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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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überall Podeste und Gerüste.
    »Lance?«, rief ich.
    »Igitt, das fiese Vorher-Bild eines Imagewechsels«, bemerkte Dante, berührte eine Plane und schüttelte sich, als hätte sie ihn gebissen. Aus einem anderen Flügel hörte man Gehämmer und das Surren von Sägen.
    »Wir sind hier hinten!«, ertönte Lance’ Stimme über all dem Getöse. Neugierig machten sich Dante und Max auf den Weg in einen dunklen Flur. Ich wollte ihnen gerade folgen, als ein Flackern meine Aufmerksamkeit erregte.
    In der Eingangshalle stand ein Fenster auf, und auf dem Sims brannte eine Votivkerze. Sie erinnerte mich an die, die ich eben noch in der Grotte gesehen hatte. Ein Windstoß fuhr herein, und die Flamme wehrte sich, bäumte sich einmal auf, bevor sie schließlich erlosch. In dem Moment bemerkte ich, dass jemand etwas daruntergeschoben hatte: Unter der gläsernen Hülle schaute ein weißes Stück Papier hervor. Vielleicht auch ein Wunsch, lächelte ich innerlich. Wahrscheinlich war es nur ein Kassenbon vom Laden gegenüber oder eine Liste mit den nächsten Aufgaben der Bauunternehmer, aber ich konnte der Versuchung trotzdem nicht widerstehen. Ich zog ein präzise gefaltetes Blatt aus glattem elfenbeinweißem Papier hervor, das dick und schwer war wie Baumwolle. Und da entdeckte ich es auf dem Papier, wie ein Wasserzeichen: H.
    Mir blieb das Herz stehen, als wüsste es bereits etwas, das mein Gehirn noch nicht erfasst hatte. Ich musste mich am Fensterbrett anlehnen und faltete den Zettel auseinander. Da stand:
    Hallo Haven!
    Ich bin hier und habe ein Auge auf euch.
    Auf ewig,
    L
    Die Worte wirbelten in meinem Kopf herum. Sie versetzten mich in Angst, gleichzeitig aber auch in Aufregung. Diese Handschrift kannte ich. Einst hatte sie ein Kleid begleitet, ein Geschenk für mich zu unserem ersten und einzigen Date. Ja, ich wusste, wer dieser L war, ohne jeden Zweifel.
    Bei dieser Erkenntnis überlief es mich eiskalt, und trotzdem stand mir plötzlich der Schweiß auf der Stirn. Mir war viel wohler dabei, Lucian in Gedanken und Erinnerungen an meiner Seite zu haben als hier in meiner Welt. Immerhin hatte ich keine Ahnung, wer er jetzt war, wie ihn seine Buße in der Unterwelt womöglich verändert hatte. Ich wusste ja nicht einmal mehr, auf welcher Seite er nun stand. Es war genug Zeit verstrichen, um ihn all seiner guten Eigenschaften zu berauben, so dass jetzt vielleicht nur noch das Schlechte übrig blieb. Es gab einfach zu viele unbekannte Faktoren.
    Ich las die Nachricht noch einmal und zerknüllte sie dann, ohne noch einmal darüber nachzudenken, so als würde sie verschwinden, wenn ich sie nur fest genug umklammert hielt, ihr die Luft abschnürte. Als im Flur Stimmen erklangen, die langsam näher kamen, stopfte ich das Stück Papier in mein Portemonnaie. Dann erschienen Dante und Lance mit der ganzen Truppe.
    »Also bis morgen, John«, verabschiedete sich Brody von einem kräftigen Mann mit Schnurrbart und zu engem T-Shirt, der einen Werkzeuggürtel trug. Er schien hier der Verantwortliche zu sein.
    »Dann macht’s mal gut«, antwortete der Mann. Ihm klebten Sägespäne im Gesicht und auf den kräftigen, schweißverschmierten Armen.
    »Hey, du, hast du dich verlaufen?«, fragte Lance lachend. »Du solltest dir mal anschauen, wie es da hinten aussieht.«
    »Hi. Nein, tut mir leid, ich habe … versucht, Joan anzurufen.« Eigentlich wollte ich ihn nicht anlügen, aber ich war auch noch nicht dazu bereit, die Wahrheit zu erzählen. »Ich, äh … wie geht’s?«
    »Mein Gott, Hav, jetzt reiß dich mal zusammen. Du hast hier drinnen echt Schiss, was? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Ich fand einfach nicht die richtigen Worte. Doch das musste ich zum Glück auch nicht.
    Max versetzte ihm nämlich einen Stoß mit dem Ellbogen. »Du bist echt fies. Komm schon, Haven, mir geht’s genauso wie dir. Lass uns bloß hier verschwinden.« Er ging voraus, und wir folgten ihm. Bevor sich die Tür schloss, warf ich noch einen letzten Blick zurück, als könnte Lucian plötzlich auftauchen.

7
    Ich muss dir was sagen
    D ieser Zettel in meinem Portemonnaie hatte längst an mir zu nagen begonnen. Selbst mir war klar, dass ich mich merkwürdig benahm, zum Beispiel, als ich in der Straßenbahn abwesend aus dem Fenster schaute oder als ich mich aus der Unterhaltung mit Lance und Dante ausklinkte, während wir die malerischen Straßen zur Bibliothek entlangliefen.
    Sobald wir den Nachhilferaum erreichten, in dem sich bereits

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