Der Ruul-Konflikt 4: Verschwörung auf Serena (German Edition)
größten Kundenkreis anzulegen.
»Und wer hat das Zeug gekauft?«
»Der Kerl war mir von Anfang an nicht geheuer. Ich hätte auf meine innere Stimme hören und ihm nichts verkaufen sollen.«
»Seinen Namen!«
»Kenne ich nicht. Hat er nie genannt. Der Kleidung nach kam er von der Raumstation. Aber ich gehe jede Wette ein, dass er kein Soldat ist. Ein kleiner Kerl; dick und mit Pausbacken. War ständig am Futtern. Hat immer eine Schale mit Hähnchenschenkeln mit sich rumgetragen. Richtig widerlich.«
Randolph!
Der Pathologe hatte das Betäubungsmittel selbst gekauft. Plötzlich ergab es auch Sinn, dass er die Analyse zuerst nicht hatte durchführen wollen und ihnen nicht mehr von der Seite gewichen war, als sein Assistent sich angeboten hatte.
Aber was hatte dieser Kerl davon? Warum war ihm daran gelegen, Coltor dermaßen in Misskredit zu bringen? Und wenn Randolph das Mittel besorgt hatte, was verheimlichte er noch?
So ein Mist! Jede Frage, die beantwortet wird, wirft drei weitere Fragen auf.
Jerome lehnte betont gelangweilt mit vor der Brust verschränkten Armen an der Wand vor dem Eingang zum Pink Parrot. Zumindest schien er gelangweilt zu sein. Tatsächlich war er jedoch höchst wachsam. Seine lasche Haltung stellte nur eine notwendige Tarnung dar. In seiner langen – wirklich sehr langen – Karriere als Leibwächter, Türsteher, Rausschmeißer und zuweilen in einigen anderen Jobs, die man nur mit äußerstem Wohlwollen nicht als illegal bezeichnen konnte, hatte er gelernt, dass es immer von Vorteil war, wenn man von potenziellen Gegnern unterschätzt wurde.
Sein Freund und Kollege hingegen war relativ neu im Geschäft. Sean war sozusagen sein Auszubildender und die Ansichten, die er noch über diesen Berufsstand pflegte, waren gelinde gesagt ein wenig peinlich.
So baute sich Sean zum Beispiel breitbeinig und bedrohlich vor dem Eingang zum Nachtclub auf und warf jedem Passanten böse Blicke zu, der zufällig in seine Richtung sah. Innerlich grinsend schüttelte Jerome leicht den Kopf. Der Junge hatte wirklich noch viel zu lernen.
Im Zuge seiner Tätigkeit war es Jerome gelungen, sich eine Art sechsten Sinn für Probleme anzueignen. Eine unverzichtbare Eigenschaft. Eine, die ihn nicht selten vor Blessuren der schmerzhaften und zuweilen tödlichen Art rettete.
So schrillten in seinem Kopf sämtliche Alarmglocken los, als zwei Betrunkene am Pink Parrot vorbeitorkelten. Er konnte nicht genau sagen, was sein Misstrauen erregte, doch aus irgendeinem Grund war er nicht imstande, die beiden aus den Augen zu lassen. Sean hingegen schenkte ihnen nur einen beiläufigen Blick. Darüber musste Jerome später noch ein ernstes Wort mit ihm sprechen.
Die beiden Männer hatten die Arme umeinandergelegt und die jeweils andere Hand umfasste eine Flasche billigen Fusels, den man hier an jeder Ecke kaufen konnte. Sie lallten sich gegenseitig in unverständlichem Kauderwelsch an. Eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick in Little Venus. Trotzdem war die Sache irgendwie … seltsam.
Plötzlich gerieten die Betrunkenen in Streit über etwas, das Jerome nicht verstehen konnte. Der eine stieß den anderen grob an und dieser stürzte schwer vor Seans Füße.
Der Türsteher seufzte ergeben und bückte sich, um dem Mann aufzuhelfen. Seine Hände griffen unter die Achseln des Betrunkenen, in dem Bemühen, ihn wieder auf die Beine zu stellen. Jeromes Blick streifte die Stiefel des Mannes. In diesem kurzen Moment fielen ihm zwei Dinge auf. Erstens: Es waren Militärstiefel. Das war an und für sich immer noch nicht ungewöhnlich. Man konnte in Little Venus keinen Schritt machen, ohne auf betrunkene Soldaten zu treffen. Vielmehr war es seltsam, dass der Betrunkene bis auf die Stiefel Zivilkleidung trug. Soldaten machten sich nicht die Mühe, Zivilkleidung anzulegen, wenn sie nach Little Venus kamen. Nie!
Zweitens: Die Stiefel des Mannes waren blitzsauber. Nicht gerade der Zustand, in dem man die Kleider eines Betrunkenen erwartete.
Das Läuten der Alarmglocken in seinem Kopf steigerte sich zu einem kreischenden Crescendo. Er löste sich von der Wand. Eine Hand glitt unter seine Jacke, die andere streckte er entsetzt aus, um seinen Freund zurückzuhalten.
»Sean! Nicht!«, brüllte er in hilfloser Wut. Doch es war längst zu spät.
Der Betrunkene blickte auf. Seine Augen glitzerten vor Schadenfreude und Entzücken. Die Hand, die die Flasche hielt, zuckte hoch und krachte gegen Seans Schläfe. Dieser taumelte zurück.
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