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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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eingemummt, eine Kapuze über dem Kopf. In der Schwarz-Weiß-Aufnahme wirkte das Gesicht irgendwie unnatürlich; das Auge wurde irregeführt; im ersten Moment meinte Strike, eine helle untere Gesichtshälfte und eine dunkle Augenbinde zu erkennen, ehe ihm die Vernunft sagte, dass er tatsächlich eine dunkle obere Gesichtshälfte und einen weißen Schal über Nase, Mund und Kinn sah. Auf der Jacke des Mannes machte er einen dunkler schattierten Fleck aus; ein Markenlogo möglicherweise, das er jedoch nicht identifizieren konnte. Abgesehen davon war die Kleidung vollkommen unauffällig.
    Als der Fußgänger sich der Kamera näherte, senkte er den Kopf und schien etwas zu studieren, das er aus der Hosentasche gezogen hatte. Sekunden später bog er in die Bellamy Road ein und verschwand aus dem Bild. Die digitale Zeitanzeige unten rechts auf dem Bildschirm zeigte 1.39 Uhr an.
    Eine neue Sequenz begann. Wieder war verschwommen dieselbe menschenleere Kreuzung zu sehen, wieder verdeckten schwere Schneeflocken die Sicht; aber diesmal zeigten die Ziffern am Bildrand 2.12 Uhr an.
    Zwei Männer sprinteten ins Bild. Im vorderen erkannte Strike denjenigen wieder, der zuvor mit einem weißen Schal vor dem Gesicht die Straße entlanggegangen war; jetzt rannte er mit pumpenden Armen, langbeinig und kraftvoll in die entgegengesetzte Richtung die Alderbrook Road hinauf. Der zweite war kleiner, schmaler gebaut und trug eine Kappe über seiner Kapuze; während er dem ersten nachrannte, dabei aber stetig an Boden verlor, fielen Strike die dunklen, fest geballten Fäuste auf. Unter einer Straßenlaterne blitzte kurz das Design auf seinem Sweatshirtrücken auf. Auf halbem Weg über die Alderbrook Road bog er unvermittelt links ab in eine Seitenstraße.
    Strike spulte die Aufnahme einmal und dann noch einmal zurück. Nichts deutete darauf hin, dass sich die beiden Läufer untereinander verständigten, während sie durch den Aufnahmebereich sprinteten; dass sie sich irgendetwas zuriefen oder einander auch nur beachteten. Es sah so aus, als wollte sich jeder einzeln in Sicherheit bringen.
    Er spielte den Abschnitt ein viertes Mal ab und schaffte es nach mehreren Versuchen, die DVD genau in dem Moment anzuhalten, da das Design auf dem Rücken des langsameren Läufers zu sehen war. Mit zusammengekniffenen Augen ging er vor dem verschwommenen Bild in die Hocke. Nachdem er eine Minute angestrengt auf den Bildschirm gestarrt hatte, war er sich fast sicher, dass das erste Wort auf -ck endete, während das zweite möglicherweise mit einem J begann, doch mehr war nicht zu entziffern.
    Er drückte wieder auf Start, um den Film weiterlaufen zu lassen, und versuchte auszumachen, in welche Straße der zweite Läufer verschwand. Drei Mal sah Strike sich an, wie er unvermittelt abbog, und obwohl der Straßenname auf dem Bildschirm nicht zu erkennen war, wusste er von Wardle, dass es die Halliwell Street sein musste.
    Dass der erste Mann irgendwo unterwegs einen Freund aufgelesen hatte, sprach nach Einschätzung der Polizei dagegen, dass er ein Mörder war. Wobei vorausgesetzt wurde, dass die beiden tatsächlich befreundet waren. Allerdings deutete die Tatsache, dass beide zu dieser Uhrzeit und in diesem Wetter gemeinsam auf Film gebannt worden waren und dass sie sich beinahe identisch verhalten hatten, tatsächlich auf eine Komplizenschaft hin, wie Strike eingestehen musste.
    Er ließ die DVD weiterlaufen und verfolgte, wie das Bild abrupt ins Innere eines Busses wechselte. Ein Mädchen stieg ein; aus dem Aufnahmewinkel oberhalb des Fahrers sah man ein perspektivisch verkürztes Gesicht im Halbschatten, über dem deutlich ein blonder Pferdeschwanz erkennbar war. Der Mann hinter ihr hatte, soweit man das feststellen konnte, Ähnlichkeit mit jenem, der später auf der Bellamy Road in Richtung Kentigern Gardens gegangen war. Er war groß, trug eine Kapuze und einen weißen Schal vor dem Gesicht, dessen obere Hälfte im Schatten verschwand. Klar zu erkennen war allein das Logo auf seiner Brust, ein stilisiertes GS .
    Dann wechselte die Szene jäh in die Theobalds Road. Falls der Mann, der sie mit großen Schritten entlangging, wirklich derselbe war wie in dem Bus, hatte er in der Zwischenzeit den weißen Schal abgelegt. Allerdings legten sein Körperbau und der Gang die Annahme nahe. Strike hatte den Eindruck, dass er sich diesmal absichtlich bemühte, den Kopf gesenkt zu halten.
    Der Film endete, und der Bildschirm blieb leer. Gedankenversunken starrte Strike

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