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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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seinerzeit den Markt aufgeteilt und einen komplizierten Vertrag voller Sperr-, Konkurrenzausschluß-, Stillhalte- und Wohlverhaltensklauseln geschlossen, einen unkündbaren Vertrag mit unbegrenzter Laufzeit, solange nicht eine der beiden Familien ausstarb. Gwendolyn Magginthy hatte nun den Verdacht, daß Henry Ford VI. nicht mehr lebte.
    »Zumindest nicht als der alte, unverwechselbare Henry Six«, sagte sie, »und dann kann ich endlich diesen verdammten Vertrag für ungültig erklären lassen.«
    »Worauf begründet sich Ihr Verdacht?« fragte Timothy.
    »Sie wissen sicher, daß Henry Six in Fordsville einen ganzen Hofstaat von Ärzten und medizinischen Alchimisten unterhält, Mister Truckle.«
    »Ich habe davon gehört. Es gibt allerdings wenig zuverlässige Informationen über ihn.«
    »Nicht, wenn man genügend Geld einsetzt. Alle Welt ist bestechlich, es kommt nur auf den Preis an. – Die Möglichkeiten des ›Club der Unsterblichen‹ reichten Henry Six nicht, also lud er jeden ein, der ihm einen Weg zu Unsterblichkeit und ewiger Gesundheit verhieß, denn er wußte, er würde der letzte seines Stammes sein. Ich habe keine Ahnung, ob er auch impotent war, auf jeden Fall schon immer zeugungsunfähig. Henry Six hat Unsummen in Versuche gesteckt, den genetischen Code einer Körperzelle zu aktivieren und sie so zu einer Samenzelle zu machen. Es gibt keine Jungbrunnen-Methode, die er nicht ausprobiert hat: Frischzellen- und Enzymtherapien, regelmäßiger Blutaustausch, Nieren- und Leberwäsche – er verbraucht jedes Jahr ein paar Dutzend Parabionten und hat nach und nach sein ganzes Inneres austauschen lassen. Ich weiß zuverlässig, daß er bereits das vierte Herz besitzt. Vor ein paar Wochen jedoch sind alle Scharlatane davongejagt worden, und auch der größte Teil der seriösen Mediziner ist aus Fordsville verschwunden. Warum? Sollte er ausgerechnet als sklerotischer Greis vernünftig geworden sein? Nein, Mister Truckle, ich glaube nicht an die sogenannte Weisheit des Alters. Greise werden nicht klüger, sondern verbohrter. Gestern nun habe ich erfahren, daß sich Professor Slimmerton in Fordsville aufhält; Sie erinnern sich doch an den Vanderbilt-Prozeß?«
    Und ob Timothy sich erinnerte. Dieser Prozeß hatte monatelang die Spitzenposition in den Nachrichten eingenommen. Der Chef des Vanderbilt-Konzerns war bei einem Helicopter-Absturz ums Leben gekommen. Prof. Slimmerton hatte seinem Neffen, der bei demselben Unfall schwer verstümmelt worden war, neue Beine und einen neuen Kopf transplantiert, daraufhin wurde seitens des Neffen Anspruch auf das Vanderbilt-Vermögen erhoben, weil die so gewonnene Person »überwiegend der berechtigte Erbe« sei. Der Prozeß ging durch alle Instanzen, das Oberste Bundesgericht entschied dann in einem Grundsatzurteil, daß die Identität einer Person »durch das Gehirn als der wesentlichen Eigenart eines Menschen« bestimmt würde, und wies den Anspruch ab. Slimmerton verschwand aus der Öffentlichkeit; es gab Gerüchte, daß er in einer Geheimklinik in Maine Chefgangster durch Transplantationen umwandelte, wenn sie sich nicht mehr in ihrer alten Gestalt zeigen konnten.
    »Und noch zwei Leute sind in Fordsville aufgetaucht, Mister Truckle, zwei alte Bekannte von Ihnen: McCannibal und Professor Mephisto – ein Grund mehr, gerade Sie aufzusuchen.« 41
    »Das ist allerdings hochinteressant«, sagte Timothy. »Was will Henry Six mit diesen beiden Ganoven?«
    »Das frage ich Sie«, erwiderte Grandma. »Dafür sind alle Leute aus Fordsville verschwunden, die Henry Six persönlich kannten, selbst Glover, der doch über drei Jahrzehnte Chef von Fords Polizei war und einer der wenigen, denen er vertraute. Seine gesamte Dienerschaft wurde ausgetauscht. Wir haben einige von ihnen aufgetrieben, sie wissen von nichts. Als man sie entließ, war Henry Six noch der alte.«
    »Daß er sein Personal ausgetauscht hat, will nichts besagen«, meinte Timothy. »Vielleicht hat er herausbekommen, daß jemand für Sie arbeitete, doch nicht, wer?«
    »Und warum hat er seinen Leibkoch an die Fultons verkauft?«
    »Jaques Puissant?« Timothy starrte sie ungläubig an.
    »Ja! Können Sie sich vorstellen, daß Henry Six Puissant hergeben würde, den letzten Koch der Staaten, der noch in Europa und Asien gelernt hat?« Sie sah Timothy bedeutungsvoll an. »Nur, wenn er kein Essen mehr braucht.«
    »Das scheint mir auch die einzig denkbare Erklärung«, sagte Timothy.
    »Ich sage Ihnen, Mister Truckle,

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