Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
aus.«
Plötzlich fühlte sie sich unwohl und verlagerte ihr Gewicht. »Ständig hängst du mir auf der Pelle«, beschwerte sie sich. »Genau wie beim Tauchen.«
»Hier, probier mal.« Er schob ihr das Sandwich fast in den Mund, sodass sie wohl oder übel zubeißen musste. »Ich habe beschlossen, dass du mein Glücksbringer bist.«
Um einen Hustenanfall zu vermeiden, schluckte sie den Bissen schnell hinunter. »Wie bitte?«
»Mein Glücksbringer«, wiederholte er. »Weil du dabei warst, als ich den Schwertgriff fand.«
»Du warst dabei, als ich ihn fand.«
»Wie auch immer. Gewissen Dingen sollte man eben nie den Rücken zukehren. Einem Mann mit gierigem Blick, einer Frau mit Feuer in den Augen.« Wieder bot er Tate von dem Sandwich an. »Und Glück. Oder Pech.«
»Ich würde sagen, es ist klüger, dem Pech aus dem Weg zu gehen.«
»Man sollte sich seinem Pech stellen. Meistens ist das der direktere Weg. Die Lassiters haben jede Menge Pech gehabt.« Mit einem Schulterzucken verschlang er den Rest des Sandwiches selbst. »Anscheinend hast du mir Glück gebracht.«
»Immerhin war ich es, die die Münzen gefunden hat.«
»Vielleicht bringe ich dir ja auch Glück.«
»Ich habe etwas!«, trällerte Marlas melodische Stimme. »Kommt her und seht euch das an.«
Matthew stand auf, und nach einem Augenblick des Zögerns streckte er eine Hand aus. Nicht minder zögernd, griff Tate danach und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen.
»Nägel«, verkündete Marla, während sie ihr feuchtes Gesicht mit einem Taschentuch abtupfte. »Sehen alt aus. Und das …«
Sie hob eine kleine Scheibe aus den Trümmern. »Sieht aus wie eine Art Knopf. Vielleicht Kupfer oder Bronze.«
Mit einem Grunzen ging Matthew in die Hocke. Vor ihm lagen zwei eiserne Nägel, diverse Tonscherben, ein zerbrochenes Stück Metall, das früher vielleicht einmal zu einer Schnalle oder einer Art Anstecknadel gehört hatte. Aber es waren die Nägel, die ihn am meisten interessierten.
Marla hatte Recht. Sie waren alt. Er nahm einen hoch, drehte ihn zwischen seinen Fingern, stellte sich vor, wie er einst in Planken gehämmert wurde, die Sturm und Meerwasser ausgesetzt waren.
»Messing«, erklärte Tate begeistert, während sie mit Lappen und Lösemittel den Rost beseitigte. »Es ist ein Knopf. Mit einer Gravur darauf, eine Blume … Eine kleine Rose! Stammt vermutlich vom Kleid eines weiblichen Passagiers.«
Der Gedanke stimmte sie traurig. Die einstige Besitzerin des Knopfes hatte ihre Reise nicht überlebt …
»Kann schon sein.« Matthew betrachtete den Knopf. »Sieht ganz danach aus, als ob wir die Aufprallstelle gefunden hätten.«
Tate griff nach ihrer Sonnenbrille. »Was ist eine Aufprallstelle?«
»Genau das, was der Begriff besagt. Wahrscheinlich haben wir die Stelle entdeckt, an der das Schiff aufprallte, als es von den Wellen nach unten gezogen wurde. Das Wrack liegt woanders.« Er hob seinen Blick und musterte die See bis zum Horizont. »Irgendwo anders«, wiederholte er.
Aber Tate schüttelte den Kopf. »Nach diesem Erfolg kannst du mich nicht entmutigen. Wir sind nicht mit leeren Händen aufgetaucht, Matthew. Ein einziger Tauchgang, und schon finden wir all das hier. Münzen und Nägel –«
»Zerbrochene Tonscherben und ein Messingknopf.« Matthew warf den Nagel wieder auf den Haufen. »Kleine Fische, selbst für einen Amateur.«
Tate griff nach der Münze, die an seinem Hals baumelte. »Wo das herkommt, gibt es noch mehr. Mein Vater ist davon überzeugt, dass wir die Chance haben, einen großen Fund zu machen. Und ich auch.«
Er stellte fest, dass sie vor Wut beinahe zitterte. Sie reckte ihr Kinn in die Höhe. Es war fast so spitz wie die Nägel zu ihren Füßen, und ihre Augen wirkten hart und fiebrig.
Himmel, warum nur musste sie so jung sein?
Er lockerte seine Schultern und tätschelte ihr absichtlich beiläufig und herablassend den Arm. »So kommt wenigstens keine Langeweile auf. Normalerweise trifft allerdings die Faustregel zu, dass ein kleiner Fund meistens auch schon der ganze Fund ist.« Matthew rieb seine Hände sauber und stand auf. »Lassen Sie mich weitermachen, Marla.«
»Du bist wirklich ein Optimist, Lassiter.« Tate zog ihr T-Shirt aus. Als er sie einen Augenblick lang ansah, wurde ihr aus irgendeinem Grund heiß. »Ich gehe jetzt schwimmen.« Sie schwang sich über die Reling und sprang ins Wasser.
»Sie ist die Tochter ihres Vaters«, erklärte Marla und lächelte sanft. »Fest davon überzeugt,
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