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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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näher und umklammerte die Gitterstäbe, bis seine Finger so weiß wie sein Gesicht waren. Sein Atem ging schnell, und die Augen, die Matthew anstarrten, ließen den Wahnsinn erkennen. »Ihr Vater ist tot, ihr Onkel ein Krüppel. Und Sie sind nichts weiter als ein zweitklassiger Aasgeier.«
    »Sie sind der Mann im Käfig, VanDyke. Und ich habe das Amulett.«
    »Ich werde Sie verfolgen. Ich werde die Lassiters auslöschen und mir das nehmen, was mir gehört.«
    »Sie hat sie besiegt«, wiederholte Matthew. »Eine Frau hat es begonnen, und eine Frau hat es beendet. Sie haben es in der Hand gehalten, aber besitzen konnten Sie es nicht.«
    »Ich bekomme es zurück, James.« Er bleckte die Zähne. »Und dann kümmere ich mich um Sie. Bilden Sie sich etwa ein, Sie könnten mich überlisten?«
    »Ich schütze, was mir gehört.«
    »Immer noch so selbstsicher, dabei habe ich längst gewonnen, James. Das Amulett gehört mir. Es hat mir schon immer gehört.«
    Matthew wich vom Gitter zurück. »Bleiben Sie gesund, VanDyke. Ich wünsche Ihnen ein langes, langes Leben.«
    »Ich habe gewonnen.« Die schrille, wütende Stimme folgte Matthew, als er den Zellentrakt verließ. »Ich habe gewonnen!«
    Weil er sich nach Wärme sehnte, trat Matthew vor der Polizeiwache nach draußen. Er fuhr sich mit den Händen über sein Gesicht und hoffte, dass Tate ihre Aussage bald beendet haben würde.
    Die Luft war heiß, und er vermisste das Meer, seine frische Brise. Er vermisste Tate.
    Etwa zwanzig Minuten später kam sie heraus. Sie wirkte erschöpft, ihre Haut war blass, ihre Augen sahen gehetzt aus. Er sagte nichts, hielt ihr nur einen Strauß aus leuchtend rosafarbenen und blauen Blumen hin.
    »Was ist das?«
    »Man nennt es Blumen. Man bekommt sie in so genannten Blumengeschäften.«
    Tate musste lächeln und vergrub ihr Gesicht in den Blüten. »Danke.«
    Mit einer Hand strich Matthew über ihren Zopf. »Harter Vormittag?«
    »Ich habe schon angenehmere erlebt. Aber die Polizisten waren sehr verständnisvoll und geduldig. Dank unserer Aussagen und der Bänder haben sie so viele Anklagepunkte, dass sie gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen.« Sie zuckte mit den Schultern. Es war nicht mehr wichtig. »Ich vermute, über kurz oder lang wird er ausgeliefert.«
    Matthew legte seine Hand in ihre, und gemeinsam gingen sie zu ihrem Mietwagen. »Er wird den Rest seines Lebens in einer Gummizelle verbringen. Ich war gerade bei ihm.«
    »Oh.« Tate wartete, bis Matthew sich auf dem Fahrersitz niedergelassen hatte. »Das habe ich mir gedacht.«
    »Ich wollte ihn hinter Gittern sehen.« Nachdenklich legte Matthew den Gang ein und fuhr los. »Und da ich ihm nicht die Nase einschlagen konnte, wollte ich wenigstens unseren Triumph genießen.«
    »Und?«
    »Sein Geisteszustand steht auf der Kippe, ich hätte ihm nur einen kleinen Schubs zu geben brauchen.« Er sah Tate
an. »Er wollte mich – oder vielleicht eher sich selbst — davon überzeugen, dass er gewonnen hat.«
    Tate legte ihre Wange an die duftenden Blüten. »Er hat nicht gewonnen. Wir wissen es, und darauf kommt es an.«
    »Kurz bevor ich ging, sprach er mich mit dem Namen meines Vaters an.«
    »Matthew …« Besorgt legte sie eine Hand auf seine. »Es tut mir leid.«
    »Ist schon in Ordnung. Irgendwie war es ein angemessener Abschluss. Beinahe die Hälfte meines Lebens wollte ich die Uhr zu jenem Tag zurückdrehen, etwas an dem, was damals geschah, ändern. Ich hatte meinen Vater nicht retten können, und ich hatte nicht an seiner Stelle sein können. Aber heute war es ein paar Minuten lang so, als ob ich seinen Platz eingenommen hätte.«
    »Gerechtigkeit statt Rache«, murmelte sie. »Damit lässt es sich leichter leben.«
    Während er den Wagen zum Meer steuerte, legte sie den Kopf an die Rückenlehne. »Matthew, ich habe mich an etwas erinnert, als ich mit den Polizisten sprach. Letzte Nacht, als ich mit VanDyke an Deck war, hielt ich das Amulett in der Hand und sagte ihm, ich hoffte, dass er das Leben führen würde, das er verdient hat.«
    »Zwanzig oder dreißig Jahre hinter Gittern, weit weg von dem, was er sich am meisten wünscht. Nicht übel, Rotschopf.«
    Sie schluckte. »Auch wenn er das Amulett nicht hat – die Macht des Fluchs bekommt er jetzt zu spüren.«
     
    Es war ein gutes Gefühl, wieder auf See und bei der Arbeit zu sein. Tate ignorierte das wohlgemeinte Angebot, sich den Rest des Tages auszuruhen, und machte sich gemeinsam mit Hayden an die

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