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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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glaube, sie ging mir aus dem Weg. Ich wollte mich bei ihr für die Gemeinheiten entschuldigen, die ich über sie und ihren Großvater gesagt hatte. Aber es gab einfachkeine günstige Gelegenheit dafür. Ich ging oft zum See, um die Adler zu beobachten, hatte sogar gesehen, wie das Adlermännchen mit seinen Klauen einen Fisch direkt aus dem See riss, aber es war einfach nicht dasselbe wie mit ihr zusammen.
    »ICH HAB EINEN«, schrie Euan.
    Rob und ich kletterten hinunter zum Ufer.
    Euan stand bis zu den Oberschenkeln im Wasser und seine Angelrute krümmte sich flussabwärts.
    »Hier kommt er«, sagte er. Das Ende der Rute bog sich und widersetzte sich der Kraft des um sein Leben kämpfenden Fisches. Ein silbriger Unterbauch blitzte auf, als er aus dem Wasser hochschnellte, sich in der Luft drehte und wieder untertauchte.
    »Ich hab dich, ich hab dich!« Euan holte den Fisch am steinigen Ufer ein. »Regenbogenforelle«, sagte Euan mit einem Grinsen. »Nicht übel, die Größe.«
    Wir beobachteten, wie der Fisch vor unseren Füßen zappelte und schnappte. Im hellen Sonnenschein funkelten seine glatten Schuppen in tausend Farben. Die scharlachroten Kiemen flatterten voller Panik. Ich wollte den Fisch hochheben und wieder in das kühle Wasser gleiten lassen. Ich wollte sehen, wie er unter der schimmernden Oberfläche davonschnellte. Aber Euan schlug ihm mit einem Stock über den Kopf.
    »CALLUM!«
    Wir waren so mit dem Fisch beschäftigt, dass wir Iona ander Böschung über uns nicht gesehen hatten. Ihr Gesicht war vom schnellen Laufen gerötet.
    »Callum, du musst kommen!«, rief sie.
    Rob und Euan schauten mich an.
    Ich wollte Iona herbeirufen, damit sie sich uns anschloss. Ich wollte, dass sie sie mochten.
    »Ich dachte, du hättest sie abserviert«, sagte Rob.
    »Kann es nicht warten?«, rief ich Iona zu.
    Iona schlitterte die Böschung herunter und zog mich von den anderen weg. Jetzt konnte ich sehen, dass sie geweint hatte. Ihre Wangen waren tränenüberströmt.
    »Das Adlerweibchen«, flüsterte sie. Ihre Stimme klang heiser und bedrückt. »Ich glaube, es ist tot.«

Kapitel 10
    »Komm bitte , Callum«, drängte Iona und zerrte an meinem Ärmel. Rob und Euan starrten mich an.
    Ich wandte mich wieder Iona zu. »Wo ist es?«
    »Hinten am See.«
    »Hey, Callum«, schrie Rob, »los, lass uns den oberen Weg ausprobieren.«
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Iona.
    Jetzt kam Rob zu uns rüber.
    »Schau, Iona …«, setzte ich an, »ich kann nicht …«
    »Schon gut!«, fauchte sie. »Dann lass es eben. Bleib ruhig bei deinen Kumpels.«
    Sie hob mein Fahrrad auf, schwang ihr Bein drüber und machte sich auf und davon.
    »Iona!«, rief ich. Aber sie raste schon über die Steinbrücke auf die Straße zu. Ich schaute auf Robs Rad, das vor meinen Füßen lag. Das Formel-1-Modell unter den Mountainbikes, sein ganzer Stolz. Ich zog es hoch und umschloss mit meinen Händen die Lenkstange.
    »He, Callum«, schrie Rob, »Pfoten weg von meinem Rad!«
    Ich warf ihm einen Blick über die Schulter zu.
    »Nicht mein Bike«, brüllte Rob, »nicht mein Bike!«
    Geschmeidig durch die Gänge schaltend zwitscherte ich ab. Der Rahmen fing die Stöße der Steine und Spurrillen ab und die Reifen griffen selbst im dicken Morast. Ich raste den Pfad entlang, hinter Iona her.
    »Ich bring dich um, Callum. Ich bring dich verdammt noch mal um!« Aber Robs Geschrei wurde bald vom Brausen des Flusses unter der Brücke verschluckt.
    Unten am Gleis der Erz-Förderbahn holte ich Iona ein. Wir fuhren bergauf, an den alten Minen vorbei und folgten dem Flusslauf. Meine Beine taten weh und meine Lungen brannten.
    »Mach schon!«, trieb Iona mich an.
    Ich musste Robs Rad den Weg hochschieben.
    »Da!«, rief Iona, als wir das Ufer des Sees erreicht hatten.
    Ich sah über das dunkle Wasser hinweg, hinüber zur Insel.
    Mein Mund wurde trocken.
    Mir war schlecht.
    Der Vogel hing unter einem der Äste des Baumes, auf dem sich der Horst befand. Das Adlerweibchen drehte sich langsam, als hinge es an einem unsichtbaren Faden. Sie drehte sich mit dem Kopf nach unten mitten in der Luft, wie eine grauenhafte Balletttänzerin. Die Füße ragten himmelwärts, die Flügel zeigten zu Boden.
    »Eine Angelleine«, sagte Iona, »ich glaube, sie hat sich in einer Angelleine verfangen.«
    Das Adlerweibchen zeigte keinerlei Lebenszeichen. Der Körper war schlaff. Ich klatschte in die Hände, einmal, ein zweites Mal. Das Echo hallte über den See.
    Der Vogel schnellte hoch,

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