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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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übrigen sechs Trauergästen, die ihre Köpfe gegen den Nieselregen einzogen.
    Die versprochenen Sandwiches lagen angetrocknet und wenig appetitanregend auf einem mit Klarsichtfolie abgedeckten Aluminiumtablett, das auf einem Tischchen in der Ecke des schmuddeligen Pubs stand. Irgendwann auf dem Weg zum Red Lion hatte Tante Winifred begriffen, wer John Bristow war, und ihn in Beschlag genommen; mittlerweile hatte sie ihn an der Bar festgenagelt und redete ohne Unterlass auf ihn ein. Bristow antwortete brav, wann immer sie ihn zu Wort kommen ließ, aber mit jeder Minute häuften sich seine zusehends hilfesuchenden Blicke in Strikes Richtung, der unterdessen mit Rochelles Psychiater sprach.
    Der Psychiater parierte geschickt sämtliche Versuche, ihn in ein Gespräch über die von ihm geleitete ambulante Patientengruppe zu verwickeln, bis er zuletzt Strikes Frage nach möglichen Enthüllungen, die Rochelle gemacht haben könnte, mit einem höflichen Verweis auf seine ärztliche Schweigepflicht abwehrte.
    »Hat es Sie überrascht, dass sie sich getötet hat?«
    »Nein, eigentlich nicht. Sie war zutiefst verstört, müssen Sie wissen, und Lula Landrys Tod hatte sie sehr mitgenommen.«
    Kurz darauf verabschiedete er sich mit einem Gruß in die Runde und ging.
    Robin, die an einem kleinen Tisch am Fenster gesessen und ein Gespräch mit Alison anzuknüpfen versucht hatte, gab irgendwann auf und verschwand auf die Damentoilette.
    Strike schlenderte durch den kleinen Gastraum und ließ sich auf Robins verwaistem Platz nieder. Alison warf ihm einen strafenden Blick zu und konzentrierte sich dann wieder ganz auf Bristow, der immer noch von Rochelles Tante belagert wurde. Ihren regenfleckigen Mantel hatte Alison gar nicht erst aufgeknöpft. Vor ihr auf dem Tisch stand ein kleines Glas mit einer Flüssigkeit, die wie Portwein aussah, und um ihren Mund spielte ein leicht verächtliches Lächeln, so als fände sie die armselige Umgebung ihrer unwürdig. Strike suchte immer noch nach einer guten Eröffnung, als sie unerwartet erklärte: »John hätte heute Morgen eigentlich einen Termin mit den Testamentsvollstreckern von Conway Oates gehabt. Jetzt muss Tony sich allein mit ihnen treffen. Er ist außer sich.«
    Sie sagte das so, als wäre Strike irgendwie dafür verantwortlich, als dürfte er ruhig wissen, was er angerichtet hatte. Sie nahm einen Schluck Port. Die Haare hingen ihr kraftlos auf die Schultern, und das Glas verschwand beinahe in ihren riesigen Händen. Trotz ihres plumpen Äußeren, das andere Frauen zu Mauerblümchen degradiert hätte, wirkte sie ungeheuer von sich eingenommen.
    »Sie finden nicht, dass es eine nette Geste von John war, zur Trauerfeier zu kommen?«, fragte Strike.
    Alisons »Pah« war die Karikatur eines Lachens.
    »Als hätte er das Mädchen überhaupt gekannt .«
    »Warum sind Sie mitgekommen?«
    »Weil Tony es wollte.«
    Strike gefiel die Befangenheit, mit der sie den Namen ihres Chefs aussprach.
    »Warum?«
    »Um John im Auge zu behalten.«
    »Tony ist also der Meinung, dass man John auf die Finger sehen muss, was?«
    Sie antwortete nicht.
    »Sie sind für beide da, nicht wahr? Für John und Tony?«
    »Wie bitte?«, fragte sie scharf.
    Es freute ihn, dass er sie so aus der Fassung gebracht hatte.
    »In der Kanzlei, meine ich. Als Sekretärin?«
    »Ach so – oh nein. Ich arbeite für Tony und Cyprian. Ich bin nur für die Seniorpartner zuständig.«
    »Ach so. Wie kam ich nur darauf, dass Sie auch für John zuständig wären?«
    »Ich arbeite auf einer ganz anderen Geschäftsebene«, erklärte Alison. »Für John ist das Zentralsekretariat zuständig. In der Kanzlei haben wir nichts miteinander zu tun.«
    »Ihre Romanze erblühte also über alle Sekretariatszuständigkeiten und Stockwerke hinweg?«
    Sie erwiderte seine scherzhafte Bemerkung mit verächtlichem Schweigen. Offenbar empfand sie Strikes bloße Gegenwart als beleidigend und war der Auffassung, dass er bestenfalls das absolute Mindestmaß an Höflichkeit verdient hatte.
    Der Mitarbeiter des Obdachlosenheims stand allein in der Ecke, bediente sich an den Sandwiches und schlug sichtlich die Zeit tot, bis er sich mit Anstand verabschieden konnte. Robin kehrte von der Damentoilette zurück und wurde sofort von Bristow abgefangen, der verzweifelt jemanden suchte, der ihn von Tante Winifred befreite.
    »Und wie lange sind Sie schon mit John zusammen?«, fragte Strike.
    »Ein paar Monate.«
    »Sie waren schon vor Lulas Tod ein Paar, nicht

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