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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Autoren: Gert Prokop
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als Gamekeeper den Spielern ein, Mister Josefson?«
    »Die Vorgabequote der Wettleitung beträgt eins zu hundert gegen das Wild; ich selbst halte jedoch Timothy Truckle, ungeachtet seines Handicaps, für das beste Wild, das wir je hatten; ich räume ihm eine Chance von fünfzig zu fünfzig ein.«
    2.
    Timothy brauchte eine Weile, bis er sich von dem Schock erholte. Er schnaufte wütend. Es wäre entschieden klüger gewesen, sich nicht zu verstecken. Gewiß, die Brookers hätten ein Mordkommando auf ihn ansetzen können – sogar mehrere! Denen hätte er leichter entkommen können als dieser Jagd. Wahrlich, eine teuflische Idee, geradezu genial in ihrer Perfidität. – Wer war da auf den Gedanken gekommen, daß ja der 21. Dezember vor der Tür stand und daß niemand intensiver gesucht wurde als das Wild in diesem »Spiel«? GAME-GAME war die perfekteste Menschenjagd, die die Welt je gesehen hatte.
    Das ganze Land würde Jagd auf Timothy Truckle machen, schließlich ging es um zehn Millionen Dollar! Es gab kein Ereignis, das mehr Menschen in seinen Bann zog, die Videogesellschaften verzeichneten sagenhafte Einschaltquoten, das Wild wurde über Nacht so populär wie kein Mensch sonst, ein Überlebender würde jede Präsidentschaftswahl gewinnen, nur, noch hatte niemand überlebt. Doch, vor vier oder fünf Jahren: ein Offizier der Rangers, ein Ausbilder der Spezialschule von Fort Bragg, ein durchtrainierter Profikiller; er hatte über ein Dutzend Jäger abgeschossen, die beiden letzten erst wenige Sekunden vor Ablauf der Jagd, am Eingang zum Capitol, dann aber war er, nur Wochen später, bei einem Überfall auf sein gerade erworbenes Landhaus ermordet worden.
    Von jetzt an, dachte Timothy, kennt jedes Kind in den Staaten dein Gesicht; morgen früh trägt jedermann Bilder von dir mit sich herum, weiß deine Identicatnummer auswendig, hofft, sich an dem Kopfgeld beteiligen zu können. Timothy lachte bitter! Fünfzig zu fünfzig, eins zu hundert? Er hatte nicht einmal eine Chance von eins zu einer Million, die nächsten zehn Tage zu überleben. Geschweige denn die zehn Millionen zu kassieren, die das Wild bekam, wenn es tatsächlich das Capitol in Washington erreichte, sobald die Glocken das neue Jahr einläuteten.
    Normalerweise bewarb man sich Jahre im voraus und erfuhr im Januar, daß man in der Auswahl stand, konnte sich fast ein Jahr lang auf die mörderische Jagd vorbereiten, konnte ein paar Tage vor der Auslosung ein sicheres Versteck beziehen, von dem aus man den sorgsam geplanten und vorbereiteten Weg durch die Staaten antrat; das Wild mußte in mindestens fünf Bundesstaaten auftauchen und täglich ein möglichst spektakuläres Lebenszeichen geben. Die Jagdkommandos wurden von Kamerateams begleitet. Alle Videogesellschaften berichteten während der »Ten Hunting Days« ausführlich über GAME-GAME, buchstäblich das ganze Land nahm an der Hatz teil, jeder hoffte, das Wild zu sichten und seine Spur an die Jäger verkaufen oder gar das Wild einfangen und meistbietend versteigern zu können. Oder seine Leiche.
    Timothy machte sich keine Illusionen: Wo immer er auftauchte, es würde sein Ende sein. Ein Zwerg war, weiß der Himmel, nicht zu übersehen. Er blickte auf die Uhr. Noch neun Stunden bis Mitternacht.
    Er ließ den Stuhl in Liegestellung fahren, verschränkte die Hände unter dem Kopf und brachte sich mit Psychotraining zur Ruhe.
    Ein Dementi war sinnlos.
    Auf schnellstem Weg in den UNDERGROUND!
    Sofort den Großen Bruder informieren, daß man ihn hier abholen sollte; noch wußte niemand, wo er steckte.
    Auch der Große Bruder nicht!
    Es wäre Wahnsinn, jetzt in die Wohnung zu fahren, aber Napoleon konnte eine verschlüsselte Nachricht absetzen: »Hank und Phil wissen, wo Ihr mich findet.« Sollten sie ruhig seinen Communicator überwachen, das konnte niemand entschlüsseln.
    Timothy angelte sich das Sprechfunkgerät, rief, rief noch einmal, ein drittes Mal – Napoleon meldete sich nicht. Timothy prüfte das Gerät; es war intakt. Er überlegte fieberhaft, blickte zum Communicator. Wurden Hausgespräche auch registriert? Er mußte es riskieren. Er mußte wissen, was los war. Es dauerte eine Weile, bis die Etagenwache sich meldete.
    »Hier ist Wilson«, sagte Timothy mit verstellter Stimme. »Was ist denn da los auf dem Flur? Ich traue mich gar nicht ’raus.«
    »Keine Sorge, Sir!« antwortete der Safeman. »Irgendwelche Explosionen in der Wohnung von Mister Truckle; Sie haben sicher gehört, daß er
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