Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
Platz.
»Zeitverschwendung, meinst du? Na ja. Leg ein gutes Wort für mich ein, wenn sie es sich anders überlegt. Sie ist genau mein Typ.«
»Aber du nicht ihrer.«
Spanner grinste wissend.
»Du hast sie also auch schon im Visier, ja?«
»Nein«, sagte Strike. »Außerdem weiß ich, dass ihr Verlobter Bilanzbuchhalter ist und Rugby spielt. Ein properer, durchtrainierter Bursche aus Yorkshire.«
Obwohl er Matthew noch nicht einmal von einem Foto her kannte, hatte Strike ihn überraschend deutlich vor Augen.
»Man kann nie wissen. Vielleicht hat sie ja mal Lust auf was Extravaganteres«, sagte Spanner, legte Lula Landrys Laptop schwungvoll auf dem Schreibtisch ab und setzte sich Strike gegenüber. Er trug ein zerschlissenes Sweatshirt und Jesuslatschen ohne Socken; es war der bis dato wärmste Tag des Jahres. »Ich hab mir den Schrott hier genau angesehen. Wie viele technische Details verträgst du?«
»Gar keine; mich interessiert nur, ob du das Ganze vor Gericht erklären könntest.«
Jetzt schien Spanner zum ersten Mal wirklich interessiert an der Sache.
»Ist das dein Ernst?«
»Mein voller Ernst. Könntest du die Verteidigung zweifelsfrei davon überzeugen, dass du dich mit der Materie auskennst?«
»Aber sicher.«
»Dann erzähl mir nur das Wichtigste.«
Spanner zögerte einen Augenblick und versuchte, Strikes Miene zu deuten.
»Das Passwort lautet Agyeman«, sagte er schließlich. »Es wurde fünf Tage vor ihrem Tod geändert.«
»Kannst du mir das buchstabieren?«
Spanner tat wie geheißen. »Das ist ein Nachname«, fügte er zu Strikes Überraschung hinzu. »Aus Ghana. Unter ihren Bookmarks war die Homepage der SOAS – der School of Oriental and African Studies – gespeichert. Da hab ich ihn gefunden. Schau mal!«
Noch während er sprach, tippten Spanners geschickte Finger auf den Tasten herum, und er rief die Homepage des auf kulturvergleichende Studien spezialisierten Colleges auf, von der man auf weiterführende Links zu den verschiedenen Fachbereichen, den neuesten Meldungen, dem Lehrkörper, den Studenten, der Bibliothek und so weiter klicken konnte.
»Zum Zeitpunkt ihres Todes sah die Homepage allerdings so aus.«
Nach ein paar weiteren Klicks erschien eine fast identische Website auf dem Bildschirm – die jedoch, wie der rasant über den Bildschirm huschende Mauszeiger bald ans Licht brachte, einen zusätzlichen Link zu der Todesanzeige eines emeritierten Professors für Afrikanische Politik namens J. P. Agyeman beinhaltete.
»Sie hat diese Version der Website abgespeichert«, erläuterte Spanner. »Und der Browser-Verlauf zeigt an, dass sie in dem Monat vor ihrem Tod Amazon nach Büchern des Professors durchforstet hat. Sie hat sich damals jede Menge Titel über afrikanische Geschichte und Politik angesehen.«
»Gibt es Hinweise darauf, dass sie sich bei der SOAS einschreiben wollte?«
»Nicht auf diesem Rechner.«
»Sonst noch was Interessantes?«
»Vielleicht. Am siebzehnten März wurde ein ziemlich großer Bildordner gelöscht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Da gibt’s Software, mit der man das Zeug wiederherstellen kann, von dem die Leute glauben, es von ihrer Festplatte gelöscht zu haben«, sagte Spanner. »Was meinst du denn, wie sie diese Pädophilen drankriegen?«
»Hast du die Datei wiederhergestellt?«
»Ja. Ist hier drauf.« Er reichte Strike einen Memorystick. »Ich nehm doch an, dass ich sie nicht auf den Rechner zurückkopieren sollte.«
»Nein. Und diese Fotos wurden …«
»Einfach nur gelöscht. Wie gesagt, der gewöhnliche User weiß nicht, dass er sich schon mehr Mühe geben muss, als einfach nur auf Löschen zu drücken, wenn er was verschwinden lassen will.«
»Siebzehnter März«, sagte Strike.
»Genau. St. Patrick’s Day.«
»Zehn Wochen nach ihrem Tod.«
»Könnten die Bullen gewesen sein«, schlug Spanner vor.
»Das war nicht die Polizei«, sagte Strike.
Nachdem Spanner gegangen war, eilte er ins Vorzimmer und scheuchte Robin von ihrem Platz, damit er sich die Fotos ansehen konnte, die von dem Laptop gelöscht worden waren. Er spürte Robins wachsende Aufregung, als er von Spanners Entdeckungen berichtete und den Ordner auf dem Memorystick öffnete.
Für den Bruchteil einer Sekunde – bevor das erste Bild auf dem Bildschirm erschien – überfiel Robin die Angst, etwas Grässliches zu Gesicht zu bekommen, etwas durch und durch Kriminelles oder Perverses. Die Rekonstruktion von Computerdaten kannte sie bisher nur im Zusammenhang
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