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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Art zu kaschieren versuchte.
    »Leben Sie allein?«, fragte er sie.
    »Was tut das denn nun wieder zur Sache?«, fragte sie, völlig aus dem Gleichgewicht gebracht.
    »Ich habe mich nur gefragt … Sie fanden es also nicht merkwürdig, dass Tony sich über Nacht in einem Hotel in Oxford einmietete, am nächsten Morgen nach London zurückkehrte und dann erneut nach Oxford fuhr, um rechtzeitig aus seinem Hotel auszuchecken?«
    »Er fuhr wieder nach Oxford, weil er nachmittags an der Konferenz teilnehmen wollte.«
    »Ach, wirklich? Waren Sie dort und haben ihn angetroffen?«
    »Er war dort«, sagte sie ausweichend.
    »Und das können Sie belegen, nicht wahr?«
    Sie schwieg störrisch.
    »Sagen Sie«, setzte Strike nach, »wäre es Ihnen lieber, wenn Tony den ganzen Tag mit Ursula May im Bett verbracht oder aber wenn er eine Auseinandersetzung mit seiner Nichte gehabt hätte?«
    An der Bar rückte Tante Winifred ihren Strickhut gerade und zurrte ihren Gürtel fest. Anscheinend machte sie sich abmarschbereit.
    Alison rang sekundenlang mit sich, dann erklärte sie mit einem leisen Zischen, als würde sich etwas lang Unterdrücktes Luft machen: »Die beiden haben nichts miteinander. Ich weiß, dass sie nichts miteinander haben. Ursula ist einzig und allein auf Geld aus; alles andere interessiert sie nicht, und Tony besitzt weniger als Cyprian. Ursula würde Tony nicht wollen. Ganz bestimmt nicht.«
    »Man kann nie wissen. Vielleicht hat ja die Leidenschaft über ihre Geldgier gesiegt«, sagte Strike, ohne den Blick von Alison zu nehmen. »So was soll vorkommen. Ich als Mann kann das schwer beurteilen, aber Tony sieht doch nicht schlecht aus, oder?«
    Er sah ihren rohen Schmerz und ihre nackte Wut, als sie mit erstickter Stimme erwiderte: »Tony hat recht. Sie nutzen John nur aus. Sie wollen so viel wie möglich aus der Sache herausschlagen. John ist schier unzurechnungsfähig – Lula ist gesprungen. Sie ist gesprungen. Sie war schon immer labil. John ist wie seine Mutter, er ist hysterisch, er bildet sich alles Mögliche ein. Lula nahm Drogen, sie war so ein Mensch, völlig unbeherrscht, immerzu machte sie Ärger, Hauptsache, sie stand im Mittelpunkt. Sie war absolut verzogen. Verschwenderisch. Sie hätte alles haben können, sie hätte jeden haben können, aber nichts war ihr gut genug!«
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie Lula persönlich kannten.«
    »Ich … Tony hat mir von ihr erzählt.«
    »Er konnte sie absolut nicht leiden, was?«
    »Er sah sie so, wie sie wirklich war. Sie war verdorben. Manche Frauen«, sagte sie, und ihre Brüste hoben und senkten sich dabei unter dem formlosen Regenmantel, »sind eben so.«
    Eine kalte Brise schnitt durch die muffige Luft, als die Tür hinter Rochelles Tante zuschwang. Bristow und Robin blieben starr lächelnd stehen, bis sich die Tür ganz geschlossen hatte, dann tauschten sie einen erleichterten Blick aus.
    Der Barkeeper war verschwunden. Inzwischen standen sie nur noch zu viert in dem kleinen Raum. Erst jetzt bemerkte Strike die Ballade aus den Achtzigern, die im Hintergrund spielte: »The Power of Love« von Jennifer Rush.
    Bristow und Robin kamen an ihren Tisch.
    »Ich dachte, Sie wollten mit Rochelles Tante sprechen?«, fragte Bristow. Er sah angeschlagen aus, als hätte er sich völlig umsonst einem Martyrium unterzogen.
    »Nicht so dringend, dass ich ihr jetzt nachlaufen müsste«, erwiderte Strike gut gelaunt. »Erzählen Sie mir einfach, was sie Ihnen erzählt hat.«
    Strike sah Robin und Bristow an, dass alle beide sein freundliches Desinteresse befremdlich fanden. Alison wühlte währenddessen mit gesenktem Kopf in ihrer Handtasche.
    Es hatte aufgehört zu regnen, die Gehwege waren rutschig, und der Himmel war düster wie vor einem weiteren Platzregen. Während die beiden Frauen schweigend vorausgingen, gab Bristow dem Privatdetektiv gewissenhaft alles wieder, was ihm von der Unterhaltung mit Tante Winifred im Gedächtnis geblieben war. Strike hörte ihm allerdings nur mit halbem Ohr zu. Sein Blick lag auf den Rücken der beiden Frauen, beide ganz in Schwarz – und damit, für den unaufmerksamen Beobachter, beinahe identisch, austauschbar. Er dachte an die Skulpturen am Queen’s Gate, die ganz und gar nicht identisch waren, obwohl ein träges Auge es so wahrnehmen würde; eine männlich, eine weiblich, zwar der gleichen Gattung angehörend, aber doch grundverschieden.
    Als Strike sah, wie Robin und Alison neben einem BMW stehen blieben, der vermutlich Bristow

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