Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)
wird mich nicht aufhalten«, sagte sie und versuchte, selbst an ihre Drohung zu glauben.
»Nein«, sagte der Vampir, der am ältesten aussah. Sein Haar war von Grau durchsetzt. Er entsprach nicht Ashartis üblichem Typ. »Aber wir werden dich aufhalten.« Die Tür fiel mit einem scharfen Schnappen ins Schloss. Der alte Mann sperrte ab und ging davon. »Es werden nie weniger als fünf von uns zur selben Zeit hier sein.«
Beatrix ließ den Mut sinken. »Ihr könnt mich nicht für immer hier einsperren.«
Der älteste Vampir grinste höhnisch. »Das wird auch nicht nötig sein. Madame la Guillotine empfängt am Sonntag wieder Gäste.«
»Zumindest werde ich eure reizende Gesellschaft haben«, bemerkte Beatrix, als wäre sie guter Dinge.
Asharti tauchte aus den Schatten auf. »Es ist ihnen verboten, mit dir zu sprechen oder dir in die Augen zu schauen.« Sie sah sich zu den Männern um, die sie zu Vampiren gemacht hatte. »Ist das klar?«
Eingeschüchtert murmelten sie ihre Zustimmung. Das war die Wirkung, die Asharti auf alle ihre Opfer hatte, und diese waren nicht weniger Opfer als die, die sie leer getrunken hatte. Beatrix könnte noch in der Lage sein, einen von ihnen zu zersetzen. Sicherlich waren einige zumindest noch unsicher, furchtsam, sogar labil, wenn sie erst vor Kurzem geschaffen worden waren.
»Begebt euch in die Nachbarzellen und in jene dort gegenüber.« Sie wandte sich zu Beatrix. »Nun, meine Schwester. »Jetzt ist es schon etwas schwerer, die Nase über mich zu rümpfen, nicht wahr?« Ihre Miene wurde fast gierig. »Wie ich es genießen werde, deinen Kopf in dieser Holzmulde liegen zu sehen, wenn das große schimmernde Fallbeil über dir schwebt. Wirst du schreien, oder sogar – darf ich das hoffen – um dein Leben betteln? Dein Gefährte wird in deinen Adern toben und versuchen, den Tod zu verhindern. Aber es gibt keinen Weg, ihm zu entgehen. Nein, dein Kopf wird in den Korb fallen, deine Augen werden noch in stummem Protest blinzeln, deine Lippen werden noch Worte formen, aber du wirst keine Kehle mehr haben, sie auszustoßen.« Asharti erschauerte vor Entzücken. »Ich werde eine Hinrichtung zur Nachtzeit arrangieren, nur um sicherzugehen, dass meine … Partner sich wohlfühlen, wenn sie dich eskortieren.« Sie umklammerte zwei Gitterstäbe. »Wie sehr wünschte ich, dass Stephan es sehen könnte.«
Beatrix blickte in Augen, die von der Ekstase der Vorfreude in etwas Fremdes verwandelt worden waren, und empfand nicht nur Angst, sondern auch Mitleid. »Was dann, Asharti? Wenn ich tot bin, was dann?«
Asharti ließ ein langsames Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen. »Dann werde ich eine Welt schaffen, in der überall Vampire leben. Ich werde regieren. Und ich werde uns von den Regeln befreien und von dem Zwang, uns verstecken zu müssen.«
»Du willst das Gleichgewicht zerstören!«, fauchte Beatrix. »Wenn du so viele Vampire geschaffen hast, und sie schaffen wiederum Vampire, wo wird das aufhören? Wir werden uns ausbreiten wie eine Infektion, bis es nicht mehr genügend Blut geben wird, unsere Art zu erhalten. Dann werden wir alle sterben.« Sie hatte so ruhig gesprochen, wie es ihr möglich gewesen war. »Jede Spezies muss im Gleichgewicht mit den anderen leben, Asharti, oder sie wird überhaupt nicht leben. Auch wir nicht.«
»Wir werden aufhören, Vampire zu schaffen, wenn es genug davon gibt«, entgegnete Asharti leichthin.
»Und wenn geschaffene Vampire wahnsinnig werden, trunken sind von der Macht, die der Gefährte ihnen gibt? Du wirst das nicht mehr kontrollieren können.«
»Du bist ein Kleingeist, Beatrix. Aber ich kann nicht bleiben, um dich zu erleuchten. Fanueille wurde zum Kaiser bestellt, was bedeutet, dass der Kaiser in Wahrheit mich sehen will. Ich bin der Dreh- und Angelpunkt, um den die Welt taumelt. Ich muss Geschäftliches erledigen, bevor ich weiter nach dem Engländer suchen kann.«
Sie wirbelte herum und war fort. Ashartis Getreue nahmen ihre Posten ein. Ihr Wille senkte sich wie ein Vorhang herab. Er war wirkungsvoll. Konnten sie ihn aufrechterhalten, wenn die Wachen wechselten?
Beatrix spürte, dass irgendwo die Sonne aufging. Sie hatte nur noch wenig Hoffnung für sich, glaubte aber fest daran, dass John auf dem Weg nach England war. Er würde eine Welt, wie Asharti sie für die Zukunft plante, nicht überleben. Niemand würde das, auch nicht die Vampire.
John glitt aus den Schatten hervor; Entschlossenheit wühlte in seinem Magen. Die Sonne versank
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