Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
seinen Hals. »Endlich habe ich dich genau da, wo ich dich haben will. Jetzt kannst du keinen Rückzieher mehr machen.«
»Wahrscheinlich wäre es sinnlos, sich zu wehren.«
»Absolut sinnlos«, stimmte sie ihm zu und schnurrte, als er sie in seine Arme nahm. »Du kannst dich also genauso gut gleich in dein Schicksal fügen.«
»Süße, ich hatte die weiße Flagge schon gehisst, als du damals meine Hängematte zum Kentern brachtest.« Dann wurde er ernst. »Du bringst mir Glück, Tate«, murmelte er. »Solange du bei mir bist, kann ich alles erreichen.«
Sie schmiegte sich an ihn, schloss die Augen und versuchte, den Gedanken an das Amulett in seiner Tasche zu verdrängen.
Beide Teams versammelten sich im letzten Tageslicht an Bord der Mermaid . Die vergangenen Wochen waren unerwartet erfolgreich gewesen. Auf dem geräumigen Vorderdeck lagen die jüngsten Funde – Sextanten, Oktanten, Geschirr und Besteck, ein schlichtes Goldmedaillon mit einer Haarlocke –, sorgfältig getrennt von Steinchen und Gesteinsklumpen.
Tate bemühte sich, nicht an die Halskette zu denken, und beantwortete geduldig Fragen über die beiden Porzellanfiguren, die ihr Vater gerade inspizierte.
»Sie stammen aus der Qing-Dynastie«, erklärte sie. »Man nennt sie Unsterbliche, Heiligenfiguren aus der chinesischen Mythologie. Insgesamt gibt es acht, und diese beiden sind absolut unversehrt. Vielleicht finden wir die anderen sechs auch noch, wenn tatsächlich ein kompletter Satz existierte. In den Unterlagen sind sie allerdings nicht verzeichnet.«
»Wertvoll?«, fragte LaRue.
»Und wie! Meiner Meinung nach sollten wir darüber nachdenken, die kostbareren und zerbrechlichen Gegenstände an einem sicheren Ort zu deponieren.« Absichtlich mied sie Matthews Blick. »Außerdem sollten wir mindestens noch einen Archäologen hinzuziehen. Ich brauche Unterstützung
und zusätzliche Geräte, um eine umfassende Untersuchung durchführen zu können. Und wir müssen damit beginnen, die Isabella selbst zu konservieren.«
»Sobald wir etwas in der Richtung unternehmen, kommt VanDyke uns auf die Spur«, protestierte Buck.
»Nicht, wenn wir die entsprechenden Stellen informieren. Das Komitee für Meeresarchäologie in England, sein Pendant in den Vereinigten Staaten. Im Grunde ist es gefährlicher, Stillschweigen zu bewahren, als an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn der Fund einmal bekannt ist, wird es für VanDyke oder Leute wie ihn unmöglich, unser Unternehmen zu sabotieren.«
»Du kennst diese Piraten nicht«, sagte Buck mit grimmiger Miene. »Und die Regierung ist der größte Pirat.«
»Buck hat Recht.« Stirnrunzelnd betrachtete Ray die chinesischen Figuren. »Ich will nicht anzweifeln, dass wir die Verpflichtung haben, unsere Entdeckung der Öffentlichkeit mitzuteilen, aber wir sind noch nicht so weit. Vor uns liegen noch Wochen, vielleicht sogar Monate harter Arbeit. Und die Hauptsache, wegen der wir eigentlich hier sind, haben wir noch nicht gefunden.«
»Den Fluch der Angelique«, flüsterte Buck. »Vielleicht will sie nicht, dass wir ihn finden.«
»Ich denke, ihr überseht dabei das Wesentliche«, meldete Marla sich leise zu Wort. Da sie sich sonst so gut wie nie zu taktischen Fragen äußerte, drehten sich alle zu ihr um. »Ich tauche nicht und arbeite auch nicht am Sauger, aber ich verstehe, worum es geht. Ihr braucht euch doch nur anzusehen, was wir bisher erreicht und gefunden haben. Eine winzige Expedition, bestehend aus zwei Teams, und wir bemühen uns krampfhaft, alles geheim zu halten. Trotzdem haben wir ein kleines Wunder erlebt, indem wir die Isabella fanden, und haben Tate die Verantwortung für die administrative Seite dieses Wunders übertragen. Nun bittet sie uns um Unterstützung, und wir denken nur daran, dass uns vielleicht
jemand die Schau stehlen könnte. Aber das ist gar nicht möglich«, fügte sie hinzu, »weil wir doch schon so viel erreicht haben! Wenn wir uns nur auf einen Bruchteil des Ganzen konzentrieren, verlieren wir den Überblick. Vielleicht hat uns der Fluch der Angelique hergeführt, aber wir brauchen ihn nicht zu finden, um zu wissen, dass wir längst Unglaubliches geleistet haben.«
Mit einem Seufzer legte Ray einen Arm um ihre Schulter. »Du hast ja Recht. Natürlich hast du Recht. Es ist albern zu glauben, dass wir versagt hätten, nur weil wir das Amulett nicht gefunden haben. Und doch fühle ich mich jedes Mal wie ein Versager, wenn ich ohne das Amulett auftauche, trotz der anderen
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