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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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verspürte Tate ein Gefühl der Vorfreude. Immer wieder redete sie sich ein, dass nun endlich der große Tag gekommen war.
    Das Wasser fühlte sich an Gesicht und Händen angenehm kühl an. Sie genoss es, wie es beim Abstieg durch ihr Haar strömte.
    Inzwischen schienen sich sogar die Meeresbewohner an sie gewöhnt zu haben. Gelegentlich lugte ein neugieriger Barsch oder ein Engelhai in ihre Maske. Sie hatte sich angewöhnt, eine Plastiktüte mit Kräckern oder Brotkrümeln mitzubringen, fütterte vor Beginn der Arbeit ein paar Minuten lang die Fische und ließ sie um sich herumschwimmen.
    Regelmäßig zeigte sich der Barrakuda, den sie inzwischen »Smiley« getauft hatten, hielt sich aber immer in sicherer Entfernung und beobachtete sie. Ein besonders lebhaftes Maskottchen war er beim besten Willen nicht, dafür aber treu.
    Sie und Matthew hatten eine bestimmte Routine entwickelt. Stets arbeiteten sie in Sichtweite, überquerten jedoch selten die unsichtbare Grenze zwischen ihren Gebieten. Dennoch ließen sie einander ab und zu an ihren Erlebnissen
teilhaben – ein Handsignal, ein Klopfen an die Sauerstoffflasche, um den anderen auf einen Schwarm Fische oder einen sich vergrabenden Rochen hinzuweisen.
    Unter Wasser war Matthew eigentlich ausgesprochen erträglich, fand Tate. Hin und wieder wurde die Stille durch das gedämpfte Motorengeräusch eines Touristenbootes über ihnen gestört. Einmal hatte Tate sogar das unheimliche Echo eines Transistorradios gehört, aus dem Tina Turners raue Stimme zu ihr herunterdrang.
    In Gedanken vor sich hin trällernd, näherte Tate sich einer ungewöhnlichen Korallenformation. Sie erschreckte einen Anemonenfisch, der sie wütend ansah, bevor er von dannen glitt. Amüsiert blickte sie über die Schulter zurück. Matthew bewegte sich in Richtung Westen, hielt sich aber immer in Sichtweite. Tate steuerte weiter nördlich auf die satten Rot- und Brauntöne der Formation zu.
    Tate schwebte bereits direkt darüber, als sie erkannte, dass es sich nicht um Korallen, sondern um Steine handelte. Blasen sprudelten aus ihrem Mundstück. Wenn sie nicht unter Wasser gewesen wäre, hätte sie vermutlich vor Aufregung gestottert.
    Ballaststeine. Ganz eindeutig lagen hier Ballaststeine. Aus ihrem Studium wusste sie, dass ihre Farbe auf eine Galeone hinwies. Für Schoner hatte man für gewöhnlich sprödere Steine verwendet. Der Ballast einer Galeone, dachte sie verträumt. Verloren und vergessen, und nun nach vielen Jahren endlich wiederentdeckt.
    Also musste genau hier eins der verschwundenen Wracks aus dem Jahr 1733 liegen. Und sie hatte es gefunden.
    Ihr Schrei formte unzählige Blasen, die ihr die Sicht nahmen. Als sie ihre Emotionen wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte, zog sie ihr Messer aus der Scheide und schlug kräftig gegen eine ihrer Sauerstoffflaschen.
    Sie drehte sich einmal im Kreis und erblickte ein paar Meter weiter den Schatten ihres Partners. Er schien ihr ebenfalls
ein Zeichen zu geben, deshalb klopfte sie ungeduldig noch einmal.
    Komm verdammt noch mal endlich her!
    Schließlich musste sie ein drittes Mal klopfen und tat es so nachdrücklich wie möglich. Zufrieden und mit einem leisen Hauch von Selbstgefälligkeit beobachtete sie, wie Matthew sich durch das Wasser auf sie zubewegte.
    Ärgere dich, so viel du willst, du Besserwisser, dachte sie, und mach dich auf eine Niederlage gefasst.
    Sie beobachtete, wie er die Steine registrierte – ein leichtes Zögern in seinem Rhythmus, dann die Beschleunigung seines Tempos. Tate konnte es sich nicht verkneifen, ihn breit anzugrinsen und eine Unterwasserpirouette zu versuchen.
    Hinter seiner Taucherbrille waren seine Augen so blau wie Kobalt und strahlten mit einer Intensität und einer Unbekümmertheit, die ihr Herz laut klopfen ließen. Er schwamm einmal um die Steine herum und war offenbar zufrieden. Als er ihre Hand nahm, drückte Tate seine Finger kurz und kameradschaftlich. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass sie nun auftauchen würden, aber er zog sie in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Sie sträubte sich und schüttelte den Kopf, deutete mit dem Daumen nach oben. Doch Matthew zeigte entschlossen nach Westen. Tate verdrehte die Augen, gestikulierte in Richtung der Ballaststeine und wollte an die Oberfläche.
    Matthew erwischte ihr Fußgelenk. Verblüfft stellte sie fest, wie vertraulich er seine Hand an ihrem Bein hinaufschob und sie wieder nach unten zog. Sie erwog kurz, ihm einen Hieb zu verpassen,

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