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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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besucht hast«, stellte sie mit leiser Stimme fest. Mit Grauen dachte sie an all die spurlos verschwundenen Menschen, nicht nur aus ihrer Umgebung, sondern überall auf der Welt, besonders aber an die erst vor kurzem verschwundene Tochter von Susie Standing Bear.
    »Sie haben keine Schmerzen.« Das war alles, was Morris dazu zu sagen hatte.
    Myras Gedanken überschlugen sich.
    »Warum hast du nicht einfach uns als Gastkörper ausgewählt?«, wollte sie plötzlich wissen. »Du willst uns sowieso töten … Was wäre einfacher gewesen?«
    »Gar nicht so dumm«, entgegnete Morris. »Natürlich ist mir dieser Gedanke auch gekommen. Aber irgendetwas hat nicht funktioniert. Bei euch sind wir auf eine Art Sperre gestoßen, und so konnten wir keinen von euch erfolgreich als Gastkörper verwenden«, meinte er verärgert. »Ich denke, es hat irgendetwas mit deinen Reisen in die Geisterwelt zu tun«, setzte er grimmig hinzu und sah Myra missmutig an.
    Der Talisman, ging es Myra durch den Kopf, er hat nicht nur Runa und Erdis beschützt, sondern auch uns!
    Morris war mit seiner Geduld am Ende.
    »Genug davon. Jetzt bist du dran. Du hast vierundzwanzig Stunden Zeit, um den Talisman zu beschaffen. Keine Sekunde länger. Hältst du dich nicht daran, werde ich deine Freunde töten.«
    Myra sah ihn mit finsterer Miene an.
    »Ich kann nicht beeinflussen, wo ich auf meinen Reisen in die Geisterwelt lande, was mir gezeigt wird oder wann ich zurückkehre. Ich habe keine Ahnung, wo der Talisman sich befindet! Lass die anderen gehen und gib mir mehr Zeit!«
    Morris lachte höhnisch auf.
    »Das würde dir so passen! Lass dir etwas einfallen, die Zeit läuft …«
    »Also gut«, entgegnete Myra kühl und versuchte, ihre Wut zu unterdrücken. Sie warf Chad einen kurzen Blick zu, versuchte, ihm wortlos zu verstehen zu geben, dass es keinen anderen Ausweg gab. Sie musste es versuchen.
    Myra schloss die Augen und bemühte sich, alle Gedanken aus ihrem Kopf zu verdrängen. Gleich darauf setzte das seltsame Ziehen in ihrem Körper ein, und schon im nächsten Augenblick war Myra aus dem Lager verschwunden!

K APITEL 31

Täuschung
    I hr habt eure Tochter, jetzt bring mir den Talisman!«, donnerte Morris und zog eine Pistole unter dem Jackett hervor.
    Sein harscher Ton hallte in Myras Ohren wider. Ihre Sicht klärte sich, und das seltsame Ziehen ließ nach. Der Wechsel war vollzogen.
    »Schon gut, schon gut!«, rief Chad. »Keine Gewalt! Wir wollen den Talisman nicht! Wir wollen nur Emma.« Die Gedanken in Chads Kopf wirbelten durcheinander. Morris wollte, dass er den Talisman zu ihm brachte. Morris selbst würde stehen bleiben und nicht in die Grube stürzen. Ihr Plan würde nicht aufgehen! Wieso hatte er diese Möglichkeit nicht bedacht?
    Langsam, um Zeit zu gewinnen, ging Chad auf Morris zu, den Talisman in der ausgestreckten Hand. Die Grube lag genau zwischen ihnen. Noch zwei Schritte, und Chad würde in ihre eigene Falle laufen oder aber er würde, indem er auswich, Morris zu erkennen geben, dass etwas nicht stimmte. Er warf Myra einen Blick zu. Sie hielt Emma umschlungen, das Gesicht kreidebleich. Sie sah ihn entsetzt an. Sie wusste, warum er zögerte.
    »Mach schon!«, rief Morris ungeduldig.
    Chad tat einen weiteren Schritt auf ihn zu.
    Myra suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Aber was sollte sie tun?
    Es muss einen Ausweg geben, flüsterte sie wieder und wieder. Es muss!
    Plötzlich stolperte Chad. Myra konnte an seinem entsetzten Gesichtsausdruck ablesen, dass es keine Absicht gewesen war. Der gefälschte Talisman flog in hohem Bogen durch die Luft und schien eine kleine Ewigkeit lang über ihnen zu schweben.
    Habe ich das durch meine Gedanken geschehen lassen?, ging es Myra durch den Kopf.
    Chad prallte unsanft auf dem Boden auf.
    Morris sah den Talisman durch die Luft fliegen. Er sprang hoch, um das wertvolle Stück zu retten. Dann rollte er sich gekonnt am Boden ab.
    Chad witterte seine Chance. Rasch zog er seinen Revolver aus dem Hosenbund. Aber Morris war schneller. Er richtete seine Pistole auf Chad. In der anderen Hand hielt er den Talisman.
    »Lass den Revolver fallen!«, schrie er.
    Chad zögerte.
    »Los!«, schrie Morris wieder, die Hand fest um den falschen Talisman geschlossen.
    Chad wusste, sie hatten verloren. Morris hatte den Talisman, er würde sie nicht gehen lassen. Es gab nur einen Ausweg.
    Chad sah Myra entschlossen an.
    »Nein!«, schrie sie, als sie seine Absicht erkannte, und ließ Emma los.
    Chad sprang auf

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