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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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verriet, dass sie an Evas Vater dachte. Aber alles, was sie gesagt hatte, war: »Nun, wir müssen damit umgehen.« Doch es war Odette gewesen, die all die Dinge in die Tat umgesetzt hatte, die dazu beigetragen hatten, dass Eva überleben konnte, ohne entdeckt zu werden.
    »Liebe Maman.«
Eva seufzte, während ihr die Augen zufielen. »Sie fehlt mir.«
    Eine sanfte Hand zog die Bettdecke über ihr zurecht. »Schlaf jetzt! Träum von dem reichen Ehemann, denste bald kriegst.«
    Eva nickte in ihr Kissen. Sie würde gut in diese menschliche Gesellschaft einheiraten, und irgendwo im Himmel würde ihre
Maman
es wissen und stolz auf ihren Erfolg sein. Doch für sich selbst hegte Eva nur einen einzigen Wunsch: Sie wollte ihren Vater finden, und sie hoffte, dass ihre
Maman
im Himmel verstehen würde, dass dies etwas war, das sie tun musste.
    Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, ganz ähnlich wie das der wunderschönen Fantine, welche die Hälfte der Männer in Rom zu Fall gebracht und dann dasselbe mit der französischen Enklave in der Anderwelt gemacht hatte.
    »Hast ’n hübsches Lächeln. Die Männer wirste dir aussuchen können. Aber heiraten wirste ’n Menschen, nich’ ’n Satyr wie der Kerl, der deine arme
Maman
ruiniert hat!«, sagte Odette mit zufriedener Miene. »Dann zeigste diesen römischen Hundesöhnen, wer die Delacortes sind! Du lässt se bezahlen!«
    Das war ein Leitspruch, den Eva schon mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Von Kindheit an war sie darauf vorbereitet worden, das Unrecht zu rächen, das die Welt ihrer Mutter zugefügt hatte.
    »Ruh dich aus,
bebe!
Odette passt schon auf dich auf.« Damit verfiel sie in
voces mysticae,
die Gesänge und Schutzzauber, die sie schon immer über Eva gesprochen hatte, solange diese denken konnte. Es tröstete Eva, die vertrauten Worte zu hören, und die drogenähnliche Wirkung des Trankes ließ sie in einen tiefen Schlaf sinken.
    »Das war’s.« Odette beugte sich vor, zog sachte die Decke zurück und starrte für einen langen Augenblick auf Eva. Sie fuhr mit der Handfläche fast ehrfürchtig über Evas Wange und ließ ihre Hand dann langsam abwärtswandern, über ihren Hals, eine Brust, Rippen, bis sie die Hand schließlich auf ihrem Bauch ruhen ließ. »Das is’ mein gutes Mädchen. Träum von Babys – und von Rache!«

[home]
    5
    G ütige Götter, langsam glaube ich, du bist
wirklich
irrsinnig!«, stöhnte Sevin, als die Kutsche hielt.
    »Da bist du nicht der Erste«, entgegnete Dane.
    Das Kapitol war erfüllt von Denkmälern, Museen und
Palazzi
aus dem Mittelalter und der Renaissance. Doch dazwischen versteckt, hatten die drei Brüder die Adresse gefunden, die auf der Schriftrolle der beiden Nereiden geschrieben stand. Dane hatte darauf bestanden, und nun betrachteten er und Sevin das dreistöckige Stadthaus aus Ziegeln durch die Fenster von Bastians Kutsche. Es stand eingezwängt zwischen höheren und prächtigeren Gebäuden, die es überschatteten, doch es besaß den Charme vergangener Zeiten und barst förmlich vor Anderweltmagie.
    »Es gehört dem Rat«, sagte Dane. »Ich kann es riechen.«
    Sevin verzog das Gesicht. »Irgendwie passend, dass es sich hier befindet: nahe dem Tarpejischen Fels, von dem in früheren Zeiten zum Tode verurteilte Männer hinabgestürzt wurden.«
    Dane hörte ein schnaubendes Lachen von Bastian, der hinter ihm auf dem Ledersitz saß.
    »Im Ernst, Bruder, was tun wir hier?«, beharrte Sevin, nur halb im Scherz. »Ich rate dir dringend, die Flucht zu ergreifen, solange du noch kannst!«
    »Du hast die Anweisung des Rates gehört«, erwiderte Dane. »Wir haben die Pflicht, zu heiraten, so dass unser Samen wachsen und gedeihen kann. Dazu braucht es eine menschliche Frau.«
    »Wir haben mindestens ein Dutzend solcher Briefe erhalten. Es ist nicht unsere Pflicht, diese Welt mit unseresgleichen zu bevölkern«, widersprach Bastian. »Falls du dir Sorgen machst, dass die Nereiden deinen Aufenthaltsort melden …«
    »Ich bin ein Deserteur. Natürlich werden sie mich melden«, schnitt Dane ihm das Wort ab. »In ein paar Wochen werden Tracker kommen, um mich zurückzuholen. Doch wenn sie mich als Ehemann und künftigen Vater vorfinden – und wenn das Ganze auch noch durch einen Heiratsvermittler arrangiert wurde, den der Rat ausgesucht hat –, was können sie dann schon unternehmen? Denn dann habe ich nur getan, was der Brief von uns verlangt. Sie werden mich nicht entwurzeln.« Damit streckte er seine Hand nach der Tür

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