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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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sehen, weil sie jemanden in ihrer Nähe haben wollte, den sie lieben und dem sie vertrauen konnte. Ihre Mutter war ein schwieriger Mensch und lag im Sterben, ihren Onkel hasste sie, und ihr Adoptivbruder war, wie sie gerade erst erfahren hatte, vermutlich ein Mörder. Sie war wahrscheinlich völlig verzweifelt. Ganz bestimmt aber hatte sie Angst. Noch am selben Morgen hatte Bristow versucht, ihr Geld abzupressen. Mit Sicherheit fragte sie sich, was ihm sonst noch alles zuzutrauen war.«
    Auch über dem Gläserklirren und Stimmengewirr im Pub war Jonahs Bemerkung klar und deutlich zu verstehen: »Ich bin froh, dass Sie dem Schwein den Kiefer gebrochen haben.«
    »Und die Nase«, ergänzte Strike gut gelaunt. »Ich kann von Glück reden, dass er mir das Messer in den Arm gestoßen hat, sonst hätte ich kaum auf Notwehr plädieren können.«
    »Er kam bewaffnet«, bemerkte Jonah nachdenklich.
    »Natürlich«, sagte Strike. »Ich hatte meine Sekretärin angewiesen, ihm während der Trauerfeier für Rochelle unauffällig zu stecken, dass ich Drohbriefe von einem Irren bekomme, der mich aufschlitzen will. Damit hat sie ihm die Idee eingepflanzt. Er dachte, wenn es zum Äußersten käme, könnte er immer noch versuchen, meinen Tod dem armen alten Brian Mathers in die Schuhe zu schieben. Dann wäre er wahrscheinlich heimgefahren, hätte noch einmal den Wecker seiner Mutter zurückgestellt und den gleichen Trick ein zweites Mal abgezogen. Er ist schlicht nicht zurechnungsfähig. Was nicht heißt, dass er kein schlauer Scheißer wäre.«
    Es gab wenig mehr zu sagen. Als sie den Pub verließen, unternahm Agyeman, der bereits nervös darauf bestanden hatte, alle Getränke zu bezahlen, einen halbherzigen Versuch, Strike Geld anzubieten, nachdem die Medien lang und breit über dessen finanzielle Nöte berichtet hatten. Strike schlug das Angebot aus, aber er verübelte es Agyeman nicht. Er sah dem jungen Mann an, dass er sich noch nicht an die Vorstellung gewöhnt hatte, schlagartig so reich geworden zu sein; dass die ungewohnte Verantwortung, die damit verbundenen Anforderungen, die Verlockungen und anstehenden Entscheidungen immer noch schwer auf ihm lasteten; dass er eher ratlos war als froh. Natürlich bedrückte ihn darüber hinaus auch das allgegenwärtige schreckliche Wissen, wie er zu diesem Reichtum gekommen war. Strike schätzte, dass Agyemans Gedanken wie wild zwischen seinen Kameraden in Afghanistan, Visionen von brandneuen Sportwagen und dem Bild seiner tot im Schnee liegenden Halbschwester hin und her sprangen. Wer wäre sich der Launenhaftigkeit des Schicksals – der Willkür des Würfels – bewusster als ein Soldat?
    »Er kommt doch nicht damit durch, oder?«, fragte Agyeman unvermittelt, als sie sich gerade verabschieden wollten.
    »Natürlich nicht«, sagte Strike. »Die Presse weiß noch nichts davon, aber die Polizei hat Rochelles Handy im Safe seiner Mutter gefunden. Er hatte nicht den Mut, es zu entsorgen. Und er hatte den Code des Safes neu eingestellt, damit nur er selbst ihn öffnen konnte: auf 030483. Ostersonntag neunzehn dreiundachtzig: der Tag, an dem er meinen Kumpel Charlie tötete.«
    Es war Robins letzter Arbeitstag. Strike hatte sie eingeladen, ihn zu dem Treffen mit Jonah Agyeman zu begleiten, nachdem sie so viel dazu beigetragen hatte, ihn aufzuspüren, aber sie hatte abgelehnt. Strike hatte das Gefühl, dass sie Distanz zu dem Fall, zu ihrer Arbeit, zu ihm gewinnen wollte. Am Nachmittag hatte er einen Termin im Amputationszentrum im Queen Mary’s Hospital; bis er aus Roehampton zurückkam, würde sie schon fort sein. Matthew wollte mit ihr übers Wochenende nach Yorkshire fahren.
    Während Strike durch das fortwährende Baustellenchaos zu seinem Büro hinkte, fragte er sich, ob er seine temporäre Sekretärin nach dem heutigen Tag je wiedersehen würde. Er glaubte es nicht. Anfangs hatte ihn nur das Wissen um die zeitliche Begrenzung ihres Arrangements mit ihrer Anwesenheit ausgesöhnt, aber mittlerweile war ihm klar, dass er Robin vermissen würde. Sie war mit ihm im Taxi zum Krankenhaus gefahren und hatte ihren Trenchcoat um seinen blutenden Arm gewickelt.
    Der Medienrummel um Bristows Verhaftung hatte Strikes Geschäft ganz und gar nicht geschadet. Vielleicht würde er in Kürze wirklich eine Sekretärin brauchen, und tatsächlich hörte er, während er sich die Stufen zu seinem Büro hinaufschleppte, Robins Stimme am Telefon: »… frühestens einen Termin am Dienstag, fürchte ich; am

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