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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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aus ihm gemacht hatte. Seine Seele war nun zweifellos verwirkt, also konnte er ebenso zugeben, dass er den Teufel selbst liebte. Genauer gesagt die Teufelin.
    Er hob den Kopf. Durch das Zimmer starrte ihn aus dem Spiegel eines kleinen Anziehtisches sein Bild an wie ein fremder Geist. Sein Gesicht war blass, seine Augen zeigten ein gequältes Grün mit purpurnen Flecken darunter, fast wie Narben. Der John Staunton, der er gewesen war, war von Asharti und Quintoc ausradiert worden und dann in den dunklen Fluten von Beatrix’ verfluchtem Blut ertrunken.
    Er suchte fieberhaft nach einer Waffe. Warum hatte er nicht eine Pistole oder ein Messer gestohlen? Sein Blick fiel auf die flackernde Kerze. Innerlich wurde er ruhig. Langsam streckte er die Hand nach der Flamme aus. Er rechnete halb damit, seine Kraft würde den Schmerz auslöschen. Deshalb war er angenehm überrascht von dem sengenden Blitz der Qual. Zitternd zwang er sich, seine Hand nicht aus der Flamme zu ziehen. Er sah, wie sie schwarz wurde, roch das verbrannte Fleisch. Erst als er begriff, dass dies eine lächerliche Art war, sich zu töten, riss er die Hand zurück. Er hatte einfach die Kreatur verletzen wollen, zu der er geworden war. Er drehte seine Hand herum. Ihre Innenfläche war schwarz verbrannt. Schmerz schoss seinen Arm hinauf. Die pochende Qual verursachte ihm Schwindel. Dann konzentrierte er sich wieder. Zu seiner Überraschung ließ der Schmerz nach. Der verschmorte schwarze Fleck schrumpfte bereits zusehends.
    »Nein«, murmelte er. Sein Fluch vollzog sich vor seinen Augen. Das Schwarz färbte sich zu Rot. »Nein«, sagte er noch einmal, mit erhobener Stimme. Das Rot verblasste. Die Handfläche war verheilt. Leben und Kraft durchfluteten ihn in verwirrender Freude. Er hatte nicht die Macht, seinen Zustand zu ändern. Das schreckliche Ding in seinem Blut begehrte das Leben. »Gott, nein«, keuchte John und presste die Faust auf seine schwer atmende Brust.
    Er musste einen Weg finden sich umzubringen. Nur so konnte er vermeiden, zum Ungeheuer zu werden. Beatrix hatte gesagt, dass es schwer sei, sich selbst umzubringen. Das verdammte Ding in seinem Blut würde es nicht zulassen. Nun, vielleicht würde er ihm keine Wahl lassen. Er musste es tun, bevor jenes wundervolle Gefühl, stark und voller Leben zu sein, ihn vollkommen verführte. Was hatte Beatrix gesagt? Enthauptung?
    Er lachte, und das Lachen wurde zu einem tierischen Laut, den er nicht mehr kontrollieren konnte. Tränen traten in seine Augen. Seine Seiten zitterten. Er musste sich gar nicht beeilen, nach England zu kommen. Die Franzosen waren Experten im Enthaupten.

Kapitel 20
    B eatrix ging zwischen dem Tour d’Argent und dem Tour de César hindurch, den Zwillingstürmen des berüchtigtsten Gebäudes Frankreichs. Die Gruppe der Vampire hatte die Seine-Brücke zur Conciergerie genommen, deren lang gestreckte gotische Fassade drohend in den Nachthimmel aufragte. Asharti war vorausgegangen, um die nötige Vorarbeit zu leisten, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die fünf zurückbleibenden Vampire Beatrix im Griff hatten. Sie gingen durch die Bogengänge des Wachraums aus dem vierzehnten Jahrhundert, der jetzt bis auf einen alten Mann mit einem großen Bund eiserner Schlüssel verlassen war. Gefangene wurden neuerdings in den Verliesen untergebracht. Die Gruppe ging zu den Zellen, die am Ende des ersten Stockes lagen; der alte Mann folgte ihnen schwankend.
    Beatrix kannte das Gebäude gut. Sie war von Hugo Capet fasziniert gewesen, der es als Palast erbaut hatte und der der Erste in der langen Reihe der Könige aus dem Geschlecht der Kapetinger gewesen war. Die Franzosen empfanden jetzt ehrfürchtigen Schrecken vor diesem Gebäude, weil es die letzte Station für die Opfer der Revolution gewesen war, zu denen so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Marie Antoinette und Robespierre selbst zählten. Sie hatten kaum gelitten im Vergleich zu François Ravaillac, der 1610 Heinrich IV. ermordet hatte. Seine Schreie schienen noch immer von den Mauern widerzuhallen.
    Vor einer der Zellen blieben sie stehen. Schwarze Gitterstäbe vom Boden bis zur Decke sorgten dafür, dass der Gefangene keinerlei Privatsphäre hatte. Der alte Mann machte sich am Schloss zu schaffen. Die Tür protestierte mit einem metallenen Quietschen, als sie aufgestoßen wurde. Einer von Ashartis Vampiren stieß Beatrix in die Zelle. Sie stolperte über das Stroh am Boden zu der Bank aus nacktem Stein.
    »Diese Zelle

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