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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Timothy noch nie gesehen, doch in seinen Augenwinkeln zuckte es. Puissant hielt Steinpilze für unannehmbar, ließ jedoch in Butter gedünstete Morcheln gelten.
    »Haben Sie einen Moment Zeit, mich über die letzte Mahlzeit zu informieren, die Sie für Mister Ford kochten?« erkundigte sich Timothy. »Sie müssen wissen, daß ich an einem Almanach berühmter und außerordentlicher Mahlzeiten arbeite, und ich denke, daß dies eine Zierde meiner Sammlung sein müßte. Schließlich haben Sie Mister Ford über Jahrzehnte gedient, da ist solch ein Good-bye-Essen gewiß –«
    »Ein Essen?« unterbrach Puissant. »Eine ganze Serie! Einen Monat lang habe ich rund um die Uhr gearbeitet. Er wollte all seine Lieblingsspeisen noch einmal kosten. Zum Abschluß habe ich ihm zu Ehren ein neues Entree kreiert, ›Figue à la Ford‹: eine frische Feige, gefüllt mit einer Creme aus Roquefort, Mandelsplittern, Olivenmus und ein wenig Selleriepüree, in Folie gebacken, auf in Knoblauch gedünsteten Hummerscheiben angerichtet und mit Sauce Bâtarde serviert – ach, Mister Truckle, wenn ich je dazu kommen würde, ein Kochbuch zu verfassen –«, er zwinkerte Timothy zu, »die ›Figue à la Ford‹ würde einen Ehrenplatz einnehmen.«
    »Das verstehe ich«, rief Timothy begeistert. »Es klingt phantastisch. Darf ich Sie einladen, mir Ihre Kreation einmal zuzubereiten?«
    »Ich fürchte, das wird nicht gehen«, antwortete Puissant, »mein Arbeitsvertrag läßt das nicht zu. Ich gestatte Ihnen jedoch, es selbst einmal auszuprobieren. Backen Sie die Feige aber um Himmels willen nur bei mäßiger Hitze.«
    »Wie kam es eigentlich, daß Mister Ford bereit war, auf Ihre unersetzlichen Dienste zu verzichten? Ich hoffe doch, daß er nicht Zungenkrebs bekommen hat.«
    »Ein Mann wie Ford bekommt keinen Krebs!« Puissant schüttelte mißbilligend den Kopf. »Ich weiß es nicht, Mister Truckle. Als ich ihn fragte, seufzte er nur traurig und murmelte etwas von Baseball.«
    »Baseball?« fragte Timothy ungläubig zurück. »Können Sie sich an den genauen Wortlaut erinnern?«
    »Nein. Ich verstehe zwar recht viel vom Spiel, wie Ihnen bekannt sein dürfte, jedoch nur wenig von dieser Art monströser Massenspiele. Ich weiß nur noch, daß es mit Baseball zusammenhing.«
    Gwendolyn Magginthy ließ Timothy nicht in Ruhe. Sie überraschte ihn in der Küche.
    »Sie müssen sofort zu mir kommen«, erklärte sie. »Mein Helicopter ist schon unterwegs zum ›Nebraska‹.«
    »Und mein Kuchen?« erwiderte Timothy. Er hielt die Form vor das Auge des Communicators und schob sie dann in den Herd.
    »Backen können Sie auch, Mister Truckle? Sie sind ja eine Perle von Mann.«
    »Ich kann mich ja bei Ihnen als Koch bewerben, wenn ich eines Tages als Detektiv nicht mehr gefragt bin«, erwiderte Timothy. »Jetzt aber kann ich unmöglich weg.«
    »Haben Sie etwa keinen Automatik-Herd?«
    »Automatik bei einem Gugelhupf?« Timothy schüttelte entsetzt den Kopf. Er verließ sich darauf, daß Grandma nichts vom Backen verstand. Natürlich hatte er die Automatik längst programmiert, doch er wollte nicht riskieren, daß Anne den Kuchen vorzeitig entdeckte und ihm so die Überraschung verdorben wurde.
    »Ich habe etwas außerordentlich Wichtiges, das ich Ihnen nur hier zeigen kann!« Gwendolyn Magginthy machte ein Gesicht, als habe sie den Spezialcode des NSA-Hauptquartiers anzubieten.
    »In einer Stunde, okay? Solange wird es ja noch Zeit haben«, sagte Timothy.
    Grandma ließ sich viel Zeit. Sie führte Timothy erst einmal durch ihr Haus. Auf verschlungenen Wegen, wie er belustigt feststellte; sein Orientierungssinn registrierte unwillkürlich alle Haken. Diese Bigbosse sind doch allesamt eitel, dachte er, sie haben selten Publikum, das sie ihrer würdig finden, und viel zuviel Angst, um ihre Paläste zu öffnen, da muß selbst ein Detektiv herhalten. Timothy war nicht böse darüber. Gwendolyn Magginthy hatte etwas zu bieten: einen Spaziergang durch acht Jahrhunderte Innenarchitektur mit ausgesuchten Originalmöbeln, Gobelins, Teppichen, Gardinen, Leuchtern, Uhren und Gemälden. Timothy geizte nicht mit Lob und Begeisterungsausbrüchen, dann aber verschlug es ihm die Sprache.
    Sie betraten einen fast schmucklosen Dom aus grauem Sandstein, dessen gewaltige Schiffe von zartgegliederten Säulen getragen wurden. Orgelmusik klang auf, als sie die Tür öffneten, feurig farbiges Licht fiel durch die hohen Fenster und durch eine riesige, wunderschöne Glasrosette. Timothy

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