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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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zu entlocken.« Das beredte Schweigen der Brüder bestätigte ihre Vermutung. Hastig suchte sie ihre Schuhe und zog sie an. »Dann lasst mich euch nun, da ich nicht länger von Nutzen bin, eine gute Nacht wünschen.«
    Doch Bastian blockierte mit einer lässigen Bewegung seines Körpers die Tür. »Du bist wichtiger für all das, als du denkst«, erklärte er. »Wir glauben, dass die Geheimnisse, die in seinem Gedächtnis verborgen liegen, uns zu Luc führen könnten. Für Dane geht es hier vielleicht um seine geistige Gesundheit und für Luc um Leben und Tod. Das macht es so dringend für uns, Antworten zu bekommen, mit allen nötigen Mitteln.«
    »Schweig, Bruder!«, unterbrach Dane ihn, und schob sich an ihm vorbei. Das Letzte, was er wollte, war, dass Eva ihn für geisteskrank hielt. »Komm mit mir, Eva! Ich bringe dich nach Hause.«
    Sie ließ sich von ihm die Treppe hinunter und hinaus in die kühle Nacht geleiten. »Es kommt mir vor, als sei ein ganzes Jahr vergangen, seit ich diesen Ort hier betreten habe«, sagte sie und sah melancholisch zu den Sternen hinauf.
    »Nichts davon spielt eine Rolle«, entgegnete er. »Du wirst dich morgen an nichts mehr erinnern. Ich habe dich nicht dazu eingeladen.«
    »Oh.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Heißt das, du wirst dich ebenfalls an nichts mehr erinnern?«
    Er schüttelte den Kopf. »Die Satyrn sind die Einzigen, die keine formelle Einladung benötigen. Ich werde mich erinnern.«
    »Das ist nicht gerade fair.« Doch zugleich war sie froh, denn das bedeutete, dass
sie
sich ebenso erinnern würde. Es gab so vieles an dieser Nacht, das sie niemals je vergessen wollte. In der Zukunft würde sie in einsamen Zeiten daran denken, als würde sie liebgewonnene Sepiafotos ihrer nur allzu kurzen wollüstigen Vergangenheit betrachten.
    Doch Dane zuckte nur mit den Schultern. »Sevins Salon, Sevins Regeln.« Er stieß einen Pfiff aus, und sogleich erklang Hufgetrappel.
    »Männer!«, grollte sie. »Es ärgert mich, dass ihr mit so wenig Anstrengung Dinge erreichen könnt. Würde ich pfeifen, dann würde keine Kutsche auftauchen, das versichere ich dir!«
    Ein charmantes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Dann solltest du mich, wie es scheint, in deiner Nähe behalten, und sei es nur der Bequemlichkeit wegen.«
    Sie seufzte. »Dane …«
    »Du warst nicht nur ein Werkzeug. Und auch nicht nur eine schöne Gelegenheit, um eine Nacht zu verbringen«, machte er deutlich und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. »Ich gebe zu, dass ich Angst hatte, dir die Wahrheit zu sagen. Ich fürchtete, du würdest mich für ein Monster halten. Damit wärest du nicht die Erste.«
    »Du bist kein Monster«, entgegnete sie leidenschaftlich. Sie wusste selbst nur zu gut, wie weh es tun konnte, so abgestempelt zu werden. Ja, sie war wütend darüber, dass er Geheimnisse vor ihr gehabt hatte, doch – hatte sie denn nicht auch Geheimnisse vor ihm? Wenn sie mutig genug wäre, ihm ihre Geheimnisse zu enthüllen, was würde er dann tun? Alles dem Rat erzählen? Oder würde er sie stattdessen beschützen und damit seine Zukunft und die seiner Familie aufs Spiel setzen? Sie würde weder das eine noch das andere riskieren, und sie würde ihn nicht darum bitten, eine derart schmerzliche Wahl zu treffen.
    Die Kutsche kam heran, und Eva drehte sich zu Dane um. »Morgen Nacht wird eine weitere Gala stattfinden«, bot sie ihm sachlich an. »Im
Circo Massimo,
nahe dem Forum. Wirst du kommen?«
    Er gab einen frustrierten Laut von sich und starrte in die Ferne, auf den gespenstischen Schein der Lichter auf dem Forum. »Mein Interesse daran, eine menschliche Ehefrau zu finden, schwindet«, offenbarte er, doch dann sah er sie wieder an und nickte. »Aber ich werde dort sein.« Als sie auf die Kutsche zuging, trat er näher. »Eins noch, Eva, bevor du gehst …«
    Und dann legte er sanft seine Hände über ihre Augen, und es klang, als würde er einen Zauber sprechen. »Ich lade dich ein.« Dann waren seine Hände wieder verschwunden. »Dich zu erinnern.«
    Als er ihr dieses Geschenk machte, schmolz ihr Herz dahin, auch wenn er nicht wissen konnte, dass seine Einladung nicht nötig gewesen wäre.
    »Danke«, flüsterte sie.
    Und dann drückte sie ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen und stieg in die Kutsche. Sie lehnte sich zurück, damit er die Gefühle in ihrem Gesicht nicht erkennen konnte. Er hatte in seinem Leben so viel Verlust erfahren, so viel Schmerz und Ungewissheit. Und doch hatte er

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