Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
und Haut führten Schläuche. Scott legte seine Hand auf das Glas des Tanks, aber Carlton Dern gab mit keinem Wink zu verstehen, dass er ihn erkannte.
»Carlton?!«, schrie Scott und hämmerte gegen das Glas. Der Schlag löste in der Flüssigkeit Wellen innerhalb des Tanks aus und ließ die Gestalt des Kommandosoldaten darin hin und her tanzen.
Bei seinem Ausbruch drehten sich die anderen Mitglieder des Teams um. Alle waren fassungslos, als sie die Gestalt des Truppführers erkannten. Mansu verstand zwar die Unterhaltung nicht, aber dass sein Volk hier missbraucht und regelrecht vergewaltigt wurde, war ihm absolut klar. Seine kleinen Hände spannten sich um den Lauf seiner Waffe und er konnte sich nur mühsam beherrschen. Immer wieder warf er dem Ruul hasserfüllte Blicke zu, die dieser aber gar nicht bemerkte. Stattdessen begutachtete er die Menschen um sich herum mit professionellem Blick, wie es vielleicht ein Metzger mit Schlachtvieh tun würde. Oder ein Wissenschaftler mit einer Laborratte.
»Ihr werdet wirklich gute Sklaven abgeben. Viel bessere als die Asalti.«
»Damit würde ich nicht rechnen. Matt, hast du die Ladungen dabei?«
Matt nahm den Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und präsentierte die C-25-Sprengladungen darin mit einem gehässigen Grinsen.
»Sehr gut. Verteilt sie. Den Laden lassen wir hochgehen.« Er wandte sich wieder Esterr zu. »Dein Arbeitsplatz wird jetzt wegen Renovierung geschlossen.«
Der Ruul lachte vor Schadenfreude. »Du verstehst mich falsch, Mensch. Ich arbeite nicht in dieser Einrichtung. Ich leite sie.«
Scotts Augen weiteten sich überrascht. Das war das Letzte, womit er gerechnet hatte. Vor ihm stand einer der Architekten des Wahnsinns, der dieses System heimgesucht hatte. Das war einfach zu viel. Ohne nachzudenken, hob er die Waffe und zog den Abzug mehrmals bis zum Anschlag durch.
Die Waffe hustete fünfmal auf und genauso viele Projektile schlugen in Esterrs Körper ein. Der Ruul wurde durch den Aufprall rückwärts und gegen einen der Tanks geschleudert. Als er zu Boden sank, hinterließ er blutige Striemen am Glas. Scott kannte sich mit ruulanischer Mimik nicht allzu gut aus, aber er hatte den Eindruck, dass der Ruul über alle Maßen erstaunt über diese unerwartete Entwicklung war.
»Endlich Schluss mit dem Geprahle«, war das Einzige, das Justin dazu sagte. Sein Lächeln, das den Satz begleitete, wirkte ein wenig wehmütig. Scott vermutete stark, dass er den Ruul gern selbst erschossen hätte.
»Und wie kommen wir jetzt raus?«, fragte Laura in die Runde. »Er war der Einzige, der uns einen Weg aus der Falle hätte zeigen können.«
»Der hätte uns sowieso nicht geholfen«, meinte Scott. »Aber das ist auch gar nicht nötig. Erst legen wir die Ladungen. Dann suchen wir uns einen Weg aufs Dach.«
Der Schimmer einer Erkenntnis trat in Lauras Augen, als sie verstand, worauf er hinauswollte. »Die Mantas?«
»Ganz genau. Unsere Fahrkarte hier raus.« Er griff in Matts Rucksack und zog drei Sprengladungen heraus. »Schnappt euch jeder ein paar und dann an die Arbeit. Wenn der Slug die Wahrheit gesagt hat, bleibt uns nicht viel Zeit.«
Militärischem Erfindungsgeist sei Dank war das Anbringen der C-25-Ladungen das geringste Problem. Einfach auf eine glatte Oberfläche drücken, den Zünder per Knopfdruck aktivieren und fertig. Einmal angebracht würde jeder Versuch, sie wieder zu entfernen, zur sofortigen Detonation führen.
Sie brachten sechs Ladungen auf der untersten Ebene an, in der Hoffnung, dass damit die Grundfesten des Gebäudes erschüttert wurden und es in sich zusammenbrechen würde. Scott selbst brachte die letzte Ladung an dem Tank an, in dem die ausdruckslose Gestalt von Carlton Dern schwamm.
Während der Prozedur achtete er sorgsam darauf, nicht in dessen Gesicht zu sehen. Als er fertig war, konnte er nicht anders und suchte Carltons leblosen Blick. Er hatte sich nicht gut mit dem Mann verstanden, aber dieses Ende hatte er ihm zu keinem Zeitpunkt gewünscht. Einem emotionalen Impuls folgend, presste er seine Hand gegen das Glas. Es fühlte sich kalt und klamm an.
»Tut mir leid«, flüsterte er bedrückt. »Ich wünschte, wir hätten die Zeit, dich hier rauszuholen. Ich wünschte …«
»Scott?«
Laura stand hinter ihm und legte ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter. »Wir haben keine Zeit mehr. Wir müssen jetzt gehen.«
»Wie viele Ladungen haben wir noch?«
»Fünf.«
»Dann bringen wir auf den anderen Ebenen jeweils eine an.
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