Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
Vom Netzwerk:
sich dann aber dagegen und versuchte stattdessen, von ihrem brühend heißen Kaffee zu trinken.
    »Also, wie is das? Ihr Bruder will beweisen, dass sie sich gar nich’ selbs’ umgebracht hat? Dass einer sie aus ’m Fenster geschubst hat oder so?«
    »Er hält das für möglich.«
    Allem Anschein nach versuchte sie, sich über irgendetwas klar zu werden, irgendetwas zu durchdenken.
    »Ich muss nich’ mit Ihn’ reden. Sie sind nich’ die echte Polizei.«
    »Ja, das stimmt. Aber würden Sie nicht auch gern wissen, was …«
    »Sie is gesprungen«, verkündete Rochelle Onifade bestimmt.
    »Wieso sind Sie sich da so sicher?«, fragte Strike.
    »Weil ich’s einfach weiß.«
    »Anscheinend hat außer Ihnen so gut wie niemand damit gerechnet, dass sie so etwas tun könnte.«
    »Mann, sie hatte Depression! Sie musste Medikamente nehm’! Genau wie ich. Manchmal überkommt’s dich da einfach. Und dann kanns’ du noch so viel von dem Zeug einwerfen, da wirkt das nichts.«
    Im ersten Moment verstand Strike: Da wirkt das Nichts . Er hatte schlecht geschlafen. Das Nichts war der Ort, an dem Lula Landry jetzt war, an dem sie alle, er und Rochelle eingeschlossen, irgendwann landen würden. Manchmal ging das Sein ganz allmählich ins Nichts über, so wie bei Bristows Mutter … aber manchmal sprang dich das Nichts völlig unvorhergesehen an, zum Beispiel in Form von Asphalt, der deinen Schädel zerschmetterte.
    Er war überzeugt, dass sie keinen Ton mehr von sich geben oder sogar gehen würde, wenn er jetzt sein Notizbuch zückte. Darum fragte er sie weiter möglichst unauffällig aus und erkundigte sich dabei ganz beiläufig, wie sie in die Klinik gekommen war und wie sie Lula kennengelernt hatte.
    Anfangs antwortete sie extrem misstrauisch und einsilbig, aber langsam, ganz allmählich wurde sie mitteilungsfreudiger. Ihr Leben war eine einzige Tragödie. Misshandlungen in frühester Kindheit, Pflegefamilien, eine schwere psychische Krankheit, Jugendheime und gewalttätige Wutausbrüche hatten sie schon mit sechzehn in die Obdachlosigkeit geführt. Erst der Umstand, dass sie von einem Auto angefahren wurde, trug mittelbar dazu bei, dass ihre Krankheit erkannt und behandelt werden konnte. Weil ihr bizarres Verhalten die Versorgung ihrer Verletzungen unmöglich machte, wurde sie zwangsweise eingeliefert, und ein Psychiater wurde hinzugezogen. Inzwischen bekam sie Medikamente, die, sofern Rochelle sie nahm, ihre Symptome deutlich linderten. Dass die Tagesklinik, in der sie Lula Landry kennengelernt hatte, für Rochelle allem Anschein nach zum Highlight der Woche geworden war, fand Strike ebenso bemitleidenswert wie anrührend. Sie sprach voller Zuneigung von dem jungen Psychiater, der die Gruppe leitete.
    »Und dort haben Sie Lula kennengelernt?«
    »Hat ihr Bruder das nich’ erzählt?«
    »Nicht in allen Einzelheiten.«
    »Also, sie is in unsre Gruppe gekomm’. Weil sie überwiesen worden is.«
    »Und Sie sind miteinander ins Gespräch gekommen?«
    »Genau.«
    »Und Freundinnen geworden?«
    »Genau.«
    »Haben Sie sie auch mal zu Hause besucht? Zum Beispiel, um in ihrem Pool schwimmen zu gehen?«
    »Was dageg’n?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich frage nur.«
    Sie taute ein wenig auf.
    »Ich schwimm nich’ gern. Ich mag kein Wasser ins Gesicht krieg’n. Ich war nur im Whirlpool. Und wir sind shoppen gegang’n und so.«
    »Hat sie je mit Ihnen über ihre Nachbarn gesprochen? Über die anderen Menschen in ihrem Haus?«
    »Diese Bestiguis? Ein paarmal. Konnt sie nich’ leiden. Die Frau is ’ne blöde Fotze«, erklärte Rochelle unvermutet wütend.
    »Wieso das?«
    »Kennen Sie sie? Sie hat mich immer angeschaut, als wär ich Dreck.«
    »Was hielt Lula von ihr?«
    »Sie hat sie auch nich’ leiden können und ihren Mann erst recht nich’. Der is voll eklig.«
    »Inwiefern?«
    »Eben so«, erklärte Rochelle ungeduldig und fuhr, als Strike nicht reagierte, fort: »Der wollt immer, dass sie zu ihm runterkommt, wenn seine Frau mal weg war.«
    »Und war Lula jemals bei ihm?«
    »Scheiße, nein!«, beteuerte Rochelle.
    »Sie und Lula haben vermutlich über vieles gesprochen, nicht wahr?«
    »Klar, am Anf… Genau.«
    Sie sah aus dem Fenster. Ein unvorhergesehener Schauer hatte die Passanten überrascht. Durchsichtige Ellipsen sprenkelten die Scheibe.
    »Am Anfang?«, hakte Strike nach. »Später haben Sie sich nicht mehr so oft unterhalten?«
    »Ich muss los«, verkündete Rochelle großspurig. »Ich hab noch was zu

Weitere Kostenlose Bücher