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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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ausrüstete und ihm erlaubte, unter dem Tarnmantel glanzvoller Anonymität tätig zu werden.
    Die Realität war ein kleiner Vernehmungsraum mit einem Becher Automatenkaffee von Wardle, dessen Einstellung Strike gegenüber nichts von der Feindseligkeit enthielt, die Carver aus allen Poren quoll; trotzdem hatte sich alle frühere Freundlichkeit verflüchtigt. Strike vermutete, dass Wardles Vorgesetzter das ganze Ausmaß ihrer Zusammenarbeit nicht kannte.
    Auf einem kleinen schwarzen Tablett auf der verkratzten Tischplatte lagen siebzehn Pence in Münzen, ein einzelner Sicherheitsschlüssel und der in Plastik gehüllte Fahrschein; Strikes Visitenkarte war zerknickt und verfärbt, aber noch gut lesbar.
    »Was ist mit ihrer Handtasche?«, fragte Strike Carver, der ihm am Tisch gegenübersaß, während Wardle an einem Aktenschrank lehnte. »Grau. Billiges Kunstleder. Die ist nicht aufgetaucht, was?«
    »Wahrscheinlich hat sie die in ihrem Wohnheim zurückgelassen oder wo zum Teufel sie sonst gelebt hat«, sagte Carver. »Selbstmörder packen im Allgemeinen keine Tasche, bevor sie springen.«
    »Ich glaube nicht, dass sie gesprungen ist.«
    »Ach, tatsächlich nicht?«
    »Ich wollte ihre Hände sehen. Sie hat Wasser im Gesicht gehasst, das hat sie mir selbst erzählt. Wenn jemand im Wasser um sich schlägt, zeigt die Position seiner Hände …«
    »Es ist wirklich nett, Ihre sachverständige Meinung zu hören«, sagte Carver mit schwerfälliger Ironie. »Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Strike.«
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, faltete die Hände hinter dem Kopf und ließ dabei angetrocknete Schweißflecken unter den Achseln seines Oberhemds erkennen. Ihr scharfer, saurer Geruch, vermischt mit einer deutlichen Zwiebelnote, waberte über den Tisch.
    »Er war bei der SIB «, warf Wardle von seinem Platz neben dem Aktenschrank aus ein.
    »Das weiß ich«, blaffte Carver und runzelte die von Schuppen fleckigen, buschigen Augenbrauen. »Anstis hat mir alles über das beschissene Bein und die Einsatzmedaille erzählt. Ein farbenprächtiger Lebenslauf!«
    Carver nahm die Hände vom Kopf, beugte sich nach vorn und faltete sie stattdessen auf der Tischplatte. Das grelle Neonlicht schmeichelte seinem Teint, der die Farbe von Corned Beef hatte, und den dunklen Tränensäcken unter den stechenden Augen nicht besonders.
    »Ich weiß, wer Ihr Alter ist, und all das.«
    Strike rieb sich das unrasierte Kinn und wartete.
    »Sie wären gern so reich und berühmt wie Ihr Daddy, was? Darum geht’s hier wohl?«
    Carver hatte die blutunterlaufenen hellblauen Augen, die Strike (seit er einen Fallschirmjägermajor kennengelernt hatte, der später wegen schwerer Körperverletzung unehrenhaft entlassen worden war) stets mit cholerischen, gewalttätigen Menschen in Verbindung brachte.
    »Rochelle ist nicht gesprungen. Lula Landry auch nicht.«
    »Bockmist!«, brüllte Carver. »Sie reden mit den beiden Männern, die bewiesen haben, dass Landry gesprungen ist. Scheiße, wir haben jedes bisschen Beweismaterial genau unter die Lupe genommen. Ich weiß, worauf Sie’s abgesehen haben. Sie knöpfen diesem armen Trottel Bristow ab, so viel Sie nur kriegen können. Hey, was gibt’s da zu grinsen?«
    »Ich denke daran, wie Sie als Idiot dastehen werden, wenn die Presse von dieser Vernehmung erfährt.«
    »Wagen Sie bloß nicht, mir mit der Presse zu drohen, Arschloch!«
    Carvers grobes, breites Antlitz war verkniffen; seine blitzenden blauen Augen leuchteten in seinem purpurroten Gesicht.
    »Sie sitzen echt in der Scheiße, Kumpel, und ein berühmter Dad, ein Holzbein und ein Krieg können Sie da auch nicht rausholen. Woher wissen wir, dass Sie das arme Ding nicht so verängstigt haben, dass es gesprungen ist? Rochelle war psychisch labil, stimmt’s? Woher wissen wir, dass Sie ihr nicht eingeredet haben, sie hätte was Unrechtes getan? Sie waren der Letzte, der sie lebend gesehen hat, Kumpel. Ich würde nicht sitzen wollen, wo Sie gerade sitzen.«
    »Rochelle war so lebendig wie Sie, als sie die Grantley Road überquert hat und von mir weggegangen ist. Sie finden bestimmt jemanden, der sie später noch gesehen hat. Diese Jacke vergisst man nicht.«
    Wardle stieß sich von dem Aktenschrank ab, zog einen Stuhl aus Hartplastik an den Vernehmungstisch und setzte sich.
    »Also raus damit«, forderte er Strike auf. »Mit Ihrer Theorie.«
    »Sie hat Lula Landrys Mörder erpresst.«
    »Reden Sie keinen Scheiß«, knurrte Carver, und Wardle schnaubte

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