Der Ruf des Satyrs
der Hose.«
Eva lächelte in ihr Kissen.
Odette streckte ihre Hand aus, um nach ihm zu schlagen, doch er war schneller als sie und flitzte zur Tür hinaus. »Was weißt ’n du darüber?«, stichelte sie.
»Ich hab die Augen genau in der richtigen Höhe, um so was zu beurteilen. Ich weiß, was er da drin hat. Unsere Eva ist ’n Glückspilz, dass sie seine Aufmerksamkeit hat, so viel is’ sicher!« Pinot zog die Augenbrauen kurz hoch und marschierte dann lauthals lachend die Treppe hinunter.
»Er hat recht«, sagte Eva und ließ Odette damit wissen, dass sie wach war.
»Sinnlichkeit liegt in der Natur des Satyrs. So wie es deine Natur ist, das zu missbilligen.«
Eva setzte sich im Bett auf und schüttete den Trank, den Odette zubereitet hatte, hinunter, während sie versuchte, Odettes finsteren Blick zu ignorieren. Vorsichtig bewegte sie ihren Unterkiefer hin und her. Er schmerzte etwas, eine leise Erinnerung daran, dass die vergangene Nacht mit Dane kein Traum gewesen war. Sie stand auf, ein leichtes, geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen, und dachte an die schönsten Momente mit ihm. Davon gab es viele.
Odette presste die Lippen aufeinander und scheuchte sie ins Bad. »Was gibt’s da zu grinsen? Hast keinen Ehemann. Dafür biste jetzt ’ne Hure, he? Genau wie deine Mutter.«
Eva stieg in das dampfende Wasser und seufzte wohlig auf, während sie sich gehorsam in die Wanne setzte. »Hmm, das fühlt sich gut an!«, sagte sie und ignorierte geflissentlich Odettes schlechte Laune.
»Wer mit Hunden ins Bett geht, steht mit Flöhen wieder auf«, schimpfte Odette. »Aber jetz’ waschen wir die ganzen Flöhe runter, und du vergisst den Kerl von letzter Nacht. Denk dran, dass du dir ’nen Antrag von Signor Patrizzi holst!«
Solch ein Antrag war das Letzte, woran sie jetzt denken wollte, doch Eva nickte und beugte sich vor. Odette begann, ihr den Rücken einzuseifen, so wie jeden Morgen, seit Eva klein gewesen war. »Ich habe es ernst gemeint, was ich dir kürzlich gesagt habe, Odette. Ich kann nicht länger … so weitermachen wie letzten Vollmond.«
»Da haste aber keine Wahl,
bebe.
Da ist deine
Maman
dran schuld. Hat sich mit ’nem Satyr eingelassen und dich in den Bauch gekriegt. Aber keine Sorge, dieser Patrizzi kümmert sich schon um dich in solchen Nächten, wennste erst ihm gehörst. Jetzt heb die Arme hoch!«
Gehorsam hob Eva beide Arme, und das Waschtuch sauste unter den Achseln hindurch, über ihre Brüste und ihren Bauch hinab. »Ich bin jetzt erwachsen und muss meine eigenen Entscheidungen treffen. Ich werde Dane auch weiterhin sehen«, verkündete Eva mutig. Es war ein gutes Gefühl, es laut auszusprechen. »Nur ein paar Treffen mit ihm jeden Monat, ist das denn zu viel verlangt?« Sie fuhr hastig fort, bevor Odette protestieren konnte. »Wenn ich ihn nicht haben kann, muss ich mich noch so weit erniedrigen, den
wall di fori
aufzusuchen und darauf zu hoffen, dass ein anderer meiner Art zufällig vorbeikommt. Wäre dir das lieber?«
Odette schlug mit der flachen Hand auf den Rand der Badewanne. »Hör mit dem dreckigen Gerede auf! Wo haste denn davon gehört?«
Eva verdrehte die Augen. »Ich bin zweiundzwanzig – und nicht taub!« Sie würde Odette ganz sicher nicht erzählen, dass Dane selbst ihr davon erzählt hatte.
»Willste all deine Versprechen an Fantine wegschmeißen? Vergessen, wieso wir hier sin’?«, fragte Odette anklagend.
Eva seufzte. »Ich habe es nicht vergessen. Wenn Patrizzi mich fragt, werde ich ihn heiraten. Und wenn er mich nicht fragt, dann heirate ich einen anderen Menschen, damit wir alle hier sicher sind. Aber meine Vollmondnächte werde ich mit Dane verbringen, wenn er mich haben will. Und vielleicht noch ein paar Nächte mehr«, setzte sie mit Nachdruck hinterher.
»Dummkopf! Genau wie Fantine!«, rief Odette aus und schrubbte Eva fast die Haut vom Rücken, während sie eine ihrer Tiraden von sich gab.
»Ein menschlicher Ehemann wird nicht begreifen, was ich zu Vollmond brauche, verstehst du das denn nicht?«, fiel Eva ihr ins Wort.
Störrisch presste Odette die Lippen aufeinander. »Dann bezauberste ihn, dass er denkt, er hat dich. Das is’ nich’ schwer. Es gibt noch andere Kerle, die sich in so ’ner Nacht um dich kümmern können. Diese Kerle mit der Schimmerhaut, die kannste doch beschwören, einfach so«, sie tippte Eva mit dem Finger gegen die Schläfe. »Also, gut jetzt! Auf!«
Es war nicht möglich, Odette die Feinheiten dessen, was sie in
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