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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Passivität wirkte sie wie eine Statue.
    Der Designer Guy Somé hatte teils erbitterte Kritik dafür einstecken müssen, dass er die Anzeige geschaltet hatte. Man warf ihm vor, er schlage Kapital aus Landrys kürzlichem Tod, und lachte nur über die Versicherungen tiefster Zuneigung zu Landry, die Somés Sprecher an seiner statt abgab. LulaMyInspirationForeva behauptete jedoch, Lula hätte sich gewünscht, dass die Aufnahme verwendet würde, denn Guy Somé und sie seien eng befreundet gewesen: Lula hat ihn wie einen Bruder geliebt und hätte gewollt, dass er ihrer Arbeit und ihrer Schönheit diesen letzten Tribut zollt. Diese Kultaufnahme wird ewig fortbestehen und Lula in der Erinnerung von uns, die wir sie geliebt haben, weiterleben lassen.
    Strike trank sein Bier aus und dachte über die Formulierung »die wir sie geliebt haben« nach. Die anmaßende Intimität, die Fans in Bezug auf Idole empfanden, die sie nicht einmal persönlich kannten, hatte er nie nachvollziehen können. Er hatte es selbst erlebt, dass Leute seinen Vater als »Old Jonny« bezeichneten, wobei sie grinsten, als sprächen sie von einem gemeinsamen Freund, und abgedroschene Pressemeldungen und Anekdoten wiedergaben, als wären sie selbst dabei gewesen. In einem Pub in Trescothick hatte ein Mann ihm einmal erklärt: »Scheiße, ich kenn deinen Alten besser als du!«, nur weil er den Namen eines Studiomusikers nennen konnte, der auf dem erfolgreichsten Album der Deadbeats mitgespielt und dem Rokeby der Legende nach die Zähne ausgeschlagen hatte, weil er im Affekt auf sein Saxofon eingedroschen hatte.
    Es war ein Uhr morgens. Strike war inzwischen fast taub für die andauernden gedämpften Riffs der Bassgitarre zwei Etagen unter ihm und das gelegentliche Knacken und Zischen aus der Wohnung über ihm, in der der Kneipenbesitzer sich dem Luxus des Duschens und gutbürgerlicher Küche hingab. Noch nicht müde genug, um in seinen Schlafsack zu kriechen, schaffte er es durch weitere Internetrecherchen, Guy Somés ungefähre Adresse ausfindig zu machen, wobei ihm auffiel, wie nahe die Charles Street und die Kentigern Gardens beieinanderlagen. Dann tippte er die Webadresse arrse.co.uk ein wie ein Mann, der nach einer langen Schicht schlafwandlerisch in seine Stammkneipe einkehrt.
    Den Army Rumour Service mit Insidernachrichten aus der Welt des Militärs hatte er nicht mehr aufgerufen, seit Charlotte ihn vor Monaten dabei ertappt und reagiert hatte, wie andere Frauen vielleicht auf die Entdeckung reagierten, dass ihre Partner sich im Internet Pornos ansahen. Sie hatten sich gestritten, weil sie vermutet hatte, er sehne sich nach seinem früheren Leben zurück und sei mit seinem neuen unzufrieden.
    Hier fand er die Denkart der Army in jedem Detail – und in einer Sprache wiedergegeben, die er fließend sprach. Hier fand er die Abkürzungen, die er auswendig kannte, die nur Insidern verständlichen Witze und die Kümmernisse des Soldatenlebens von dem in Zypern stationierten Vater, dessen Sohn in der Schule gemobbt wurde, bis hin zu nachträglicher scharfer Kritik am Auftreten des Premierministers vor dem Chilcot-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Irakkriegs. Strike klickte sich von Eintrag zu Eintrag, schnaubte gelegentlich amüsiert und war sich allzeit bewusst, dass damit seine Widerstandskraft gegen das Gespenst, das ihm jetzt im Nacken saß, zusehends schwand.
    Dies war seine Welt, und er war darin glücklich gewesen. Trotz aller Unbequemlichkeiten und Entbehrungen des Soldatenlebens und obwohl er die Army mit einem halben Bein weniger verlassen hatte, bedauerte er keinen einzigen Tag in Uniform. Und doch hatte er selbst in ihrer Mitte nie wirklich zu diesen Leuten gehört. Er war erst ein uniformierter Militärpolizist und dann Ermittler in Zivil gewesen, den der gewöhnliche Soldat zu etwa gleichen Teilen fürchtete und ablehnte.
    Falls die SIB je mit Ihnen reden will, sollten Sie sagen: »Kein Kommentar, ich will einen Anwalt.« Alternativ reicht auch ein einfaches: »Danke, dass Sie mich bemerkt haben.«
    Strike ließ ein letztes grunzendes Lachen hören, dann schloss er die Webseite und fuhr den Computer herunter. Er war so müde, dass er doppelt so lange wie sonst brauchte, um die Prothese abzunehmen.

9
    Am Sonntagmorgen ging Strike wieder zur University of London Union, um zu duschen. Indem er sich bewusst etwas größer machte und seine Gesichtszüge den finsteren Ausdruck annehmen ließ, zu dem sie von Natur aus neigten, wirkte er

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