Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
jede einzelne Ecke zu werfen.
»Ist das französischer Stil?«, fragte Sabine und fuhr mit der Hand über ein rundes Geländer. »Dieses ganze französische Zeug hier finde ich toll.« Ich warf einen Blick auf das Blatt in meiner Hand.
»Die Einflüsse aus der Gründungszeit von New Orleans könnten vermuten lassen, dass es sich um französisch oder spanisch inspirierte Elemente handelt, tatsächlich sind Architektur und Stil jedoch italienisiert«, erklärte Lance, der sich über die Gelegenheit freute, mit seinem Wissen zu glänzen.
»Ein früheres Wohnhaus, das der Stadt mit der Auflage geschenkt wurde, daraus eine Bibliothek zu machen«, las ich laut vor.
»Setz das noch mit auf die Liste, Hav. Hier würde ich auch gerne wohnen«, sagte Dante. Ich nickte, war aber durch die leisen, harten Worte abgelenkt, die hinter meinem Rücken ausgetauscht wurden. Ich warf einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass die Rothaarige – Emma – mit Jimmy stritt. Er wirkte nach heute Morgen immer noch ein wenig kopflos, und das konnte man ihm ja auch nicht verdenken. »… aber was hast du denn da bloß gemacht?«, fauchte sie. »Wo zum Teufel bist du die ganze Nacht gewesen?«
»Ich war auf der Party, und danach erinnere ich mich an nichts mehr.«
»Ich kann nicht fassen, dass du nicht einmal so viel Anstand hast, mir die Wahrheit zu erzählen. So sieht es also aus? So behandelst du mich nach einem Jahr?« Sie fluchte und schob sich dann an mir vorbei, eilte die Treppe hoch, um sich neben Connor einzureihen. Jimmy griff sich an die Stirn, als hätte ihn gerade eine furchtbare Migräne heimgesucht.
»Das ist sozusagen unser Hauptquartier«, verkündete Connor, als wir den ersten Stock erreichten. »Hier oben kümmert ihr euch um die Nachhilfestunden und das Sorgentelefon.«
Wir folgten ihm über den ausgetretenen Teppich bis zu einem Saal mit gerahmten Porträts von blassen Menschen aus der viktorianischen Zeit und einem halbmondförmigen Fenster, das einen Blick über das Anwesen bot. In der Mitte des Raumes stapelten sich Stühle und lange Klapptische, die man noch aufbauen musste. In der Ecke stand ein leeres Bücherregal mit Rädern. Connor händigte uns eine längere Checkliste aus und erklärte uns, dass wir hier jeden Nachmittag Kindern vom Grundschul- bis zum Highschoolalter bei den Schulaufgaben helfen würden. Ein paar Abende in der Woche würden wir auch eine Hotline für Teenager betreuen. Und tatsächlich standen hinten Schreibtische mit ziemlich altmodisch aussehenden Telefonen.
»Wie euch sicher nicht entgangen sein dürfte, ist heute ein Feiertag – sie haben extra für uns aufgemacht, damit wir alles vorbereiten können. Ihr hier drüben«, er deutete auf das Grüppchen, zu dem ich gehörte, »werft mal bitte einen Blick auf diese Liste und sucht von jedem Buch darauf ein Exemplar für unsere kleine Bibliothek hier oben raus. In der Zwischenzeit könnt ihr hier«, er deutete auf den Rest, »die Arbeitsplätze einrichten. Auf geht’s, Leute!« Er klatschte in die Hände, um uns zu signalisieren, dass wir jetzt loslegen konnten.
Außer Lance, Dante und Max gehörten noch zwei andere zu meiner Gruppe. Da war zunächst ein schwarz gekleidetes Gothic-Girl mit Nasenring. Sie hatte sich als River vorgestellt und mit einem Augenrollen »Ja, ich heiße wirklich so« hinzugefügt, obwohl niemand gefragt hatte. Das andere Mädchen hieß Drew, sie war ein erdverbundener Typ mit Schlaghose, einer ausgeblichenen türkisfarbenen Tunika und einer von diesen leicht gewellten, sonnenverwöhnten Mähnen, die ideal schienen, um Gänseblümchen hineinzuflechten.
»Also, Haven und ich übernehmen Naturwissenschaften, Mathe und Biographien«, schlug Lance vor. Die anderen teilten die verbleibenden Themen untereinander auf und kehrten auf der Suche nach Romanen und Kinderbüchern ins Erdgeschoss zurück. Auch ich war schon unterwegs in Richtung Treppe, Lance hielt mich aber am Arm zurück. »Naturwissenschaften und Mathe sind oben.« Er warf einen Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass die anderen auch weg waren. »Ich muss dir was erzählen.«
»Oookay«, sagte ich und folgte ihm.
Wir stiegen eine weitere Treppe hinauf und betraten dann einen muffigen, dunkel vertäfelten Raum, der durch die ganzen vergilbten Bücher darin ganz modrig roch.
»Also, was genau hast du da heute Morgen gesehen?«, fragte er ruhig, als wir auf der Suche nach den Titeln, die wir brauchten, zwischen turmhohen Regalen
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