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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Uhr. »Ich habe Ihre Zeit lange genug beansprucht. Vielen Dank noch mal.«
    Während Somé Strike die Wendeltreppe hinab- und durch den weißen Flur führte, fiel er allmählich wieder in seine schwingende Gangart zurück. Als sie sich in dem kühlen Eingangsbereich die Hand gaben, war die gerade eben noch zur Schau gestellte Emotionalität wie weggeblasen.
    »Sie sollten ein paar Kilo abnehmen«, gestattete sich Somé eine letzte spitze Bemerkung. »Dann schicke ich Ihnen ein paar Sachen in XXL .«
    Sobald sich die Lagerhaustür hinter Strike geschlossen hatte, hörte er, wie Somé der Frau mit den tomatenroten Haaren zurief: »Ich weiß genau, was du denkst, Trudie. Du stellst dir vor, wie er dich hart von hinten nimmt, oder? Stimmt doch, Schätzchen. Der große böse Soldat!« Die schockierte Trudie quiekte vor Lachen.

2
    Dass Charlotte Strikes Schweigen einfach so hinnahm, war bisher noch nicht vorgekommen. Sie hatte nicht mehr angerufen und auch keine SMS geschickt; offenbar wollte sie weiter den Anschein aufrechterhalten, dass ihr letzter, ebenso schmutziger wie explosiver Streit sie unwiderruflich verändert, von dem Joch ihrer Liebe befreit und von ihrem Zorn gereinigt hätte. Strike dagegen kannte Charlotte so gut wie einen Krankheitserreger, der seit fünfzehn Jahren in seinem Blut schlummerte; er wusste, dass die alleinige Antwort auf ihren Schmerz darin bestehen würde, denjenigen, der ihn ihr zugefügt hatte, so tief wie möglich zu treffen – koste es, was es wolle. Was würde geschehen, wenn er ihr jetzt und auch später seine Aufmerksamkeit verweigerte? Dies war die einzige Strategie, die er noch nie ausprobiert hatte; die einzige, die ihm noch geblieben war.
    Gelegentlich drohte Strikes Widerstand zu bröckeln (üblicherweise spätnachts und allein auf seiner Campingliege), und die Krankheit brach erneut aus; Bedauern und Sehnsucht erreichten ihren Höhepunkt, er sah sie vor sich, schön, nackt, wie sie Worte der Liebe hauchte; oder leise weinte, wenn sie ihm gestand, wie verdorben, kaputt und unmöglich sie sei und dass es nichts Besseres und Aufrichtigeres als ihn in ihrem Leben gebe. Stellte das Wissen, dass ihn nur ein paar gedrückte Tasten davon trennten, mit ihr zu sprechen, eine zu große Versuchung dar, schlüpfte er aus dem Schlafsack, hüpfte in der Dunkelheit zu Robins verlassenem Schreibtisch, schaltete die Lampe ein und brütete – oft stundenlang – über der Akte. Ein oder zwei Mal versuchte er es in den frühen Morgenstunden auf Rochelle Onifades Handy, doch sie antwortete nicht.
    Am Donnerstagvormittag wartete Strike drei Stunden lang an der Mauer vor St. Thomas in der Hoffnung, Rochelle wiederzusehen. Sie tauchte nicht auf. Er ließ Robin das Krankenhaus anrufen. Doch diesmal blieb Rochelles Abwesenheit unkommentiert, und alle Versuche, ihre Adresse herauszufinden, scheiterten.
    Am Freitagvormittag, als Strike von einer kurzen Exkursion zum nächsten Starbucks ins Büro zurückkehrte, fand er Spanner dort vor – allerdings nicht auf dem Sofa, sondern auf Robins Schreibtisch. Er hatte sich mit einer unangezündeten Selbstgedrehten im Mund zu ihr vorgebeugt und ließ mehr Charme sprühen, als Strike jemals bei ihm erlebt hatte. Robin jedenfalls lachte in der leicht widerwilligen Art einer Frau, die zwar bestens unterhalten wurde, aber trotzdem deutlich machen wollte, dass sie in festen Händen war.
    »Morgen, Spanner«, sagte Strike. Sein leicht bedrohlicher Tonfall konnte gegen die überdeutliche Körpersprache und das breite Grinsen des Computerspezialisten nichts ausrichten.
    »Alles klar, Fed? Ich bring dir deinen Dell zurück.«
    »Na prima. Ein doppelter entkoffeinierter Latte«, sagte Strike zu Robin und stellte den Becher neben ihr ab. »Lassen Sie mal«, fügte er hinzu, als sie nach ihrer Geldbörse griff.
    Ihr Prinzip, selbst kleinste Schuldigkeiten umgehend zu begleichen, war geradezu rührend. Nur weil sie nicht allein waren, legte Robin keinen Protest ein, sondern bedankte sich, drehte sich auf dem Bürostuhl im Uhrzeigersinn von den beiden Männern weg und machte sich wieder an die Arbeit.
    Das Auflodern eines Streichholzes lenkte Strikes Aufmerksamkeit von seinem doppelten Espresso zu seinem Besucher.
    »Das ist ein Nichtraucherbüro, Spanner.«
    »Was? Du rauchst doch selbst wie ein Schlot.«
    »Aber nicht hier. Komm mit!«
    Strike führte Spanner in sein Büro und schloss die Zwischentür hinter sich.
    »Sie ist verlobt«, sagte er und nahm auf seinem Stuhl

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