Der Ruul-Konflikt 3: In dunkelster Stunde
nicht.
»Es war Verschwendung. Sowohl ihrer Leben als auch unserer. Die Raumstation zu sprengen war unnötig. Sie zerstörte die Stadt und unzählige menschliche Leben wurden ausgelöscht. In diesen wenigen Sekunden verloren wir Hunderttausende von potenziellen Sklaven. Einfach vernichtet. Ohne Sinn und Verstand. Wesen, die uns hätten dienen können. Tot nützen sie niemandem etwas.«
»Ich verstehe. Und weiter?«
»Als wäre das noch nicht genug, hat uns der Ältestenrat mit der Niederschlagung des Widerstands betraut. Uns! UNS! Die Erel`kai. So etwas übergibt man grünen Rekruten, die noch lernen müssen. Die sich noch beweisen müssen.«
Er verzog hasserfüllt den Mund. »Wir sind die Erel`kai. Die Beschützer des Volkes«, zitierte er das Mantra der Kriegerelite. »Aber wen beschützen wir, wenn wir dort unten versprengte und verängstigte nestral`avac jagen müssen?!«
Kerrelak überlegte, ob er einwenden sollte, dass die nestral`avac wohl nicht so verängstigt sein konnten, wenn sie es wagten, sich den Erel`kai in den Weg zu stellen, doch er entschied, dass es wohl der falsche Augenblick war, um dies laut auszusprechen.
»Es ist keine Aufgabe für Krieger. Die Leben meiner Männer auf diese Art zu verschwenden ist – falsch.«
»Und was schließt du daraus?«
»Dass die Führung des Ältestenrats überholt und fehlgeleitet ist. Dieser ganze Krieg wurde von Anfang an falsch geführt. Es sind viel mehr unseres Volkes gestorben, als notwendig gewesen wäre.«
Kerrelak lächelte. Setral schüttelte verwirrt den Kopf, als würde er aus einer Art Trance erwachen. Dann sah er Kerrelak ungläubig an. Er konnte nicht glauben, was er gerade gesagt hatte. Es entsprach nicht dem Wesen der Ruul, den Ältestenrat infrage zu stellen. In einer einzigen geschmeidigen Bewegung zog er seinen Dolch und presste ihn an Kerrelaks Kehle. Dabei ließ er das Glas mit dem Saft achtlos fallen. Das Gefäß zersprang in tausend Scherben und der wertvolle Saft ergoss sich über den Boden.
Nestarr stürzte alarmiert nach vorn, aber eine Geste seines Herrn ließ ihn innehalten. Ein einzelner Blutstropfen trat aus der Haut, an der Stelle, an der die Klinge seinen Hals berührte.
»Wenn du jemanden je etwas davon erzählst, was ich gerade gesagt habe, werde ich dich eigenhändig umbringen.«
»Warum sollte ich so etwas tun? Wir sind derselben Meinung.«
Ein wachsamer Ausdruck trat in Setrals Augen, aber er bedeutete Kerrelak fortzufahren.
»Orros ist zu sehr Politiker und zu wenig Krieger. Er hat es vergessen, was es bedeutet, Soldaten in den Kampf zu führen und Kameraden sterben zu sehen. Unser hochgelobter Anführer ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich seine Macht zu erhalten. Viel zu sehr mit seinen politischen Spielchen befasst. Der Ältestenrat ist korrupt. Und Orros ganz besonders.«
»Für diese Äußerung sollte ich dich töten. Die Erel`kai sind für den Schutz des Rates verantwortlich. Dies schließt seine Ehre mit ein.«
»Und welche Ehre hat der Rat, frage ich dich, mein Freund? Du sagst selbst, dass deine Leute dort unten ihr Leben lassen. Und das bei einer ehrlosen Aufgabe. Wie viel Ehre kann ein Gremium haben, das einen ehrlosen Befehl erteilt?«
Setral dachte über Kerrelaks Worte lange nach. Langsam nahm er die Klinge von dessen Hals und streckte sie zögernd weg. Nestarr entspannte sich und Kerrelak bemühte sich, nicht allzu erleichtert zu wirken.
»Was schlägst du also vor?«, fragte der Anführer der Erel`kai vorsichtig.
»Wir brauchen eine neue Führung«, stellte Kerrelak unumwunden fest.
»Das ist Verrat.«
»Verrat oder Notwendigkeit?«
»Verrat«, beharrte der hünenhafte Krieger stur.
»Aber nur, wenn wir mit unserem Vorhaben scheitern. Der Sieger schreibt die Geschichte. Wenn wir erfolgreich sind, wird man uns als Visionäre feiern.«
»Unser Vorhaben? Ich habe nicht ja gesagt und ich werde auch nicht ja sagen. Ich bin ein loyaler Krieger unseres Volkes. Die Führung auszutauschen, und das auch noch in Zeiten des Krieges, ist abscheulich.«
»Dann solltest du dich darauf vorbereiten, noch viele deiner Krieger zu verlieren. Vor allem dort unten.« Er deutete aus dem Fenster.
Setral drehte sich ruckartig um. »Ich kann mich nicht gegen den Rat stellen. Das steht gegen alles, woran ich glaube.«
»Es verlangt auch niemand, dass du das tust. Alles, was ich will, ist, dass deine Krieger im richtigen Augenblick wegsehen. Das ist alles. Keine aktive Hilfe. Nicht für den Rat. Nicht für
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