und wenn er sie findet, was wird dann aus ihm?« Bucks Augen glänzten dunkel vor Verzweiflung und Besorgnis. »Das ist es, was mir Sorgen macht, Tate. Was wird dann aus ihm?«
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. »Das kann ich nicht beantworten.« Überrascht stellte sie fest, dass sie sich auf einmal unbehaglich fühlte. Sie nahm ihre Tasse und versuchte, ihre plötzlich eiskalten Hände daran zu wärmen. »Was auch immer passiert, es wird Matthews Entscheidung sein, und nicht ein uralter Fluch, der auf einem Schmuckstück liegt.«
Drittes Kapitel
N achdem Buck sich auf die Suche nach Tates Vater gemacht hatte, dachte sie noch lange über seine Worte und Befürchtungen nach. Sie konnte seine Sorgen nicht einfach als absurd oder hysterisch abtun, denn ihr war bewusst, dass ebendieser Glaube und sein realer Hintergrund der Stoff waren, aus dem Legenden entstanden.
Auch sie hatte früher daran geglaubt. Als sie noch jung, naiv und zum Träumen bereit gewesen war, hatte sie Magie, Mythen und Mysterien für möglich gehalten. Sie hatte so vieles geglaubt …
Ungeduldig schenkte sie sich Tee nach, der inzwischen lauwarm geworden war, weil sie vergessen hatte, die Thermoskanne zu schließen. Es war albern, ihrer verlorenen Naivität nachzutrauern. Wie die Spiele in ihrer Kindheit gehörte auch sie zu den Dingen, die im Laufe der Zeit mit zunehmendem Wissen und Lebenserfahrung verschwunden waren.
Tate verstand, wie Legenden wie die um den Fluch der Angelique entstanden, was sicherlich ein Grund dafür war, dass sie ihre Arbeit so liebte. Das Wie, das Warum und das Wer waren für sie so wichtig wie Gewicht, Alter und Zustand eines jeden Fundes, den sie je in der Hand gehalten hatte.
Unschuld und vor Staunen weit aufgerissene Augen mochten der Vergangenheit angehören, aber ihr Studium hatte weder ihre Neugier noch ihre Phantasie zu dämpfen vermocht.
Im Laufe der Jahre hatte auch Tate Informationen über den Fluch der Angelique gesammelt, Bruchstücke und Details,
auf Disketten gespeichert. Eher, so redete sie sich zumindest ein, aus Ordnungssinn denn aus Neugier.
Nach Angelique Maunoir war das Amulett an den Grafen übergegangen, der sie verurteilt hatte, nach seinem Tod an seine älteste Tochter, die auf dem Weg zu einem Rendezvous mit einem Liebhaber von ihrem Pferd stürzte und sich das Genick brach.
Fast ein Jahrhundert verging, bevor in glaubwürdigen Dokumenten erneut Hinweise auftauchten. In Italien hatte der Fluch der Angelique ein Feuer überstanden, bei dem die Villa seines Besitzers zerstört wurde und er als Witwer zurückblieb. Schließlich war das Schmuckstück verkauft worden und kam nach England. Der Händler, der es erstanden hatte, beging Selbstmord. Danach gelangte es in die Hände einer jungen Herzogin, die es offenbar dreißig Jahre lang glücklich und zufrieden trug, doch nachdem ihr Sohn das Amulett zusammen mit ihrem übrigen Besitz geerbt hatte, begann er zu trinken, verspielte sein Vermögen und starb im Wahnsinn und völlig verarmt.
Und so hatte schließlich Minnefield die Halskette gekauft und war dann am großen Riff vor Australien ums Leben gekommen. Jahrelang war man davon ausgegangen, dass die Kette dort verschwunden sei, vergraben unter Sand und Korallen.
Bis Ray Beaumont ein altes, zerfleddertes Buch auftrieb und von einem Seemann, der einen Hurrikan an Bord der Isabella überlebt hatte, und einer unbekannten spanischen Dame las.
So weit die Fakten. Der Tod war immer grausam, aber selten geheimnisvoll. Unfälle, Feuer, Krankheiten – dies alles gehörte zum Kreislauf des Lebens. Steine und Metall konnten den Tod weder verursachen noch ändern.
Doch allen Fakten und wissenschaftlichen Daten zum Trotz hatten sich Bucks Ängste auf Tate übertragen und ihre lebhafte Phantasie in Gang gesetzt.
Auf einmal kam ihr der Sturm mit seinem scharfen Wind und den hohen Wellen unheimlich vor. Jeder Blitz erschien ihr wie eine Warnung, dass die Natur etwas ausheckte.
Mehr als je zuvor verspürte Tate das Bedürfnis, sich mit Hayden in Verbindung zu setzen, einen Kollegen zu bitten, ihr
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