Der Ruf des Satyrs
Leberfleck an meinem Knie.«
»Das ist eine Warze«, erklärte Anna und starrte demonstrativ darauf.
»Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten,
strega!
« Carmen schob ihre Röcke weiter hinab.
Anna zuckte nur unbeschwert in typisch italienischer Manier mit den Schultern. »Wenn du die Wahrheit nicht hören willst, dann frag nicht!«
Die Damen unterhielten sich weiter, während hier ein verirrtes Fältchen behandelt wurde, dort ein Leberfleck auf einem Handrücken, ein Schönheitsfehler, Carmens Knie.
Eine halbe Stunde später wurden die Cremes wieder beiseitegestellt, und Serafina sagte: »Nun, das ist also erledigt. Dann auf zu Schreibarbeit und Bestellungen!«
»Ich freue mich, berichten zu können, dass die Geschäfte ausgezeichnet laufen, besonders in Paris. Auch die Einkünfte sind gestiegen«, begann Magda.
»Wir müssen mehr Rohmaterial besorgen. Kohlenstaub, Petroleumgelee, Essig, Äpfel, Tonerde, Glyzerin und, natürlich das Wichtigste, die Oliven«, fuhr Leona fort. Die anderen Frauen wurden aufmerksam, als sie sich Serafina zuwandte. »Wegen des Verlustes eures Hains …«
Serafina versteifte sich. »Was ist damit?«
»Ich habe es von meinem Sohn erfahren. Er war an jenem Abend ebenfalls am Kartentisch anwesend«, erklärte Leona. »Er hat behauptet, einer dieser Herren Satyr hätte ihn von deinem Jungen gewonnen.«
»Die Oliven dürfen der Familie nicht verloren gehen«, äußerte Cecile besorgt. »Was, wenn wir entdeckt werden?«
»Still! Beruhige dich, Cecile! Ich kümmere mich bereits darum«, fuhr Serafina die Freundin verärgert an. »Ich habe vor, Herrn Satyr meine Tochter als Ehefrau anzubieten, um das Land wieder zurückzubekommen.«
»Alexa?«, fragte Leona.
»Habe ich sonst noch eine Tochter?«
»Ist sie denn einverstanden?«, erkundigte Carmen sich.
»Sie hat es selbst vorgeschlagen«, antwortete Serafina.
»Bevor sie heiraten, werden wir sie natürlich in unsere Gruppe einführen«, überlegte Magda und blätterte in ihrem Buch. »Lass es mich wissen, wenn der Termin feststeht, dann werde ich unseren Terminkalender darauf abstimmen und die Zeremonie mitberücksichtigen.«
Serafina nickte. »Da ist nur noch die Kleinigkeit, dass mir der Ehemann fehlt, der das Ritual mit ihr vollziehen soll.«
»Du solltest dich wirklich wieder verheiraten,
cara!
Ist dein Bett denn nicht sehr kalt?«, bohrte Anna nach.
»Es ist so warm, wie ich es möchte«, entgegnete Serafina forsch. Sie hatte nur einmal wirklich geliebt, und das Objekt ihrer Zuneigung war nicht ihr Ehemann gewesen, sondern der wankelmütige Angelo.
»Nun denn, welche von uns wird dann ihren Ehemann zur Verfügung stellen, um bei der Zeremonie einzuspringen?«, fragte Carmen und blickte in die Runde.
»Das wird nicht nötig sein«, räumte Serafina ein. »Alexa hat einen Bruder. Er wird tun, was ich ihm sage.«
»Ich dachte, er sei impotent«, meinte Cecile unverblümt.
Serafina bemerkte, dass einige der anderen angesichts ihrer Direktheit zusammenzuckten, aber nichtsdestoweniger begierig auf ihre Antwort warteten. »Anna behandelt ihn«, entgegnete sie. »Wir erwarten in nächster Zukunft gute Ergebnisse.« Sie hasste die mitleidigen Blicke der anderen. Wenn doch nur Angelo ihren Sohn gezeugt hätte! Dann wäre er sicher nicht impotent!
Sie warf einen Blick zum Sofa in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit der anderen von den Unbilden in ihrer Familie abzulenken. »Oh, seht nur, Carmens Schützling ist eingeschlafen!«
Sie stand auf, ging zu dem Mädchen hinüber und neigte dessen Kopf etwas, so dass sie die Creme bequem vom Gesicht entfernen konnte. »Gut, die Creme hat ihre Arbeit getan. Seht nur, wie hübsch sie ist! Ein würdiges Geschenk für unsere Göttin.«
Dann drehte sie sich zu den anderen um, und sie alle bedeckten ihr Haar mit dem zeremoniellen Schleier. »Entzündet die Flammen, meine Damen! Wir beginnen.«
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14
A ls Eva erwachte, hörte sie plätscherndes Wasser und Stimmen. Pinot füllte gerade den Kohlenkasten, und Wasser lief in die Badewanne aus Porzellan, die im Waschraum neben ihrem Schlafzimmer stand. Es war Morgen.
»Was für ’ne Frau bleibt die halbe Nacht mit ’nem Kerl weg?«, murmelte Odette vor sich hin, während sie am Nachttisch mit Mörser und Stößel zugange war, um Evas morgendliches Pulver vorzubereiten.
»Humpf!«, brummte Pinot und ging mit seinem leeren Eimer zur Tür. »Jede. Ihr Kerl sieht gut aus, alte Frau! Besser als die meisten. Mit ’nem großen Ding in
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