Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
denn? Unser Volk ist dabei, aus der Galaxis getilgt zu werden. Unsere Städte liegen in Trümmern. Unser Volk wird dazu verdammt, einem anderen Volk als Sklaven zu dienen. Wenn wir schon ausgelöscht werden, dann aber nicht kampflos.«
Darauf wusste Cameron keine Antwort. Konnte überhaupt jemand eine Antwort darauf wissen, der diese Situation noch nicht erlebt hatte? Scott hatte keine Ahnung. Aber eins wusste er. Er war gezwungen, seine Meinung über dieses Volk von Grund auf zu revidieren. Die Asalti waren zwar glühende Verfechter des Pazifismus. Einen Ruf, den sie zu Recht verdienten. Aber wenn ihr Volk und ihre Welt in Gefahr waren, wenn man sie in die Ecke drängte, dann waren sie bereit zur Waffe zu greifen, um das zu verteidigen, was sie liebten. Man durfte die Asalti auf keinen Fall unterschätzen.
»Ihr werdet trotzdem verlieren …«, meinte Scott. Laura öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
»… es sei denn, wir helfen euch.«
Lauras Mund klappte mit einem Klacken zu, das in der auf diese Ankündigung folgenden Stille ohrenbetäubend klang.
»Wie meinst du das?«, fragte Mansu vorsichtig.
»Wir helfen euch, das Gefangenenlager zu befreien.«
»Tun wir das?«, fragten Matt und Cameron gleichzeitig. In Lauras Augen trat ein seltsamer Glanz und es brauchte einen Moment bis Scott begriff, dass es sich um Stolz handelte. Es dauerte dann noch einige Sekunden länger, bis er realisierte, dass sie auf ihn stolz war.
»Ja, das tun wir«, beantwortete sie Matts und Camerons Frage.
»Ich will ja eure Euphorie nicht dämpfen«, meinte Esteban vorsichtig. »Aber glaubt ihr nicht, dass wir jetzt ein wenig größenwahnsinnig werden?«
»Das schaffen wir schon. Die Garnison scheint nicht besonders groß zu sein. Mit denen werden wir fertig.«
»Schon klar. Das ist auch gar nicht so sehr meine Sorge.« Esteban hatte für sich entschieden, unbedingt den Advocatus Diaboli zu spielen und die einzelnen Schwierigkeiten aufzuzählen, auf die sie stoßen würden. »Ich stimme dir in dem Punkt zu, dass die Einnahme des Lagers relativ einfach sein wird. Aber damit ist es ja nicht getan. Der Planet ist von den Ruul besetzt. Sie werden recht schnell dahinterkommen, was los ist, und einen Gegenangriff auf die Beine stellen. Falls sie sich nicht gleich entscheiden, einige Schiffe im Orbit über unseren Köpfen zu positionieren und uns durch ein Bombardement zur Hölle zu schicken. Gegen Raumschiffe können wir nichts ausrichten.«
»Richtig.«
»Und?«
»Und das müssen wir vielleicht auch gar nicht«, lächelte Scott geheimnisvoll. Er zeigte auf das Hologramm in der Luft vor ihm. »Ich gehe jede Wette ein, dass das Gefangenenlager und der Raumhafen über ein ähnliches Energiefeld verfügen wie die Umwandlungsanlage. Ein Energiefeld, das Angriffe aus dem Weltraum verhindert. Vielleicht sogar bodennahe Luftangriffe.«
Esteban studierte das Hologramm ausgiebig. Sein Mund bewegte sich unablässig, als er stumm komplizierte Berechnungen über Energieleistung und Kapazitäten eines möglicherweise vorhandenen Schutzschildgenerators durchrechnete.
»Vielleicht«, gab er schließlich zu. »Vorausgesetzt, es gibt so ein Energiefeld wirklich, und das ist keineswegs gesichert.« Er grinste triumphierend. »Aber die ruulanischen Kriegertrupps kannst du damit nicht beeindrucken.«
»An diesem Punkt kommen die Asalti ins Spiel.«
»Was schwebt dir vor?«, fragte Laura.
Statt auf ihre Frage zu antworten, wandte sich Scott an Mansu. »Falls wir helfen, eure Leute zu befreien, glaubst du, sie werden zu den Waffen greifen und sich wehren?«
Die Augen des Asalti glitzerten vor Begeisterung. »Einige werden sich bestimmt weigern. Vor allem die Älteren. Unsere Mentalität der Gewaltlosigkeit hat eine lange und in meinem Volk tiefverwurzelte Tradition. Aber viele der Jüngeren werden mit Sicherheit kämpfen.«
»Das hoffe ich doch. Sonst stecken wir wirklich im Schlamassel. Wir brauchen die Asalti, um den Raumhafen, der an das Gefängnis grenzt, gegen einen ruulanischen Gegenangriff zu halten.«
»Und wie lange?«, fragte Esteban, der von Scott zu Mansu und wieder zurück sah. »Das werden wir nicht ewig durchhalten.«
»Müssen wir auch nicht. Nur lange genug. Bis Hoffer eintrifft. Wenn alles glattgeht, dürfte er in zwei Tagen hier eintreffen. Das heißt, wir haben einen Tag, um das Gefängnis zu erreichen, und noch einen Tag, um es zu erobern und den Raumhafen zu sichern. Dann haut uns Hoffer raus und muss nur noch einige
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