Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
ersten Mal unaufgefordert eine Information: »Wir haben im Auto immer Deeby Macc gehört. Ich, Kieran und Lula.« Und sie begann zu rappen:
No hydroquinone, black to the backbone
Takin’ Deeby lightly, better buy an early tombstone,
I’m drivin’ my Ferrari – fuck Johari – got my head on straight,
Nothin’ talks like money talks – I’m shoutin’ at ya, Mister Jake.
Sie sah ihn stolz an, so als hätte sie ihn damit ein für alle Mal an seinen Platz verwiesen und als gäbe es darauf keine Erwiderung.
»Das ist aus ›Hydroquinone‹«, belehrte sie ihn. »Auf Jake On My Jack .«
»Was ist Hydroquinone?«, hakte Strike nach.
»’n Hautaufheller. Wir hab’n immer die Fenster runtergelass’n und gerappt«, erzählte Rochelle. Ein warmes, nostalgisches Lächeln ließ ihr unattraktives Gesicht aufleuchten.
»Also hat sich Lula darauf gefreut, Deeby Macc kennenzulernen, richtig?«
»Klar doch«, sagte Rochelle. »Sie hat gewusst, dass er sie gut leiden kann, und das hat ihr voll gefallen. Kieran war auch total aufgeregt, er wollt unbedingt, dass Lula ihn mit Deeby bekannt macht. Er wollt ihn unbedingt treffen.«
Ihr Lächeln erlosch; freudlos zupfte sie an ihrem Hamburger herum und sagte dann: »War das jetz’ alles? Ich muss nämlich los.«
Sie begann, den Rest ihres Mahls hinunterzuschlingen und sich Essen in den Mund zu stopfen.
»Lula war bestimmt oft mit Ihnen unterwegs …«
»Klar doch«, sagte Rochelle mit vollem Mund.
»Waren Sie auch mit ihr im Uzi?«
»Klar. Ein Mal.«
Sie schluckte und begann dann zu erzählen, wo überallhin Lula sie in der Anfangsphase ihrer Freundschaft mitgenommen hatte, und ihre Schilderungen klangen (obwohl Rochelle angestrengt den Eindruck zu vermeiden versuchte, sie habe sich vom Lebensstil einer Multimillionärin blenden lassen) durchwegs wie ein Märchen. Einmal in der Woche hatte Lula sie aus der freudlosen Welt des Wohnheims und der Gruppentherapie entführt und war mit ihr in einen Wirbel teurer Vergnügungen eingetaucht. Strike entging nicht, wie wenig Rochelle ihm dabei über den Menschen Lula erzählte und wie viel über Lula, die Besitzerin magischer Plastikkarten, mit denen man Handtaschen, Jacken und Schmuck erstehen oder Kieran herbeirufen konnte, der regelmäßig aus dem Nichts erschien wie ein Flaschengeist, um Rochelle aus ihrem Wohnheim zu erretten. Liebevoll und ausführlichst beschrieb sie die Geschenke, die Lula ihr gemacht hatte, die Läden, in die Lula sie mitgenommen hatte, die Restaurants und Bars, die sie gemeinsam besucht hatten und in denen lauter Prominente verkehrten. Allerdings hatte scheinbar keiner davon auch nur den geringsten Eindruck auf Rochelle gemacht; denn sie versah jeden von ihnen mit einem abfälligen Kommentar: »So ein blöder Sack … Die ist nur noch Plastik … So toll sind die auch wieder nicht.«
»Haben Sie auch Evan Duffield kennengelernt?«, wollte Strike wissen.
»Den!« Die Antwort triefte vor Verachtung. »Was für ’n Arsch!«
»Wirklich?«
»Oh Mann! Fragen Sie Kieran!«
Bei ihr klang es so, als hätten sie und Kieran vereint als einzige geistig Normale leidenschaftslos all den Idioten zugesehen, die Lulas Welt bevölkerten.
»Wieso war er ein Arsch?«
»Er hat sie voll scheiße behandelt.«
»Inwiefern?«
»Geschichten über sie verkauft.« Rochelle griff nach den Pommes. »Einmal hat sie uns alle auf die Probe gestellt. Sie hat jedem von uns ’ne andre Geschichte erzählt, weil sie sehen wollt, was davon in der Zeitung landet. Ich hab als Allereinzigste die Klappe gehalten, alle andern haben gequatscht.«
»Wen hat sie alles auf die Probe gestellt?«
»Ciara Porter. Duffield auch. Diesen Guy Summy.« Rochelle sprach den Vornamen so aus, dass er sich auf Hai reimte. »Aber der war’s nicht, hat sie behauptet; er hätt nix weitererzählt. Sie hat ihn total in Schutz genomm’n. Dabei hat er sie genauso ausgenutzt wie die andern.«
»Wie denn?«
»Er hat nich’ gewollt, dass sie für jemand anders arbeitet. Er wollt, dass sie nur für seine Firma arbeitet, damit er die ganze Publicity kriegt.«
»Und nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie Ihnen vertrauen konnte …«
»Genau, da hat sie mir das Handy gekauft.« Sie zögerte eine Sekunde. »Damit sie mich immer anrufen konnte, wann immer sie wollte.«
Unversehens wischte sie das rosa glitzernde Nokia vom Tisch und verstaute es tief in der Tasche ihrer unförmigen magentafarbenen Jacke.
»Ich nehme an, Sie müssen die Gebühren
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