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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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er durch den Flur davon und polierte seinen Apfel. Ich warf einen Blick in den Kühlschrank und suchte in den Schränken herum, weil ich hoffte, irgendetwas Essbares aufzustöbern, das meine malträtierte Seele ein wenig beruhigen würde. Ich entdeckte einzeln verpackte Oreo-Kekse, diese kleinen Päckchen, die Joan mir früher zu meinem Schulbrot gelegt hatte, und konnte der Versuchung nicht widerstehen.
    In diesem Moment ertönte ein Schrei, eine tiefe, männliche Stimme aus der Richtung des Eingangsbereichs. Dann wurden Flüche ausgestoßen, und Metall klapperte. Und danach ertönten hastige Schritte im Flur. Ich stürzte aus der Küche.
    »Hast du das auch gehört?«, fragte Connor. Ich nickte. »Bleib hier.« Er rannte durch den Spiegelsaal zur Haustür.
    Trotz seiner Anweisung lief ich hinterher. Draußen ging gerade erst die Sonne auf, und der Himmel verfärbte sich zu einem tiefen Indigoblau, als wir die Holztreppe zum Innenhof hinuntereilten und durch den von Lampen erhellten Torbogen hinaus zum verschlossenen Gartentor stürzten. Da stand einer der Typen aus unserem Haus, derjenige, den ich gestern mit dem Basketball gesehen hatte. Er umklammerte die Metallstreben und wollte zu uns rein.
    Connor verlangsamte seine Schritte, jetzt war er offenbar beruhigt. »Jimmy, Alter, was ist denn los? Was machst du bloß hier draußen?«
    »Du musst mich reinlassen. Mach das Tor auf, lass mich rein!« Er war völlig außer sich.
    »Was ist denn mit deinem Schlüssel? Wenn du den jetzt schon verloren hast, müssen wir ihn dir in Rechnung stellen«, mahnte Connor, drehte den Schlüssel im Schloss herum und zog das Tor auf. Ich hielt mich in den Schatten des Torbogens im Hintergrund.
    »Wähl den Notruf!«, knurrte Jimmy. Er stürmte durchs Tor herein, das er lautstark hinter sich zufallen ließ, und rannte direkt an uns vorbei.
    »Wovon redest du denn da?«, wollte Connor wissen.
    Jimmy verharrte einen Augenblick und rief dann vom Hof her zurück: »Da draußen liegt ein Toter. Eine verdammte Leiche!« Wir konnten hören, wie er die Treppe hinaufstolperte und die Tür hinter sich zuschlug. Wie vom Blitz getroffen standen Connor und ich im Lampenschein. Unser Betreuer seufzte und kratzte sich am Hinterkopf, als wolle er sich so auf das Schlimmste gefasst machen, dann sperrte er das Tor noch einmal auf. Schweigend trat er auf die Royal Street hinaus, und ich folgte ihm in ein paar Schritten Abstand.
    Als ich schließlich den Bürgersteig erreichte, kam er bereits mit versteinerter Miene wieder zurück. Mit strenger Stimme knurrte er: »Haven, geh wieder nach oben.«
    Zu spät. Mein Blick war bereits zu Boden gewandert, und unwillkürlich entfuhr mir ein Schrei. Ich schlug die Hand vor den Mund. Vor unserem Haus lag in einer Blutlache eine übel zugerichtete Leiche. Obwohl mir die Szene durch Mark und Bein ging, konnte ich den Blick nicht abwenden. Das Opfer sah aus wie ein Collegestudent, jemand, der vielleicht gestern Abend auf unserer Party gewesen war oder dem wir danach auf dem Heimweg durch die dicht gedrängten Straßen begegnet waren. Er trug Jeans, ein T-Shirt und die zerfetzten Überreste eines Kapuzenpullis. Das war vermutlich die dunkle Seite der Ausgelassenheit, Dinge, die geschahen, wenn Menschen die Kontrolle verloren. Noch schlief die Stadt, und unser stilles Viertel erweckte im immer helleren Morgenlicht überhaupt nicht den Eindruck, dass man hier mit Gewalt und Tod rechnen musste. Das gehörte einfach nicht hierher. Seit gestern Abend war der Asphalt der Royal Street gereinigt worden, und es waren keine Spuren der gestrigen Feier mehr zu sehen.
    Connor schob mich zum Haus, weg von der Szene. »Komm, wir gehen lieber wieder nach oben«, drängte er. Ich warf einen letzten Blick auf den Mann, und da sah ich etwas leuchten. Direkt neben dem ausgestreckten Arm klebte im Blut eine Art zarte, weiße Feder.
    »Okay, von jetzt an ist um Mitternacht Sperrstunde. Und ihr solltet wirklich nicht den Kopf verlieren. New Orleans ist eine tolle Stadt, aber groß und gefährlich«, erklärte Connor mit gerunzelter Stirn und einer Stimme, die ihn viel älter wirken ließ, als er eigentlich war. »Passt gut auf euch auf, Leute. Und falls ihr irgendetwas braucht – ich bin hier.«
    Das Treffen im Gemeinschaftsraum hatte ganz anders begonnen, als sich das alle vorgestellt hatten. Inzwischen waren alle angezogen und startklar für den Tag. Wir hockten auf Sofas, Stühlen und dem Boden und umklammerten mit ernstem

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