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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Honoratioren von Stadt und Staat, von namhaften Wissenschaftlern und Künstlern und der nach dem Muster eines römischen Triumphzuges inszenierte Marsch quer durch die Stadt zur Beisetzung in der Familiengruft auf dem Memorial-ParkFriedhof. Dann stellte sich heraus, daß Cassidy noch lebte und unerkannt seine eigene Beisetzung miterlebt hatte; der Leichnam war nur ein Double. Als Cyrus Cassidy ein knappes Jahr später tatsächlich starb, war das Spektakel kaum weniger aufwendig; die Kamerateams versuchten vor allem, Cassidy unter der Trauergesellschaft ausfindig zu machen.
    »Und dann der Langusten-Turm«, spottete Doc. »Du siehst, Tiny, es gibt noch ausgleichende Gerechtigkeit: schon kennt fast niemand mehr seinen Namen.«
    Cassidy hatte sich selbst ein Denkmal gesetzt, einen gigantischen Beton-Phallus mit Aussichtsplattform und Restaurant in dreihundert Metern Höhe, in dessen Keller er beigesetzt wurde, doch niemand nannte ihn Cassidy Tower, er hieß, nach der Spezialität des Restaurants, allgemein nur Langusten-Turm.
    Timothy blickte starr in sein leeres Glas. »Anne hat nicht einmal eine Erinnerungsstelle, an der ich trauern könnte«, sagte er leise, »dabei ist sie mitten auf einem Friedhof gestorben. Aber es ist ja nicht einmal Asche geblieben, die ich hätte beisetzen können, wie es heißt: Asche zu Asche, Staub zu Staub.«
    »Dafür ist sie würdig gestorben«, sagte Doc. »So, wie sie gelebt hat: unerkannt, tätig, inmitten der Bedrängten und Verfolgten. Sie hat keine Sekunde leiden müssen, und niemand hat ihren Leichnam ausschlachten können – ich finde, das ist heutzutage schon sehr viel.«
    10.
    »Ich höre zu meinem Vergnügen, daß Sie äußerst fleißig sind.« Die Bachstelze lehnte sich wippend zurück, Timothy konnte am unteren Rand des Monitors sehen, wie sie die Hände rieb.
    »Sagen Sie, Tiny, benötigen Sie die Informationen über die Privatmaschinen der Brookers tatsächlich?«
    »Ich dachte mir«, setzte Timothy an; die Bachstelze schnitt ihm das Wort ab.
    »Sie müssen mir keine Erklärung geben, schon gar nicht jetzt.« Sie zwinkerte Timothy zu. »Sie sollen alles bekommen, was Sie brauchen. Hauptsache, Sie kommen schnell ans Ziel. Lassen Sie sich ja nicht ablenken.«
    Das war leichter gesagt als befolgt. Timothy hatte sich gerade in die neuen Recherchen vertieft, da stand Devlin vor der Tür. Timothy machte schnell ein wenig Ordnung und drückte Napoleons Pausentaste, bevor er öffnete. Man soll sich nur im äußersten Notfall vor Geheimdienstleuten verleugnen. Devlin steckte den Kopf in alle Türen, dann ließ er sich im Wohnzimmer nieder.
    »Sie wissen sicher, wo sich Anne Frobisher aufhält«, sagte er.
    »Bei mir nicht, wie Sie gesehen haben.« Timothy riß sich zusammen. »Ich habe sie seit Wochen nicht mehr gesehen, Mister Devlin, und ich fürchte –« Timothy seufzte. »Ich habe mir da völlig falsche Hoffnungen gemacht.« Timothy tat enttäuscht. Und wütend.
    Devlin nickte, ganz offensichtlich verkniff er sich ein Grinsen. Timothy hätte ihn ohrfeigen können.
    »Wissen Sie eigentlich, was sie so treibt? Kennen Sie ihre Freunde?«
    »Nur ihren Neffen, Oliver DuMont. Nein, ich weiß nichts von ihr. Im Grunde genommen gar nichts. Wir haben uns auch nur für ein paar Stunden gesehen, und dann –« Timothy setzte ein zynisches Lächeln auf. »Liegt etwas gegen sie vor?«
    »Sie scheint spurlos verschwunden zu sein. Wir dachten, Sie könnten uns helfen.« Devlin blickte Timothy lauernd an.
    »Nein. Aber es wird mir ein Vergnügen sein, Sie sofort zu informieren, wenn sie wieder auftaucht.« Timothy stand auf, Devlin machte keine Anstalten zu gehen.
    »Ich habe die Abteilung Recherche übernommen«, sagte er. »Aufrichtigen Glückwunsch«, erwiderte Timothy. »Ich hatte mich, ehrlich gesagt, schon gewundert, daß ein Mann von Ihren Fähigkeiten sich mit so niedrigen Arbeiten wie der Befragung von Neueingängen abgeben muß.«
    Devlin lachte laut los. »Sie unterschätzen sich, Mister Truckle. Für einen Mann Ihrer Kategorie setzen wir nur Experten ein. Und Sie unterschätzen diese Arbeit!«
    »Na, ja –« Timothy blickte Devlin skeptisch an. »Im Grunde genommen ist es auch nichts anderes als, als –«
    »Nennen Sie es ruhig Folter.« Devlin legte die Fingerspitzen aneinander und sah Timothy lächelnd an. »Ich vermute, Sie haben die typischen Vorurteile der Eierköpfe gegen unsere Methoden, aber ich versichere Ihnen, das ist eine äußerst diffizile Arbeit. Neunzig Prozent

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