Der Ruul-Konflikt 3: In dunkelster Stunde
Krallen, die blutrot lackiert waren, schlug er nach Craig. Zerkratzte sein Gesicht, seine Brust, seinen Rücken.
Schmerzwellen gingen von seinem Rückgrat aus und schossen bis zu seinem Halsansatz hinauf. Er spürte warmes Blut über seinen Rücken laufen. Sehr viel warmes Blut.
Doch Craig war zu allem entschlossen. Und vor allem hatte er nichts mehr zu verlieren. Er drückte sogar noch zu, nachdem sein Gegner sich schon lange nicht mehr rührte.
Müde und erschöpft rollte er sich von dem Krieger herunter. Sein Gesicht und sein Körper waren blutüberströmt und zerschunden. Er war kaum noch in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte noch etwas zu erledigen. Nur was?
Langsam klärte sich seine Sicht. Wenn auch nur für eine Sekunde. Mitten auf der Kreuzung lag etwas. Ja, die Bombe. Natürlich. Craig sah sich um. Hier musste doch etwas liegen, mit dem er den Sprengsatz würde auslösen können. Er klopfte seine zerrissene Uniform ab. In seinen Taschen war es jedenfalls nicht.
Craig entdeckte es in der Nähe des Computers, den er achtlos weggeworfen hatte. Ein Kästchen mit Kippschalter. Der Fernzünder. Er kroch auf dieses Ding zu, von dem er instinktiv wusste, dass es wichtig war.
Fast hätte er es berühren können. Er war nur noch einen Fingerbreit vom Zünder entfernt, als ihn endgültig die Kräfte verließen.
Orros war verwirrt. Nein, dieser Ausdruck beschrieb die Emotion, die er empfand, nicht annähernd. Er verspürte eine Mischung aus Verwirrung, Wut und Unglaube. Er versuchte nun schon seit einer halben Ewigkeit, einen seiner Verbündeten im Rat zu erreichen. Und zwar irgendeinen Verbündeten.
Doch von denen schien keiner auffindbar. Anfangs wollte er lediglich mit dem Ältesten der karis sprechen. Um die Sicherheitslage an Bord zu diskutieren. Dass nestral`avac in die Zerstörer der Völker eingedrungen waren, war schon peinlich. Vor allem für die Erel`kai. Aber er bezweifelte nicht, dass es wieder Stimmen im Rat geben würde, die allein ihm die Schuld daran zusprechen wollten. Und seine Stellung innerhalb des Volkes durfte nicht unterminiert werden. Von niemandem.
Doch der Älteste der karis war nicht in seinem Quartier und auch sonst nirgends. Genauso wenig wie der Patriarch der esarro, der Älteste der osar oder sonst jemanden, der ihn für gewöhnlich unterstützte.
Auf Anfragen erhielt er immer wieder die Antwort, die betreffenden Personen wären in einer Besprechung. Das war natürlich Unsinn. Denn es konnte keine Sitzung abgehalten werden, ohne dass der Kriegsmeister davon wusste oder ohne sein Beisein.
Seine zwei Leibwächter standen gehorsam in der Nähe der Tür. Bereit, jeden Eindringling sofort in Empfang zu nehmen. Sie bedachten ihn mit sowohl sorgenvollen als auch wachsamen Blicken. Aber der Kriegsmeister bekam davon nichts mit. Orros dachte über das Mysterium nach, das sich ihm hier bot. Etwas lief hier schief. Und er musste schnellstens herausfinden, was das war.
Mit weit ausgreifenden Schritten trat er aus seinem Quartier. So schnell, dass sogar seine aufmerksamen Erel`kai-Leibwächter davon vollkommen überrumpelt wurden. Sie beeilten sich, ihm zu folgen.
Es gab nur einen Ort, an dem Orros ergründen konnte, was an Bord seines eigenen Flaggschiffs vor sich ging. In der Ratskammer.
»Orros hat sein Quartier verlassen«, flüsterte Setral Kerrelak ins Ohr.
»Was? Wohin will er?«
»Soweit ich weiß, kommt er direkt hierher.«
»Das ist zu früh. Viel zu früh.« Kerrelak sah zur Tür. Die Ältesten waren fast alle da. Es fehlten nur noch einige wenige Patriarchen. Konnte er es riskieren, seine Pläne zu forcieren? Kerrelak sinnierte, inwieweit einige Patriarchen für ihn eine Bedrohung darstellen konnten. Er entschied, dass das Risiko akzeptabel war. Die größte Bedrohung ging von den Ältesten aus. Die ruulanische Führung auf Stammesebene musste eliminiert werden. Alles darüber hinaus war ein reiner Bonus.
»Beginnt!«
»Bist du sicher?«, fragte Setral zurückhaltend. »Einmal in Gang gesetzt, kann der Plan nicht mehr aufgehalten werden.«
Kerrelak lächelte, als er den Krieger von oben bis unten musterte. »Den Plan aufhalten? Wir werden den Plan nicht aufhalten. Ab sofort heißt es nur noch Sieg oder Tod. Ich für meinen Teil bevorzuge Sieg. Und jetzt tu es.«
»Ich muss zugeben, dass deine Haltung mich beeindruckt«, sagte Setral. »Vermutlich gehen wir heute alle drauf, aber deine Haltung beeindruckt mich wirklich.«
Er nickte respektvoll
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