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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Doch statt ihn nun endlich mit Wasser aus dem Tümpel zu säubern, wie Emma es erwartet hätte, fing Gunur an, den Säugling von oben bis unten mit einem Gemisch aus Sand und kalter Asche einzureiben.
    Prompt begann der Kleine jämmerlich zu schreien.
    Als Purlimil die Stimme ihres Sohnes hörte, lächelte sie glücklich. Doch schon überrollte sie eine weitere Wehe und kündigte das zweite Baby an.
    Das Baby, das dem Tode geweiht war.
    Sofort richtete sich Emmas gesamte Aufmerksamkeit auf Purlimil, und als nur Minuten später das Köpfchen zwischen Purlimils Beinen sichtbar wurde, war Emma angespannt bis in die Fingerspitzen. Jetzt war es also so weit. Jetzt würde Emma der Freundin und ihrem Baby helfen, egal, was Gunur und Nowalingu dazu sagten. Es musste so sein, es war richtig; es war die einzige Entscheidung, mit der Emma reinen Gewissens würde leben können.
    »Ich verspreche es dir, Purlimil«, flüsterte sie heiser, während Purlimil mit verzerrtem Gesicht presste. »Verlass dich auf mich.«
    Purlimil schrie. Mit einem letzten Pressen schob sie ein kleines, zerknautschtes Mädchen auf die Welt, direkt in Emmas zitternde Hände hinein.
    Ergriffen schaute Emma auf das Baby herab. Es war nass, blutverschmiert und warm, und es erschien ihr ungeheuer zerbrechlich.
    Da Gunur noch mit dem Erstgeborenen beschäftigt war, trat Nowalingu hinzu und biss, ohne zu zögern, die Nabelschnur durch. Danach griff sie nach dem Baby, doch Emma schüttelte heftig den Kopf und umschloss das winzige Mädchen schützend mit ihren Armen. Sie drehte sich halb von Nowalingu weg, die ratlos die Arme sinken ließ. Mit Widerstand hatte sie wohl nicht gerechnet.
    Das Baby schaute zu Emma hoch, und die Zeit blieb stehen. Sein Blick war verwundert, als fragte es sich, ob es hier wohl richtig sei. Emma musste lachen, gleichzeitig schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie senkte den Kopf und rieb zärtlich ihre Nase am nassen Haar des Babys. Tief sog sie den süßen und zugleich säuerlichen Duft ein.
    Er war so unverwechselbar wie das Baby selbst.
    Emma trank seinen Duft, spürte die seidenzarte Haut unter ihren vorsichtig streichelnden Händen und wusste, dass es kein Zurück gab. Niemand auf der Welt würde diesem Baby etwas antun, solange sie, Emma, da war, um es zu beschützen.
    »Emma!« Purlimils Stimme klang trotz ihrer Erschöpfung dringlich, und als Emma langsam aus ihrer Versunkenheit auftauchte und die Freundin ansah, erkannte sie die tiefe Sorge in Purlimils Blick.
    Emma wischte sich die Tränen von den Wangen. »Wenn du es stillst, kann das Baby bei mir leben. Ich werde für die Kleine sorgen, als sei sie mein eigenes Kind. Das verspreche ich dir. Sie muss nicht sterben, Purlimil.«
    Nowalingu stieß bei diesen Worten einen erschrockenen Schrei aus. Sie starrte Emma mit großen Augen an, hob flehend die Hände, ließ sie wieder sinken. Fast sah sie aus, als ringe sie mit der Frage, ob sie Emma das Baby nicht einfach entreißen solle.
    Emma schüttelte warnend den Kopf; am liebsten hätte sie geknurrt. Während sie Nowalingu mit finsteren Blicken auf Abstand hielt, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel, dass es nicht zu einem Kampf kommen würde. Emma hatte noch nie gekämpft, mit wem auch immer; für dieses Baby aber, das wusste sie ohne den leisesten Zweifel, würde sie es mit jeder und jedem aufnehmen.
    Nowalingu gab auf, zuckte mit den Schultern und ließ sich auf den Boden fallen.
    Das Baby begann zu schreien. Emma warf Nowalingu noch einen abschreckenden Blick zu, dann beschloss sie, dass sie es wagen konnte, ihre Aufmerksamkeit dem Baby zuzuwenden. Sie betrachtete das kleine, rundliche Gesicht, die winzige, vollkommen geformte Nase. Die zusammengekniffenen Augen. Das zarte Mündchen, aus dem so erstaunlich laute Töne kamen – denn das Baby schrie jetzt aus Leibeskräften.
    »Es hat eine gute Lunge«, sagte Emma ergriffen.
    »Und es hat Hunger«, flüsterte Purlimil. »Du musst es über den Rauch halten und mit Sand und Asche einreiben, Emma. Das reinigt es an Körper und Seele und hält die bösen Geister fern. Danach lass es mich anlegen, es braucht seine erste Milch.«
    »Jetzt schon?«, fragte Emma erstaunt. »Ich dachte, nach der Geburt muss die Mutter erst einmal schlafen. Das Kind bekommt solange … äh …«
    Jäh in die praktischen Niederungen des Alltags zurückgeworfen durchforstete sie ihr Gehirn nach dem Wenigen, was ihr über Säuglingspflege bekannt war.
    »Zuckerwasser!«, fiel es ihr ein. Vor

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