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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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einem von der Kritik hochgelobten Independent-Film praktisch sich selbst gespielt hatte: einen heroinsüchtigen Musiker, der stahl, um Stoff kaufen zu können.
    Nachdem ihr Frontmann zu unerwartetem Ruhm gelangt war, hatte Duffields Band ein vergleichsweise erfolgreiches Album herausgebracht und sich ungefähr zu dem Zeitpunkt, als er Lula kennengelernt hatte, heillos zerstritten. Wie seine Freundin war Duffield ungewöhnlich fotogen – selbst auf unretuschierten Teleaufnahmen, die ihn zeigten, wie er in schmuddeliger Kleidung durch die Straßen schlurfte; selbst auf Fotos, auf denen er sich wütend auf Fotografen stürzte (und von denen es mehrere gab). Das Zusammentreffen dieser beschädigten schönen Menschen schien die Anziehungskraft beider ins Unermessliche gesteigert zu haben; der eine von ihnen erhöhte das öffentliche Interesse am jeweils anderen, was wiederum jeden für sich selbst umso heller erstrahlen ließ – eine Art Perpetuum mobile der Faszination.
    Der Tod seiner Freundin hatte Duffield am Firmament der Idealisierten, der Verunglimpften, der Vergötterten umso fester etabliert. Eine gewisse Düsternis, ein Fatalismus umwaberten ihn; seine eifrigsten Verehrer ebenso wie seine Kritiker schienen die Vorstellung zu genießen, er stehe bereits mit einem bestiefelten Fuß in der Nachwelt, als sei sein Abstieg in die Verzweiflung und Vergessenheit unvermeidlich. Er schien seine Schwächen buchstäblich zur Schau stellen zu wollen, und Strike verbrachte mehrere Minuten damit, sich wacklige kleine YouTube-Videos anzusehen, in denen ein offenkundig bekiffter Duffield sich mit derselben Stimme, die Kolovas-Jones so gekonnt parodiert hatte, endlos darüber ausließ, dass Sterben nicht mehr sei, als die Party zu verlassen, und konfus argumentierte, wenn jemand vorzeitig gehen müsse, sei das kein großer Grund zum Weinen.
    In der Nacht, in der Lula gestorben war, hatte Duffield nach Aussagen zahlreicher Zeugen den Club kurz nach seiner Freundin verlassen, wobei er – und Strike fiel es schwer, darin etwas anderes als kalkulierte Effekthascherei zu sehen – eine Wolfsmaske getragen hatte. Seine Aussage darüber, was er in der restlichen Nacht getrieben hatte, befriedigte zwar nicht die Verschwörungstheoretiker im Internet, die Polizei jedoch schien der Überzeugung zu sein, er habe mit den späteren Ereignissen in den Kentigern Gardens nichts zu tun gehabt.
    Strike folgte dem imaginären Gang seiner Gedanken über das unebene Gelände aus Blogs und Nachrichtenseiten. Hier und da stolperte er über Glutnester aus fieberhafter Spekulation und Theorien über Landrys Tod, die Hinweise anführten, denen die Polizei nicht nachgegangen sei und aus denen sich auch Bristows Überzeugung, es habe einen Mörder gegeben, zu speisen schien. LulaMyInspirationForeva wartete mit einer langen Liste unbeantworteter Fragen auf, darunter unter Nummer 5: Wer hat vor ihrem Sturz die Paparazzi weggerufen?, unter Nummer 9: Warum haben die Vermummten, die gegen zwei Uhr von ihrer Wohnung weggelaufen sind, sich nie gemeldet? Wo sind sie, und wer sind sie? , und unter Nummer 13: Weshalb trug Lula bei dem Balkonsturz ein anderes Outfit als bei ihrer Heimkehr?
    Um Mitternacht war Strike mit einer Dose Lager bei der von Bristow erwähnten postumen Kontroverse angelangt, die er selbst damals nur am Rande wahrgenommen hatte, ohne sich wirklich dafür zu interessieren. Eine Woche nachdem polizeilich festgestellt worden war, dass Landry Selbstmord verübt hatte, schlug eine Werbekampagne des Modedesigners Guy Somé hohe Wellen. Sie zeigte zwei Models, die in einer schmutzigen Gasse posierten – nackt bis auf strategisch platzierte Handtaschen, Schals und Schmuckstücke. Landry kauerte auf einer Mülltonne, Ciara Porter lag am Boden. Beide trugen ausladende, gewölbte Engelsflügel: Porter in Schwanenweiß, Landry in grün schimmerndem Schwarz, das in einen glänzenden Bronzeton überging.
    Strike starrte das Bild minutenlang an und versuchte, genau zu analysieren, warum das Gesicht der Toten den Betrachter derart unwiderstehlich anzog; wie sie es schaffte, das Bild zu dominieren. Irgendwie machte sie die Widersinnigkeit, die Künstlichkeit des Ganzen glaubhaft; sie sah wirklich aus, als wäre sie als zu weltlich aus dem Himmel vertrieben worden, weil sie die Accessoires, die sie an sich gedrückt hielt, zu sehr begehrte. In all ihrer alabasterweißen Schönheit bildete Ciara Porter nur einen Kontrapunkt; mit ihrer Blässe und ihrer

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