Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
auf, fädelte den Anhänger auf und schloss sie dann wieder. »Den hab ich dir noch bei uns zuhause besorgt, was ihn eigentlich noch cooler macht, oder? Da sind die Dinger nämlich nicht so einfach zu finden.«
Insgeheim war ich ganz aufgeregt bei dem Gedanken, dass Lance sich die Zeit genommen hatte, für mich etwas Passendes zu suchen. Ich zog die Lilie vor meinen Flügelanhänger und schaute mir die beiden zusammen an.
»Das ist wirklich perfekt.«
»Wie du«, antwortete er mit einem Kuss.
Als ich auf dem Tagesprogramm für meinen Geburtstag »Tour im Superdome« entdeckt hatte, hatte ich mich darauf gefreut, auch wenn ich kein Sportfanatiker war. Aber wer würde diesem Bauwerk nicht gern einen Besuch abstatten? Wir würden eine riesige Kinderschar willkommen heißen, ein paar von den Saints-Spielern kennenlernen und dann eine Stadiontour mitmachen, bei der alles von der Umkleidekabine bis zur Ehrentribüne auf dem Programm stand. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass der Besuch für uns um vier Uhr morgens beginnen würde. Ein uniformierter Sicherheitsbeamter, der eine Mütze über den dunklen Haaren trug, hatte uns reingelassen und uns dabei nicht einmal angeschaut. Wortlos hatte er uns in die Arena geführt, uns dort stehen lassen und Connor zugenickt.
Und diese Aussicht hatte ich auch nicht erwartet.
»77 Meter«, informierte mich Lance mit einem Stöhnen. Seine muskulösen Arme würden jeden Moment nachgeben.
»Na ja, wenigstens sind wir nicht ganz oben.« Es war gar nicht so einfach, zu sprechen und mich gleichzeitig festzuhalten, weil meine Hände langsam abrutschten. »Wir sind vermutlich auf, na, so auf zwei Dritteln Höhe?«
Neben mir hing der Rest der Gruppe an dem Metallrohr unter der Anzeigetafel in der Mitte des Stadions.
»Was sind denn zwei Drittel von 77 Metern?«, wollte Dante wissen.
»Das wären 53,2 Meter«, antwortete Lance augenblicklich.
Sehnen und Knochen in meiner Hand waren derart verkrampft, ich klammerte mich mit einer Heftigkeit fest, die ich gar nicht von mir erwartet hätte, aber es fühlte sich trotzdem so an, als würden meine schwitzenden Handflächen langsam vom Metall abrutschen. Ich versuchte, wenigstens nicht nach unten zu gucken.
Die offizielle Führung, das Kinderhüten, der Spaß, das alles musste noch warten, hatte Connor uns informiert. Erst einmal mussten wir unsere Ängste überwinden.
»Na los! Ihr seht ja völlig panisch aus. Wer da runterwill, muss nun mal springen!«, ertönte seine Stimme über die Lautsprecher, und seine Kommandos hallten im leeren Stadion wider. »Also könnt ihr genauso gut loslassen. Wisst ihr, darum geht es doch.«
Aber die Vorstellung, dass uns nicht viel zustoßen konnte, wollte uns einfach nicht in den Kopf.
Brody fasste sich als Erster ein Herz und legte den ganzen Weg nach unten mit ohrenbetäubendem Gebrüll zurück. Dass sein Körper mit einem laut vernehmlichen BUMM aufkam, war nicht besonders ermutigend.
»Ich springe jetzt auch. Kommt jemand mit? Geburtstagskind?«, fragte Dante, dessen Kräfte langsam nachließen, mit brechender Stimme.
»Äh, ich ziehe es ganz stark in Erwägung«, sagte ich. Mir lief der Schweiß übers Gesicht.
»Ich auch«, meinte Lance.
»Ich bin dabei«, nickte Max.
Ohne jede Vorwarnung stieß nun Sabine einen Schrei aus und ließ los. Ich fand es unfassbar, dass sie auf dem Boot in den Sümpfen so hilflos gewesen war und sich jetzt so draufgängerisch zeigte. Also machte ich einfach mit und hörte mich aufkeuchen, als ich in die Tiefe sank. Dabei gefielen mir der Rausch des Moments und das Wirbeln sogar. Der Wind peitschte, meine Nerven und meine Haut waren zum Zerreißen gespannt.
Ich hatte eigentlich geplant, auf den Füßen aufzukommen, prallte aber so heftig auf, dass ich mehrere Meter weiterrollte. Endlich blieb ich keuchend und stolz auf dem Rücken liegen. Mir taten alle Knochen weh, aber ich hatte überlebt, obwohl das doch eigentlich gar nicht sein durfte. Das war auf jeden Fall eine wichtige Lektion.
13
Ich musste einfach kommen
A m nächsten Tag steckten Dante und ich die meiste Zeit im Gemeinschaftsgarten der Mid-City bis zu den Ellbogen in der Erde. Ein weniger anstrengender Tag war zur Abwechslung mal ganz schön. Bei den Kindern aus der nahen Grundschule hatte die Hälfte miterleben müssen, wie Katrina ihr Zuhause überflutet hatte, auch wenn man das angesichts der lächelnden Gesichter und des Enthusiasmus, mit dem sie im Dreck herumwühlten, nie gedacht hätte.
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