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Der Ruf des Kolibris

Der Ruf des Kolibris

Titel: Der Ruf des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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entführt worden.
    »Er sagt übrigens, dass die Deutsche längst ...« Elena stoppte, hielt sich den Mund zu und fing dann an zu lachen.
    »Dann habt ihr also doch darüber gesprochen!«
    »Jeder spricht über die deutsche Geisel, Jasmin. Das ist nichts Besonderes. John hat mir nur erzählt, dass die Regierung immer noch eine Befreiung plant, obwohl die erste im Februar schiefgegangen ist. Sie haben jetzt einen Spitzel bei der FARC eingeschmuggelt. Sie wissen genau, wo die Geisel ist. Aber das darfst du niemandem erzählen, Jasmin. Auch Damián nicht.«
    »Wieso Damián nicht? Du denkst doch nicht wirklich, dass er losrennt und die FARC warnt!«
    Elena schwieg verstockt. Dann wurde sie hektisch. »Ich muss los. Wir reden nachher weiter, in der Mittagspause.«
    Es war die letzte Stunde vor der Pause, in der die Klasse zu unterschiedlichen Wahlkursen auseinanderströmte. Elena hatte Theater belegt, ich Ethnologie. In der Mittagspause passte ich sie vor dem Theatersaal ab, schleppte sie im Galopp zur Essensausgabe und zog mich mit ihr an einen Zweiertisch in der Ecke bei den Klos zurück, damit unsere Clique uns nicht dazwischenkommen konnte.
    Elena erklärte mir lang und breit, was John Green ihr alles über Geiselnahmen erzählt hatte. »Den kleinen Guerillagruppen geht es nur ums Geld für Waffen und Sold und so. Aber bei der deutschen Lehrerin ist nichts zu holen. Deshalb hat die kleine Guerillagruppe sie vor einem Jahr oder so an die FARC verkauft. Das ist eher ein Nachteil, sagt John, denn bei der FARC geht es um Politik. Unsere Regierung verhandelt aber nicht mit der FARC. Die FARC kann Susanne Schuster noch jahrelang irgendwo versteckt halten, und zwar so lange, bis Deutschland die Nerven verliert und was zahlt. Die deutsche Regierung zahlt letztlich immer, heißt es.«
    »So.« Ich überlegte, wie ich Elena dazu brachte, mir zu verraten, was sie dem britischen Militärattaché über Damiáns Familie erzählt hatte. »Du hast doch deinem John sicher erzählt, dass Damián uns das Leben gerettet hat?«
    Elena zog die Brauen hoch. »Hat er das denn wirklich?«
    »Spinnst du? Natürlich hat er. Zum Beispiel hat er verhindert, dass es in Yat Wala eine Schießerei zwischen euren Bodyguards und Tanos Truppe gab.«
    »Falls es wirklich so war.«
    »Wie denn sonst?«
    »Nun ja.« Elenas Augen glitzerten schlau. »Es könnte doch auch alles Show gewesen sein. Damit wir glauben, wir würden ihm unsere Rettung verdanken.«
    »Schwachsinn! Wozu sollte das gut sein?«
    »Mein Vater hat viel Geld an diese Organisation gespendet, diesen Indianerrat. Vielleicht hofften sie auf mehr. Ein Mann wie mein Vater kann ihnen lebend und in Freiheit mehr nützen als als Geisel, verstehst du?«
    »Ich hätte deinen Vater wirklich für dankbarer gehalten. Aber anscheinend ist er auch nur einer von diesen ...«
    »Vorsicht!« Elenas Augen blitzten. »Sag jetzt nichts Falsches, ja! Du sprichst von meinem Papa! Verstehst du?«
    Ich verstand plötzlich. So sah die Dankbarkeit des Gran Guaquero aus. Er leugnete, dass er sich in Gefahr befunden hatte, er erklärte die Handlungen seines Retters zur großen Show. So befreite er sich aus seinen Verpflichtungen beispielsweise der Sache der Indígenas vom Cauca gegenüber und kehrte in sein altes Leben zurück, in dem er der König der Smaragde war und Elena sein Prinzesschen. Ich spürte, wie die kalte Wut in mir hochstieg.
    »Ja, ich verstehe, Elena!«, sagte ich. »Ihr seid euch alle einig, dass Damián ein Verbrecher ist, der nur an seinen Vorteil denkt. Die Indios sind alle Diebe, nicht wahr? Und wenn ihr ihm jetzt noch eine Geiselnahme anhängen könnt, müsst ihr ihm nicht mehr dankbar sein, dann gilt alles nichts mehr, was er für uns getan hat.«
    »Wir haben ja auch was für ihn getan!«, warf Elena ein. »Wir haben seine Schwester mitgenommen. Dein Vater hat sie gesund gemacht.«
    »Ah so. Dann schuldet ihr Damián nichts mehr, meinst du? Wunderbar. Und vielleicht erschießt ihn ja jetzt das Militär, dann kann dein Vater sich die Killer sparen, die ihn eines Tages ermorden müssten, wenn er als Politiker zu unbequem wird.«
    Elena war kurz sprachlos. »Wie ...«, stotterte sie, »wie kommst du dazu, meinem Vater so etwas zu unterstellen?«
    »Bist du wirklich so naiv, Elena?«, legte ich in meinem blinden Zorn nach. »Glaubst du wirklich, dein Vater hätte nicht den einen oder anderen Menschen auf dem Gewissen? Er ist Minenbesitzer! Einer wie er hat viele Feinde! Und er hat viele

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