Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
behauptet, dass ich sie habe . Ich habe gesagt, dass ich sie gesehen habe.«
Bestigui nahm seinen Zigarillo aus dem Mund, wollte dann doch lieber nichts sagen und steckte ihn sich wieder zwischen die Lippen. Strike ließ einige Sekunden verstreichen, aber als klar war, dass Bestigui die Möglichkeit, sich zu äußern, nicht ergreifen würde, fuhr er fort: »Tansy muss angefangen haben, ans Wohnzimmerfenster zu hämmern, sobald Landry an ihr vorbeigefallen war. Sie haben nicht damit gerechnet, dass Ihre Frau kreischend an die Scheibe hämmern würde, was? Und weil Sie nicht wollten, dass jemand Ihre kleine Strafaktion bemerkte, haben Sie ihr aufgemacht. Sie ist an Ihnen vorbeigestürmt, laut schreiend aus der Wohnung gerannt und zu Derrick Wilson hinuntergelaufen. Sie haben einen Blick übers Balkongeländer geworfen und Lula Landry tot auf der Straße liegen sehen.«
Bestigui paffte gemächlich, ohne Strike aus den Augen zu lassen.
»Was Sie als Nächstes getan haben, könnte Sie in den Augen der Geschworenen ziemlich belasten. Denn Sie haben nicht den Notruf gewählt. Sie sind nicht Ihrer unterkühlten, hysterischen Frau nachgelaufen. Sie sind nicht einmal – was die Geschworenen verständlich finden könnten – ins Bad gegangen, um das Kokain zu beseitigen, das dort offen herumlag. Nein, noch bevor Sie Ihrer Frau nachgelaufen sind oder die Polizei angerufen haben, haben Sie zuallererst das Fenster abgewischt. Es sollte keine Fingerabdrücke geben, die bewiesen hätten, dass Tansy die Fensterscheibe von außen berührt hatte, stimmt’s? Sie wollten vor allem sicherstellen, dass niemand Ihnen würde nachweisen können, dass Sie Ihre Frau bei Minusgraden auf den Balkon gesperrt hatten. Mit Ihrem unappetitlichen Ruf für Gewalt und sexuelle Übergriffe und weil Ihnen vielleicht die Anzeige einer jungen Mitarbeiterin drohte, wollten Sie den Medien oder dem Staatsanwalt kein zusätzliches Beweismaterial liefern, nicht wahr?
Sobald die Scheibe sauber war, sind Sie nach unten gerannt und haben Ihre Frau mehr oder weniger mit Gewalt in Ihre Wohnung zurückgeholt. In der kurzen Zeit bis zum Eintreffen der Polizei haben Sie ihr eingebläut zu verschweigen, wo sie zum Zeitpunkt des Sturzes wirklich war. Ich weiß nicht, was Sie ihr angedroht oder versprochen haben; was es auch war, es hat funktioniert. Trotzdem konnten Sie sich noch immer nicht ganz sicher fühlen, denn sie war so schockiert und verzweifelt, dass Sie fürchten mussten, sie könnte mit der Wahrheit herausplatzen. Deshalb haben Sie versucht, die Polizei abzulenken, indem Sie sich über die in Deeby Maccs Wohnung umgestoßenen Rosen aufgeregt haben. Ihre Hoffnung dabei war, dass Tansy sich endlich zusammenreißen und dass sie sich an Ihre Vereinbarung halten würde. Nun, das hat sie bisher auch getan, nicht wahr? Weiß der Teufel, wie viel Sie das kosten wird, aber sie hat sich von den Medien durch den Dreck zerren lassen; sie hat es ertragen, als kokaingeschädigte Fantastin hingestellt zu werden; sie ist bei ihrer blödsinnigen Geschichte geblieben, Landry und ihren Mörder trotz Schallschutzfenstern zwei Stockwerke über sich streiten gehört zu haben. Sobald sie jedoch erfährt, dass es Fotos gibt, die beweisen, wo sie war«, sagte Strike, »wird sie bestimmt gerne reinen Tisch machen wollen. Ihre Frau glaubt vielleicht, dass sie Geld mehr liebt als alles andere auf der Welt, aber ihr Gewissen setzt ihr zu. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass sie ziemlich bald auspacken wird.«
Bestigui hatte den Zigarillo bis zum letzten Zentimeter aufgeraucht. Nun drückte er ihn in dem schwarzen Glasaschenbecher aus. Lange Sekunden verstrichen, in denen durch die Glaswand Geräusche aus dem Vorzimmer in Bestiguis Büro drangen: Stimmen, das Klingeln eines Telefons.
Bestigui stand auf und ließ die Segeltuchjalousie vor der Trennwand hinunter, sodass keines der aufgeregten Mädchen dort draußen mehr hereinsehen konnte. Er setzte sich wieder, knetete mit dicken Fingern nachdenklich seine narbige untere Gesichtshälfte, sah zu Strike hinüber und starrte wieder die leere Leinwand an, die er geschaffen hatte. Strike konnte geradezu sehen, wie der Produzent seine Möglichkeiten abwägte, als mischte er ein Deck Spielkarten.
»Die Vorhänge waren zugezogen«, sagte Bestigui zuletzt. »Auf dem Balkon war’s nicht hell genug, als dass jemand sie hätte erkennen können. Und Tansy wird bei ihrer Story bleiben.«
»Darauf würde ich an Ihrer Stelle nicht wetten«,
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