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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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wahr?«
    »Er hat mich nicht lang danach gefragt, ob ich mit ihm ausgehen wollte«, korrigierte sie ihn.
    »Damals ging es ihm bestimmt sehr schlecht, nicht wahr?«
    »Er war ein Wrack.« Es klang nicht mitfühlend, sondern eher herablassend.
    »Hatte er schon länger mit Ihnen geflirtet?«
    Strike erwartete nicht, dass sie ihm darauf antworten würde; aber er täuschte sich. Obwohl sie sich alle Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen, war ihrer Antwort anzuhören, wie stolz und zufrieden sie war.
    »Er kam nach oben, um etwas mit Tony zu besprechen. Tony war beschäftigt, und so wartete John in meinem Büro. Er erzählte mir von seiner Schwester, und die Gefühle überwältigten ihn. Ich gab ihm ein Taschentuch, und wenig später fragte er mich, ob ich mit ihm ausgehen würde.«
    Obwohl sie für Bristow höchstens lauwarme Gefühle zu hegen schien, erfüllten seine Annäherungsversuche sie mit spürbarer Genugtuung; sie waren eine Art Trophäe. Strike fragte sich, ob Alison jemals zum Essen ausgeführt worden war, bevor der verzweifelte Bristow auftauchte. Damals waren zwei Menschen mit ungesunden Bedürfnissen aufeinandergetroffen: Ich gab ihm ein Taschentuch, und er fragte mich, ob ich mit ihm ausgehen würde.
    Der Mann aus dem Obdachlosenheim knöpfte unauffällig seine Jacke zu. Als er Strikes Blick auffing, winkte er ihm kurz zum Abschied zu und verschwand dann, ohne mit jemandem ein Wort gewechselt zu haben.
    »Und wie findet es der große Boss, dass seine Sekretärin mit seinem Neffen ausgeht?«
    »Mein Privatleben geht Tony nichts an«, sagte sie.
    »Auch wieder wahr«, sagte Strike. »Außerdem kann ausgerechnet er schlecht etwas dagegen sagen, wenn jemand das Geschäftliche mit dem Vergnügen verbindet, oder? Wo er doch selbst mit Cyprian Mays Frau schläft.«
    Im ersten Moment ließ Alison sich von seinem ungezwungenen Tonfall täuschen und klappte den Mund auf, um ihm zu antworten; dann wurde ihr bewusst, was er da gesagt hatte, und ihre Selbstsicherheit zersplitterte.
    »Das ist nicht wahr!« Ihr Gesicht brannte. »Wer hat das behauptet? Das ist gelogen. Das ist erstunken und erlogen . Das stimmt nicht. Auf keinen Fall.«
    Hinter ihren trotzigen Protesten hörte er ein verängstigtes Kind.
    »Wirklich? Warum hat Cyprian May Sie dann am siebten Januar nach Oxford geschickt, um Tony dort aufzuspüren?«
    »Das … Da wollte er nur … Er hatte vergessen, dass Tony noch ein paar Dokumente unterzeichnen musste, mehr nicht.«
    »Und er konnte kein Fax und keinen Kurier schicken, weil …«
    »Es waren streng vertrauliche Dokumente.«
    »Alison.« Strike sah mit Vergnügen, wie nervös sie geworden war. »Wir wissen beide, dass das völliger Quatsch ist. Cyprian war überzeugt, dass Tony sich verdrückt hatte, um sich irgendwo heimlich mit Ursula zu treffen, nicht wahr?«
    »Das war er nicht! Das hat er nicht!«
    An der Bar fuchtelte Tante Winifred windmühlengleich mit den Armen vor Bristow und Robin herum, die sie beide mit einem starren Lächeln ansahen.
    »Und Sie haben ihn in Oxford angetroffen?«
    »Nein, weil …«
    »Um welche Uhrzeit sind Sie dort angekommen?«
    »Gegen elf, aber da war er …«
    »Cyprian hat Sie sofort losgeschickt, als Sie morgens in die Kanzlei kamen, stimmt’s?«
    »Die Dokumente mussten sofort unterzeichnet werden.«
    »Aber Tony war weder in seinem Hotel noch im Konferenzzentrum?«
    »Ich habe ihn verpasst«, beteuerte sie gleichermaßen wütend und verzweifelt, »weil er nach London zurückgefahren war, um Lady Bristow zu besuchen.«
    »Ach ja«, sagte Strike. »Richtig. Ziemlich merkwürdig, weder Ihnen noch Cyprian Bescheid zu geben, dass er noch mal nach London fahren wollte, nicht wahr?«
    »Nein.« Sie bemühte sich heldenhaft, wieder die Oberhand zu gewinnen. »Man konnte ihn ja erreichen. Er hatte immer noch sein Handy an. Er brauchte nicht Bescheid zu sagen.«
    »Haben Sie ihn denn auf dem Handy angerufen?«
    Sie schwieg.
    »Haben Sie angerufen, und er hat den Anruf nicht entgegengenommen?«
    Sie nippte an ihrem Port und köchelte stumm vor sich hin.
    »Mal ganz ehrlich, es würde auch die Stimmung versauen, wenn man einen Anruf von seiner Sekretärin entgegennimmt, während man gerade so richtig bei der Sache ist.«
    Er nahm an, dass ihr das missfallen würde, und wurde nicht enttäuscht.
    »Sie sind abscheulich! Wirklich abscheulich!« Ihre Stimme war belegt, und auf ihren Wangen leuchtete das dumpfe Dunkelrot der Prüderie, die sie mit ihrer überheblichen

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