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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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ihre Gesichtszüge waren fein geschnitten. Sie trug ein unförmiges, gestreiftes Gewand mit einer Kapuze, das sie vom Nacken bis zu den Fußgelenken einhüllte. Um die Taille war es mit einem Strick gegürtet. Sie war zögernd am Mauerbogen stehen geblieben, als erwartete sie etwas Schreckliches.
    »Komm, Kind«, ermutigte Stephan sie und streckte ihr die Hand entgegen. »Niemand wird dir etwas tun.«
    »Wer ist das?«, fragte Beatrix und richtete sich auf. »Ich habe keine Schwester.«
    Stephan streckte dem Neuankömmling noch immer die Hand entgegen. »Habe ich dich nicht jammern hören, dass es hier keine Mädchen in deinem Alter gibt?«
    Das Mädchen – sie sah einige wenige Jahre älter als Beatrix aus – kam langsam heran.
    Beatrix fühlte, wie ihr der Atem stockte. »Sie ist wie ich?«
    Stephan lächelte. »Ganz genau so wie du. Asharti kommt aus der Stadt der drei Religionen, aus Jerusalem. Sie wurde von einem der Kreuzritter geschaffen, der einer von uns war.«
    »Geschaffen! Du meinst, sie wurde als Mensch geboren, und einer von uns hat das Blut weitergegeben? Du hast gesagt, dass die Regeln das nicht erlauben! Und dass nur geborene Vampire leben dürfen«, protestierte Beatrix.
    Asharti schaute furchtsam zu Boden und dann unter ihren Wimpern hervor zu Stephan.
    »Es ist nicht erlaubt. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Ist das ein Grund, ihr nicht die gleiche Chance zum Leben zu geben, die ich dir gegeben habe?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern schüttelte den Kopf. »Du wirst sie willkommen heißen, Bea, weil das die einzige Haltung ist, die einer großzügigen Seele würdig ist. Ich werde euch beide unterrichten, und ihr werdet füreinander Trost und Unterstützung auf eurer Reise sein.«
    Beatrix’ Augen füllten sich mit Tränen. Sie war beschämt, dass Stephan sie gerügt hatte. Er griff nach der Hand des fremden Mädchens. Das arme Geschöpf war so unsicher, es zitterte förmlich. Jetzt griff er auch nach Beatrix’ Hand und legte die Hände der beiden jungen Frauen ineinander.
    »Ihr braucht beide eine Schwester«, sagte er mit jener wundervollen Stimme, die Beatrix zu lieben begonnen hatte. »Und eines Tages werdet ihr zusammen dafür sorgen, dass sie alle an die Zukunft unserer Art glauben, so wie ich es tue.«
    Stephans Gesicht mit den ausgeprägten Zügen und den ausdrucksvollen Augen glühte geradezu von innen heraus. Beatrix beschloss, dass sie nichts gegen eine Freundin hatte, gegen jemanden, der sie verstand. Aber noch wichtiger war es jetzt, dass sie Stephan nicht enttäuschte.
    Sie drückte die Hand des Mädchens. »Asharti. Das ist ein hübscher Name. Sprichst du Holländisch?«
    »Ich spreche besser Französisch«, sagte Asharti langsam. »Robert, der mich gemacht hat, hat es mir beigebracht.«
    » Je parle français, un peu. Stephan, kann ich Asharti auf meine Zimmer bringen? Das goldfarbene Kleid würde ihr sehr gut passen, und mir steht es überhaupt nicht zu Gesicht.«
    Stephan lächelte zufrieden. Beatrix errötete, als sie sah, dass er sich über sie freute. »Ich habe auf deinen großzügigen Geist gesetzt, Kätzchen. Ich habe die Diener angewiesen, für jede von euch ein Bad vorzubereiten.«
    Beatrix bedeckte die Augen und versuchte, die Bilder der Vergangenheit zurückzudrängen. Asharti. Wenn Beatrix in die Zukunft hätte sehen können … Aber damals hatte sie das Böse nicht erkannt. Nein, sie war froh gewesen, jemanden zu haben, der mit ihr zusammen von Stephan unterrichtet wurde. Asharti hatte rasch Fortschritte gemacht. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie jede Scheu verlor. Es schien, als hätte sie alle Angst abgelegt. Stattdessen war der Zorn zutage getreten, der beständig in Ashartis Herzen lauerte. Aus jetziger Sicht, Jahrhunderte später, glaubte Beatrix, dass der Zorn und die Angst miteinander verknüpft gewesen waren …
    Stephan klopfte mit einem dünnen Zeigestock auf Ashartis Finger, als sie nach einer Handvoll Walnusskerne griff. »Aufgepasst, alle beide! Ihr müsst die Geschichte eurer Art kennenlernen.«
    Asharti zog die Hand zurück und machte einen Schmollmund. »Wie langweilig! Was gehen mich Rubius und irgendein Kloster und ein Brunnen an?« Ihre Gereiztheit kündigte einen Wutanfall an.
    »Es geht dich etwas an, weil sie eines Tages deine Erlösung sein könnten. Rubius, der Älteste, und der Rat machen die Regeln, nach denen wir leben. Der Brunnen ist die Quelle des Gefährten. Und das Kloster Mirso ist die letzte Zuflucht für

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