Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
Tonfall ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass sie die Wahrheit sagte. Hinter all der Anspannung in ihrer Stimme lag jedoch noch etwas Sanfteres, das Bedürfnis, verstanden zu werden und ein Geheimnis mit jemandem zu teilen. Ich musste jetzt entscheiden, ob ich sie einweihte oder nicht. Also fragte ich: »Und wozu sind die Blätter gut?«
»Um uns zu schützen. Sie wehren Giftstoffe ab, damit sie im Körper keinen Schaden anrichten.«
»Woher weißt du das?«
»Ein Freund von mir musste auf die harte Tour lernen, was passieren kann, wenn man die nicht nimmt.«
Während ich überlegte, welche Fragen ich ihr noch stellen konnte, sah ich Lance herankommen. Er warf mir einen verwirrten Blick zu, auf den ich nur mit ausdruckslosem Starren antwortete. Also ging er wortlos an uns vorbei und verschwand wieder im Speisesaal. Sabine sprach weiter, bevor ich auf ihre Enthüllung reagieren konnte.
»Ich war mir nicht sicher, ob ich irgendwas sagen sollte«, erklärte sie und schüttelte mit flehentlichem Blick den Kopf. »Eigentlich wollte ich niemandem davon erzählen, aber … das ist wirklich hart.« Sie verstummte einen Moment, um ihre Gedanken zu sammeln. »Und als ich dann das Blatt in Lance’ Hand gesehen habe, da musste ich … es wenigstens versuchen.«
»Ich verstehe«, sagte ich. Und das tat ich wirklich. Jetzt strömten noch mehr Kellner an uns vorbei.
»Ich weiß, dass das nicht der beste Zeitpunkt ist, um so eine Bombe platzen zu lassen.« Sie rollte mit den Augen und musste beinahe lachen. Jetzt erinnerte sie mich wieder an das fröhliche, sorglose Mädchen, für das ich sie vorher gehalten hatte.
»Na ja, ich meine, wann ist je ein guter Zeitpunkt dafür?« Ich lächelte.
»Aber echt.« Sie schüttelte den Kopf. Jetzt kamen die Kellner mit leeren Tabletts wieder zurück.
»Ich hab das Gefühl, wir sollten lieber wieder reingehen«, gab ich zu bedenken, obwohl mir das gerade eigentlich ganz egal war. Ich wollte sie viel lieber in die Zange nehmen, ihr all die Fragen stellen, die mir jetzt unter den Nägeln brannten, und dann mit Lance und Dante darüber sprechen, um das alles irgendwie einsortieren zu können. Konnte ich daraus schließen, dass Sabine eine von uns war? Ein Engel in der Ausbildung? So musste es wohl sein, oder?
»Du hast Recht«, stimmte sie seufzend zu. »Aber später …?«
»Auf jeden Fall«, versprach ich. »Wir haben so einiges zu besprechen.«
Dann nickten wir uns zu, um einander stillschweigend zu signalisieren, dass wir jetzt in den Raum zurückkehren und uns für den Abend in die übliche Version von uns selbst verwandeln würden, bis wir endlich Zeit hatten, uns in Ruhe zu unterhalten.
»Ich habe dir einen Platz freigehalten«, erklärte ich und deutete auf den Tisch, als wir näher kamen. »Wir sitzen da hinten in der Mitte.« Meine Tasche und meine Serviette lagen auf zwei Stühlen zwischen Lance und Tom, der eigentlich immer so aussah, als wäre er auf dem Weg ins Fitness-Studio, heute Abend zur Feier des Tages aber mal Khakihosen trug. Sabine setzte sich neben Lance. Natürlich konnte sie nicht wissen, dass das mein Stuhl gewesen war, und ich wollte auf keinen Fall eine große Sache daraus machen, aber ich war schon enttäuscht. An jedem Platz standen ein Salat und eine kleine Schale Gumbo, außerdem waren auf dem Tisch verschiedene Platten mit Austern, einer Art Meeresfrüchte mit Mandelkruste und einem Hähnchengericht mit Soße verteilt.
Als mit einem Messer gegen ein Glas geklopft wurde, verstummten die wild durcheinanderfliegenden Unterhaltungen. Connor stand mit seinem colagefüllten Weinglas auf. »Hey, Leute! Ich hoffe, ihr hattet alle eine tolle erste Woche, auch wenn der Start hier ja nicht so gut war. Das wollte ich euch nur sagen.« Vor meinem inneren Auge erschienen Bilder des toten Mannes vom Neujahrsmorgen. Die hatte ich die ganze Woche über zu verdrängen versucht. »Wir sind wirklich froh, euch hierzuhaben, und deshalb möchte ich darauf anstoßen, dass jetzt ein paar tolle Monate vor uns liegen. Prost!« Am ganzen Tisch klirrten die Gläser, als wir links und rechts anstießen. Sabine wandte sich zu Lance um, prostete ihm zu und sagte dann etwas, das ihn zum Lachen brachte. »Und außerdem«, fuhr Connor fort, »hoffe ich, dass ihr die königliche Bedienung heute Abend genießt, da wir dieses Wochenende einen Ausflug machen.«
Am ganzen Tisch wurden jetzt erstaunte Ausrufe laut.
»Und unsere Unterkunft da ist recht bescheiden.«
»Wie jetzt,
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