Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
worden.
Die Farbe seines Fells war fast weiß. Demnach musste der Mann steinalt sein. Lesta hatte ihn als Ratsmitglied Saran vorgestellt. Daher war davon auszugehen, dass sie ein überlebendes Regierungsmitglied vor sich hatten. Offenbar waren doch nicht alle Regierungsoffiziellen hingerichtet worden.
»Wie weit ist die Säuberung des Terrains?«, fragte Scott niemand Bestimmten. Zu seiner Verblüffung war es Lesta, der antwortete. Der Junge schien sich in der Rolle eines militärischen Anführers gut zu gefallen. Sehr zu Sarans Verdruss.
»Das Flugfeld ist sicher. Die Umzäunung ebenfalls. Einige meiner Leute sind gerade dabei, die letzten Keller und Unterkünfte nach versprengten oder versteckten Ruul zu durchsuchen. Bisher ohne Widerstand.«
»Wir können also davon ausgehen, dass wir hier vorerst sicher sind.«
»Ja, auch wenn ich nicht weiß, wie lange das anhalten wird.«
Scott sah fragend auf und forderte Lesta wortlos zum Weiterreden auf.
»Wir haben den Tower nicht rechtzeitig erreicht. Einer der Slugs saß an der ComKonsole, als wir das Gebäude stürmten. Es wäre möglich …«
»… dass er eine Nachricht abgesetzt hat, bevor ihr es verhindern konntet«, vollendete Scott den Satz und unterdrückte mit Mühe ein Zähneknirschen. Lesta nickte und bestätigte die schlimmste aller möglichen Schlussfolgerungen.
»Dann bekommen wir bald Besuch«, sagte Laura, als niemand sonst Anstalten machte, es laut auszusprechen.
Scott überlegte fieberhaft. Das wurde ja fast schon wieder ein Fiasko. Im ersten, wütenden Moment wollte er den Asalti die Schuld geben. Sie hatten den Auftrag, die Ruul zu stoppen, bevor sie eine Meldung absetzen konnten. Gerade noch rechtzeitig hielt er sich zurück.
Lesta und seinen tapferen, kleinen Freunden konnte er nicht wirklich die Schuld geben. Sie waren keine Soldaten, hatten keine militärische Ausbildung und ihre Waffen waren alles andere als hoch entwickelte Hardware. Sie hatten ihr Bestes getan. Im Übrigen war es irrelevant, sich darüber Gedanken zu machen, wer die Schuld trug. Vielmehr war nun zu überlegen, wie die Situation zu handhaben war.
»Das wird ja immer besser«, wetterte Esteban.
»Sei still«, sagte Scott geistesabwesend. Er brauchte Ruhe, um nachzudenken. Der Pilot hielt sich tatsächlich an die Anweisung und schwieg.
»Lesta?«
»Ja, Major?«
»Wie viele der Luftabwehrkanonen auf dem Flugfeld sind noch intakt?«
Der Asalti trat neugierig näher, während er über die unerwartete Frage nachdachte.
»Fünf glaube ich. Die übrigen wurden entweder durch uns oder durch die Ruul zerstört, damit sie uns nicht in die Hände fallen.«
Scott warf ihm aus dem Augenwinkel einen scharfen Blick zu und überlegte genau, wie er die nächsten Worte formulieren konnte, ohne auch nur den geringsten Hauch eines Zweifels zu lassen, welche Idee ihm im Kopf herumgeisterte.
»Wenn wir euch einen Schnellkurs in der Bedienung solcher Waffen geben, glaubst du, dass wir Asalti finden, die damit umgehen können? Und noch wichtiger: damit umgehen wollen?«
Lestas Augen begannen zu leuchten. »Da bin ich sicher, Major. Absolut sicher sogar. Und das nicht nur unter den Widerstandskämpfern. Wir haben heute eine ganze Armee meines Volkes befreit. Unter ihnen werden wir sicherlich viele finden, die sich gern unserem Kampf anschließen werden. Ich werde mich gleich umhören.«
»Sehr gut. Je mehr, desto besser. Mir schwebt da so einiges vor.«
Esteban stellte seine Wanderung jetzt vollends ein und zog eine Augenbraue hoch. »Du hast jetzt aber nicht das vor, das ich denke, dass du vorhast, oder?!«
»Was denkst du denn, dass ich vorhabe?«
Der Pilot stöhnte verzweifelt auf. »Du willst dich auf dem Gelände verschanzen und den ruulanischen Gegenangriff aussitzen, sollte er denn wirklich kommen, bis Hoffer endlich seinen Arsch herbewegt.«
Scott lächelte schmal. »Ich hätte es vielleicht etwas anders ausgedrückt, aber im Prinzip hast du recht.«
»Und was denkst du, wie weit wir kommen werden, wenn wir Asalti einem ruulanischen Kriegertrupp in den Weg stellen?« Er warf Lesta einen entschuldigenden Blick zu. »Das gäbe ein Blutbad.«
»Da bin ich anderer Meinung. Die Asalti können kämpfen. Sie ziehen es nur vor, es nicht zu tun. Wir müssen sie davon überzeugen, dass es in ihrem ureigensten Interesse ist, und schon haben wir eine Streitmacht, die die Ruul wird aufhalten können, sobald sie anrücken.«
»Du stellst dir das immer so einfach vor, was?! Du musst
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